Presseschau Stadtentwicklung

Trauermarsch in der Elbphilharmonie

Ein Negativbeispiel öffentlichen Bauens
Trauermarsch in der Elbphilharmonie
Bild von Marcus Horstbrink

Die Kräne stehen still, die Arbeiten an der Elbphilharmonie ruhen seit Herbst 2011 weitgehend. Ein solches Szenario hatte Ole von Beust wohl nicht vor Augen, als er von einer »Strahlkraft, weit über Hamburg hinaus« sprach. Beust setzte in seiner Zeit als Bürgermeister von Hamburg das Projekt eines Konzertsaals in dem neu entstehenden Hafenviertel durch. Nach der Grundsteinlegung 2007 entwickelte sich Streit zwischen der Stadt, dem Baukonzern Hochtief sowie den Architekten, die Kosten explodierten weit über das übliche Maß bei öffentlichen Bauprojekten. Durch zahlreiche Interviews spürt Verena Herb im Deutschlandfunk den Ursachen dieser Planungskatastrophe nach. Weiterlesen … »

Turmhohes Elend

Hamburgs gesichtsloser Bauboom
Hamburger Hafenviertel: "Egoisten im Selbstgespräch"
Hamburger Hafenviertel: "Egoisten im Selbstgespräch" Bild von Würzblog

Hanno Rauterberg ist nicht glücklich mit der Architektur seiner Stadt Hamburg, die in den vergangenen Jahren einen Bauboom erlebte. Denn er erkennt kein stadtplanerisches Konzept, sondern eine Aneinanderreihung von Stückwerk:

Wenn man die Stadt als Körper begreifen will, dann ist Hamburg kaum mehr als eine Anhäufung zerstückelter Gliedmaßen. Nichts will sich mehr fügen, nichts mag mehr recht zusammengehören. Fremd stehen sich die Bauten gegenüber, lauter Egoisten, die nur das Selbstgespräch kennen.

Die Stadtplaner gingen zu viele Kompromisse gegenüber Investoren ein, die kein Interesse an der Stadt selbst haben. Dadurch entstehen gesichtslose Bauten, die keine Beziehung zu dem Ort haben. Zugleich wird die Stadt immer teurer. Einen Ausweg erkennt der Autor in dem Engagement der Bürger, wie sie beispielweise bei der Initiative um das Gänge-Viertel erkennbar wurde. Nicht die moderne Architektur an sich sei das Problem, sondern der Unwille, sie in das Stadtbild einzufügen.

Berliner Luftschloss

Zur Entscheidung des Bundestags
Der letzte Hausherr: Kaiser Wilhelm II.
Der letzte Hausherr: Kaiser Wilhelm II.

Schon 2002 wurde der Wiederaufbau des Berliner Schlosses beschlossen, doch außer dem Abriss des Palastes der Republik ist seither nicht viel passiert. Nur die veranschlagten Kosten steigen immer weiter. Nun hat der Bundestag einer Erhöhung seines Finanzierungsanteils zugestimmt: 478 Millionen Euro trägt der Bund, 32 Millionen das Land Berlin – der Rest soll durch Spenden aufgebracht werden, die bisher allerdings nur recht spärlich geflossen sind.  Möglicherweise werden nicht nur die Baukosten weiter steigern; kommen nicht genug Spenden auf, droht auch von dieser Seite eine Finanzierungslücke, die dann der Staat zu schließen hätte. Trotz dieser Schwierigkeiten stimmte eine ganz große Koalition von Union bis Grünen für den Beschluss, nur die Linke votierte dagegen. Weiterlesen … »

Meine Stadt, Deine Stadt

Das Phänomen urbaner Aufwertung im internationalen Vergleich
Alte Brachen und neue Bauten im Londoner Hackney Wick
Alte Brachen und neue Bauten im Londoner Hackney Wick Bild von Emily Webber

