Presseschau Video

Gerechtigkeit nicht erwünscht

Die Bundesregierung spielt im Ringen um mehr Gerechtigkeit in der Textilindustrie keine rühmliche Rolle
Aktivisten vor einer Lidl-Filiale in Wien
Aktivisten vor einer Lidl-Filiale in Wien Bild von Clean Clothes Campaign

Dass die globale Textilienproduktion unter sozialen wie ökologischen Gesichtspunkten moralisch kaum vertretbar ist, belegen mittlerweile zahlreiche Berichte und Studien.

Auch bei der Europäischen Union (EU) scheint das Bewusstsein für das Problem zu wachsen. So arbeitet die EU-Kommission aktuell an einer neuen Handelsrichtlinie, die Unternehmen dazu verpflichten soll, ihre Produktions- und Handelsketten offenzulegen. Es soll in Zukunft überprüft werden können, ob die Unternehmen, die von ihnen eingegangenen, aber oft nicht befolgten Verhaltenskodizes befolgen. Weiterlesen … »

Im Jobwunderland

Verfrühtes jubeln?
Im Jobwunderland

Kanzlerin Merkel ist sich mit ihren Ministern einig: In Deutschland findet gerade ein Jobwunder statt, die Lage ist rosig. Doch was versteckt sich hinter den Erfolgsmeldungen vom Arbeitsmarkt? Panorama stellt drei Menschen vor, die den Zahlen ein Gesicht geben. Eine Wissenschaftlerin, die sich von Befristung zu Befristung hangelt, ein scheinselbstständiger Bauarbeiter und ein Feinmechaniker in der Leiharbeit. Sie arbeiten unter unterschiedlichen Bedingungen, aber doch alle prekär. Eine langfristige Lebensplanung ist so nicht möglich. Ja, mehr noch: Krankheiten werden aus Angst vor Kündigung nicht behandelt, die Familie leidet mit. Dass die Bezahlung meist eher gering ist, versteht sich fast von selbst. Über acht Millionen untypische Beschäftigungen gibt es hierzulande, davon fast eine Million Leiharbeiter. Und die Tendenz steigt, denn rund 75 Prozent aller neuen Stellen werden in diesen Bereichen geschaffen.

Tote Zeugen

Die Europäische Union scheitert am Aufbau eines Rechtsstaats im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo Bild von blandm

Kaum jemand würde den Kosovo als funktionierenden Rechtstaat bezeichnen. Die organisierte Kriminalität ist nach der Ausrufung der Unabhängigkeit 2008 nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Dazu zählt der Schmuggel von Drogen und Zigaretten in die EU. Die regierende Demokratische Partei (PDK) des Premierministers Hashim Thaçi wird immer wieder in Verbindung mit kriminellen Geschäften gebracht. Daneben werden Politiker der Partei, die die politische Nachfolgeorganisation der Rebellenarmee UÇK ist, Kriegsverbrechen vorgeworfen. Doch der ehemalige Premier Ramush Haradinaj musste bei einem Kriegsverbrecherprozess in Den Haag freigesprochen werden, weil von zehn Zeugen nur noch einer lebte. Ein geheimes Papier des Bundesnachrichtendienst sah ihn zudem in Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt.

Daher weist eine Reportage von Frontal21 auf die wichtige Rolle des Zeugenschutzprogrammes der Europäischen Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX hin. Doch das Programm schützt und betreut seine Klienten nur mangelhaft. Ein Zeuge wurde in einem Park in Duisburg erhängt aufgefunden, nachdem er sich über das Programm beschwerte. Der ZDF-Bericht beklagt somit den mangelnden Willen der Schutzmächte, im Kosovo mit der Vergangenheit aufzuräumen und für rechtsstaatliche Verhältnisse zu sorgen.

Leben im Elend

Roma kommen aus Südosteuropa nach Deutschland – und landen in der Prostitution
Siedlung in Bulgarien
Siedlung in Bulgarien Bild von Michi

Roma haben in Südosteuropa einen schweren Stand – viele verloren nach Ende des Kommunismus ihre Arbeit und leben am gesellschaftlichen Rand. Daher kommen viele in der Hoffnung auf Arbeit in den Westen. Aber auch in Deutschland dürfen sie nur als Selbstständige arbeiten. Edeltraud Remmel und Esat Mogul zeigen in einer Dokumentation, wie viele Frauen daher in die Prostitution rutschen und auch in Deutschland – hier in Dortmund – in völligem Elend leben. Weder in Bulgarien noch in Deutschland bestehen ausreichende Ansätze, diese Minderheit zu integrieren und Perspektiven aufzuzeigen. Insofern sehen die Autoren darin ein europäisches Problem. In Bulgarien geraten die Roma in ihrer Siedlung gar unter Druck durch Anschläge von Rechtsradikalen.

