Presseschau Oligarchen

Frieden aus Schwäche?

Zum Zustand der ukrainischen Streitkräfte

In den letzten Tagen zeichnet sich ab, dass es in der Ukraine trotz einzelner anhaltender Gefechte zu einem dauerhaften Waffenstillstand und einer dringend erforderlichen politischen Lösung kommen kann. Diese positive Entwicklung basiert aber mutmaßlich auch auf einer strukturellen Schwäche der bewaffneten Kräfte Poroschenkos. Ein militärischer Sieg der Kiewer Regierung rückte zunehmend in weite Ferne.

Die Ursachen dafür sind vielfältig, wie eine aktuelle Studie zeigt. Dazu zählen die chronische Unterfinanzierung der ukrainischen Armee, die für einen solchen Konflikt schlicht nicht vorbereitet war. Hinzu kommt ein komplexes Gegeneinander der einzelnen bewaffneten Organe wie Armee, Inlandsgeheimdienst und Grenzschutz sowie ein Überlaufen einzelner Einheiten auf die Seite der Separatisten. Die grassierende Korruption im staatlichen Apparat verschärft die Probleme weiter. Besonders brisant sind die von einzelnen Oligarchen finanzierten Milizen. Diese entziehen sich nicht nur der Regierungskontrolle, sie verfolgen wohl auch die jeweilige Agenda ihrer Geldgeber. Damit könnten sie selbst im Fall einer dauerhaften Waffenruhe eine ernsthafte Gefahr für die innere Sicherheit und letztlich für die Demokratie werden.

 

Eine lange Geschichte

Schulden als Hebel der Umverteilung
Oligarchie oder Demokratie?
Oligarchie oder Demokratie? Bild von CmdrCord

Der Ökonom Michael Hudson beschreibt die Geschichte der Staatsschulden seit ihren Anfängen bei den Sumerern über die Antike und Frühe Neuzeit bis heute. Immer wieder stösst er dabei auf Konflikte zwischen Gläubigern und der breiten Masse der Bevölkerung. Der Staat nimmt dabei je nach Machtverteilung eine bestimmte Rolle ein. Mal dient er einer kleinen Oligarchie als Mittel zur Eintreibung ihrer Gelder, mal verfügt er einen allgemeinen Schuldenerlass zugunsten der Vielen. Heute wäre es seine Aufgabe, entweder letzteres durchzuführen oder zumindest über eine angemessene Besteuerung einen Teil der Vermögen wieder der Allgemeinheit zuzuführen.

Es gehört seit der Antike zu den geschichtlichen Konstanten, dass die Interessen von Gläubigern in Widerspruch zu denen der Demokratie wie auch des Königtums gerieten, die in der Lage gewesen wären, der finanziellen Eroberung der Gesellschaft und einer nahezu autonomen Dynamik Grenzen zu setzen, welche den ökonomischen Überschuss in zinstragende Schuldtitel verwandelte.

»Neosowjetismus«

Die Paradoxien der Ära Putin
Symbol der postsowjetischen Zeit: Eine der Jachten des Roman Abramowitsch <br/>Foto von foxypar4
Symbol der postsowjetischen Zeit: Eine der Jachten des Roman Abramowitsch Foto von foxypar4

Wladislaw Inosemzew versucht in der Le Monde diplomatique eine Beschreibung der Ära Putin. So sieht er in der autoritären quasi-Einparteienherrschaft und der Abhängigkeit vom Rohstoffexport eine Parallele zur Sowjetunion: »Gleichzeitig ist das heutige Russland radikal anders als die Sowjetunion. So erschreckend das Regime in vielerlei Hinsicht ist, so herrscht es doch über ein paradoxerweise freies Land.« Der Energiereichtum hat es ermöglicht, ein Stillhalten der Bevölkerung zu erkaufen; somit ist Rußland ein klassischer Rentierstaat.

Zudem ließ man nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Millionen kritischer Bürger auswandern. Ohne diese kritische Opposition prägen die bizinesmen, Geschäftsleute und die Silowiki, Sicherheitseliten, das Wertegefüge des Landes; eine Elite, die durch Materialismus und Korruption geprägt sei: Weiterlesen … »

Simón Bolívars Erben

Die politisch-soziale Grundstruktur Lateinamerikas

Auch 200 Jahre nach dem Beginn der Unabhängigkeitsbewegungen dominieren in Lateinamerika die traditionellen Eliten: Landbesitzer und städtisches Großbürgertum. Daran konnten die »Fassadendemokratien« wenig ändern. Das gilt ebenso für die charismatisch-populistischen Staatschefs vom Schlage eines Perón oder Zelaya.

Was aber muss passieren, damit sich Lateinamerika von seinen vordemokratischen Traditionen befreien kann? Es braucht neue Parteien. Allerdings nicht solche, mit denen grosse Familien oder einsame FührerInnen Fussvolk um sich sammeln, sondern Parteien, die aus sozialen Bewegungen heraus entstehen.

Als Beispiele dafür nennt Toni Keppeler die Gruppen um Evo Morales oder - vielleicht etwas fragwürdig - Luiz Inácio »Lula« da Silva. Jedenfalls scheint klar zu sein, dass die Situation keineswegs bis in alle Ewigkeit so bleiben muss, wie sie aktuell ist.

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