Ein Trend eint viele europäische Metropolen: Künstler nutzen brachliegende oder verarmte Stadtviertel als günstigen Wohn- und Arbeitsraum. Durch den kreativen Charme werden diese Quartiere für Investoren erst interessant. Deren Spekulation mit und Investitionen in den Stadtraum führen zu sprunghaften Mietsteigerungen. Am Ende können sich weder die Künstler noch die ansässige Bevölkerung die Mieten noch leisten. Die Künstler ziehen in ein anderes Viertel und das Spiel beginnt von vorn. Claudia Dejá hat auf Arte in einer knappen Stunde einen Vergleich zwischen London, Paris, Hamburg und Berlin gezogen. Dieses als Gentrifizierung bezeichnete Phänomen wird zur Zeit heiß diskutiert. Der Beitrag ist anschaulich, läßt jedoch analytische Tiefe vermissen. Weiterlesen … »

Verfahrensfragen

Wie kann Bürgerbeteiligung in der repräsentativen Demokratie aussehen?

Der Konflikt um Stuttgart 21 ist auch einer zwischen Staat und Gesellschaft: Bauplanungen der Exekutive und der Wunsch nach Mitsprache der Bürger prallen aufeinander und zeigen Mängel der  repräsentativen Demokratie auf. Dieser Konflikt kristallisiert sich in Planfestellungsverfahren, die den Bürgern meist nur einen scheinbaren Einfluß bieten, wie ein Beitrag von Deutschlandfunk Hintergrund am Beispiel der Hamburger Stadtbahn zeigt. Politikwissenschaftler und Juristen verweisen darauf, daß das Machtverhältnis zwischen Bürgern und Behörden neu austariert werden muß. Sollen neue Planfestellungsverfahren angestrebt werden, oder direkte Demokratie bei Großprojekten obligatorisch werden? Und wer hat die Deutungsmacht über das Gemeinwohl?

Kampf um die Stadt

Hamburg als Vorposten der Kritik an der Stadtpolitik

In Hamburg hat eine seltene Allianz von Bürgern, Künstlern und Autonomen ein Zeichen des Unmuts gegen eine Stadtpolitik in Deutschland gesetzt, die ihr Heil in der kommerziellen Aufwertung vormals sozial schwacher Bezirke sucht. Nicht nur im Schanzenviertel explodieren die Mietpreise, Investoren haben in vielen deutschen Städte Innenstadtbezirke wie St.Pauli oder Kreuzberg als Anlageobjekte entdeckt. Ein Feature des NDR von Ute Jurkovics und Gudrun Kirfel leuchtet die soziale Situation und die Spannungen in der Schanze aus der Perspektive ihrer Bewohner aus und zeigt, was eine Reportage ausmacht. Der Erfolg der Kritiker der Stadtumstrukturierung liegt nicht zuletzt an der Fähigkeit der Szene, ihren Standpunkt öffentlich darzustellen, wie in der sehenswerten Dokumentation Empire St.Pauli.

Obdachlose an den Stadtrand

Prager Sozialstadtrat will Lager für Menschen ohne Bleibe
 <br/>Foto von philip.bitnar
Foto von philip.bitnar

Der Prager Stadtrat für soziale Angelegenheiten Jiri Janecek möchte am Stadtrand ein Sammellager für obdachlose Menschen errichten. Janecek verspricht eine „Oase“ mit Suppen, Ärzten und Sozialarbeitern. Einige der Obdachlosen halten dies für eine gute Idee und träumen schon von warmen Decken. Die Prager Heilsarmee sieht das eigentliche Problem damit jedoch nicht gelöst und erwidert sogar, dass auch viele Menschen freiwillig in Konzentrationslager gegangen seien, in der Hoffnung auf ein neues Leben. Auch die taz schreibt, dass so das Elend der Obdachlosen aus dem Stadtzentrum vertrieben werden solle. Der Sozialstadtrat sagt, es werde ein freiwilliges Lager. Er gibt aber zugleich zu, dass Obdachlose häufiger kontrolliert werden sollen, sodass „sie selbst merken, dass sie im Lager am meisten Ruhe haben.“

Inhalt abgleichen