Bei Anruf Mord

Zwei Dokus über die Kriminalisten des Mordes
Bei Anruf Mord
Bild von peterstephenblass

Ein buntes Bild zeichnet das deutsche Fernsehen gerne über die Arbeit von Ermittlern und Mordkommissionen. Die reale Arbeit am Tatort ist dagegen meist eher dröge, sie besteht aus dem peniblen Sammeln und Auswerten von Spuren. Ein Dokumentarfilm von Ernst August Zurborn hat den Ermittlern für Mord und Totschlag in Hamburg  in sehr zurückhaltender Form über die Schultern geschaut. NDR 45 min zeigt dagegen den Berufsalltag der Fallanalytiker. Die Profiler werden in der Regel erst bei sehr schwierigen Fällen hinzugezogen, bei denen die Kriminalisten nicht vorankommen. Hier gilt die Regel: Jeder Täter trifft ständig Entscheidungen, die viele Details über ihn verraten. Daraus lässt sich häufig ein Profil rekonstruieren. Beide Filme ergänzen ein Bild über die zumeist eher banalen Motive des Tötens – Agatha Christie wäre wohl wenig beeindruckt.

Die Spitze des Eisbergs

Die Affäre Wulff als kleiner Anteil einer korrupten Republik
Carsten Maschneyer möchte gern im Rampenlicht stehen, hier neben Veronica Ferres
Carsten Maschneyer möchte gern im Rampenlicht stehen, hier neben Veronica Ferres Bild von Hubert Burda Media

Mit einem gewissen Erstaunen nimmt die Republik zur Kenntnis, wie sich ihr Präsident eine ganze Reihe von kleinen Gefälligkeiten reichen ließ: Die Gemüter streiten sich, ob dahinter Ungeschicklichkeit oder System steckt. Doch der Eindruck einer korrupten Elite entsteht insbesondere durch die verdeckte Wahlkampffinanzierung des Versicherungsunternehmers Carsten Maschmeyer1, welche er nicht nur Christian Wulff, sondern bereits Gerhard Schröders zukommen ließ. Denn Machmeyer gilt als das Zentrum der Hannover-Connection, einem Netzwerk, in dem sich Politiker diverser Coleur, Finanzdienstleister, das Management eines Autoherstellers und gar Unterweltgrößen die Hand reichen. Die »politische Korruption« der Schröder-Regierung arbeitete Christoph Lüttgert bereits im Januar in seinem polemisch-investigativem Stil heraus: Die Grenze zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen ist in dieser Reportage nicht zu erkennen. Die Akteure der Drehtürpolitik geben sich ganz ungeniert, indem sich beispielsweise das vormalige Kabinettsmitglied Walter Riester für Voträge bezahlen läßt oder der Regierungsberater Bert Rürup direkt ins Geschäft einsteigt.

Schöne Bescherung

Fundraising im Zwielicht
Schöne Bescherung
Bild von Neubie

In der Weihnachtszeit sind sie wieder allerorten unterwegs: Die Spendensammler. Fundraising ist mittlerweile ein hochprofessionelles Geschäft, in dem vor allem Werbeagenturen und andere Dienstleister kräftig verdienen. Der Umsatz beträgt fünf Milliarden Euro jährlich, 50.000 Vereine sammeln selbst oder lassen sammeln. Doch nicht alle arbeiten seriös. Das ist besonders bitter für all jene, die sich ehrlich und ohne Eigeninteresse karitativ engagieren.

Dank der Gutgläubigkeit der Bürger und mithilfe psychologischer Tricks ergattern die schwarzen Schafe der Branche Millionenbeträge. Carsten Rau und Hauke Wendler haben die Praktiken recherchiert - und selbst einen Verein gegründet, um zu sammeln. Dabei stellten sie fest, wie einfach das ist: Man benötigt nur einen Eintrag ins Vereinsregister, ein paar Werbeutensilien inklusive Spendenbox und ein seriöses Auftreten. Denn weder sind Genehmigungen noch ein transparenter Nachweis über die Verwendung der Gelder erforderlich. So kommt es, dass einzelne Sammler 85% und mehr als Verwaltungsaufwand abziehen, nur wenig kommt bei den Bedürftigen an. Selbst gut arbeitende Vereine können manchmal der Versuchung nicht widerstehen, auf fragwürdige Praktiken bei ihrer Finanzierung zurückzugreifen. Spendenwillige sollten sich deshalb vorab genau informieren.