Presseschau Macht

Wandel oder Stagnation?

Die Lage in Sri Lanka

Nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg gelang es Mahinda Rajapakse als Präsident im Jahr 2009, den Konflikt mit der tamilischen Minderheit siegreich zu beenden. Diesem Erfolg stehen aber auch gravierende Fehlentwicklungen und Probleme gegenüber, weshalb er im Januar die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen gegen seinen Herausforderer Sirisena verlor. So kam es besonders in der Endphase des Bürgerkriegs zu schweren Menschenrechtsverletzungen, die bis heute nicht aufgeklärt sind. Generell gelang keine politische Lösung der Autonomiefrage in Bezug auf die Minderheit. Hinzu kam, dass Rajapakse zunehmend autoritär regierte und dem Nepotismus Vorschub leistete.

Christian Wagner hält in seiner Analyse der Situation fest, dass auch der neue Präsident mit ernsten Problemen zu kämpfen haben wird. Zwar bedeute sein Sieg zugleich eine Stärkung der Demokratie in Sri Lanka. Aber die Heterogenität seiner Unterstützer mache einen nachhaltigen Wandel schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Einig war man sich bislang nur im Widerstand gegen den alten Präsidenten. Die singhalesischen Nationalisten vertreten vielfach ganz andere Interessen als die Parteien der tamilischen und moslemischen Minderheiten. Das gilt etwa in Bezug auf die regionale Autonomie, aber auch hinsichtlich der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen. Es bleibt daher vorerst offen, wie sich das Land weiter entwickeln wird.

Wer ist und was will Syriza?

Zur Wahl in Griechenland

Griechenland ist im Zuge der Euro-Krise gewissermaßen von der Peripherie ins Zentrum Europas gewandert - wenn man die öffentliche Aufmerksamkeit in den anderen Ländern als Maßstab nimmt. Das wirtschaftlich noch immer marode Land steht nun vor einer der wichtigsten Wahlen seiner Geschichte. Den Umfragen zufolge wird die linke Syriza wahrscheinlich stärkste Partei, gefolgt von der aktuell regierenden konservativen ND.

Syriza ist eine junge Partei, die aus einem breiten Bündnis verschiedener Organisationen hervorging. Mittlweile hat sie sich zu einer relativ straff geführten Partei gewandelt, mit einer erheblichen Fixierung auf ihren Vorsitzenden Alexis Tsipras. Von manchen Beobachtern wird das positiv gewertet, denn es schaffe für den Wähler inhaltliche Klarheit. Andere Stimmen kritisieren die Entwicklung dagegen, denn die sozialen Bewegungen, aus denen Syriza kommt, verlieren dadurch zunehmend an Einfluss.

Grundsätzlich sind sich die Kommentatoren darüber einig, dass die Partei inzwischen deutlich gemäßigtere Positionen als noch vor einigen Jahren vertritt. Sie fordert einen Umbau des Steuersystems, insbesondere einen energischen Kampf gegen die grassierende Steuerhinterziehung, und allgemein weniger Korruption und Klientelismus. Von einem radikalen, einseitig verkündeten Schuldenschnitt ist dagegen beispielsweise nicht mehr die Rede. Vielmehr soll die Schuldenlast durch Verhandlungen mit der Troika verringert werden. Und das Banksystem will man in Anlehnung an das System der deutschen Sparkassen verändern.

Ein Wahlsieg der Syriza - sogar die absolute Parlamentsmehrheit ist denkbar - könnte auch über Griechenland hinaus Folgen haben, wie die Zeit feststellt. Denn in Spanien gibt es mit Podemos eine ganz ähnliche neue Partei. Diese liegt in aktuellen Umfragen mit rund 29 Prozent der Stimmen ebenfalls vorn. Sie stellt sich gegen den harten Sparkurs der Konservativen in Madrid, der ähnlich wie in Griechenland vor allem die unteren und mittleren Schichten trifft. Syriza und Podemos arbeiten schon jetzt eng zusammen - möglicherweise werden in absehbarer Zeit also gleich zwei Euro-Länder von Parteien regiert, die programmatisch links von den traditionellen Sozialdemokraten stehen.

Pegida und Charlie Hebdo

Ein Interview zur aktuellen Lage

Frieder Otto Wolf äußert sich zur Pegida-Bewegung und dem jüngste Anschlag in Paris. Dabei betont er wichtige Unterschiede zwischen Islam, Islamismus und islamistischem Terror. Man dürfe hier nicht vorschnell Gleichsetzungen vornehmen. Grundsätzlich appelliert er an die Vernunft aller Beteiligten, um nicht in einen unfruchtbaren Kulturkampf Ost gegen West hinenzugeraten:

Es gibt einfach keine Alternative zu einem weiteren Ringen um gemeinsame Lösungen für die gesamte Menschheit, so schwer dies auch fällt, wie wir seit dem „Erdgipfel“ von Rio 1992 haben sehen müssen. Alle Versuche, die Probleme nicht zu lösen, sondern nur auf andere abzuwälzen, werden scheitern.

Eine merkwürdige Verbindung

Zum Erfolg der britischen UKIP

Owen Jones beschreibt die Situation der britischen UK Independence Party, die seit geraumer Zeit das etablierte Parteiengefüge in Großbritannien durcheinanderwirbelt. Gründe für ihren Erfolg sieht er in der schwierigen sozialen und ökonomischen Lage des Landes. Während die Konservativen auf die Wahlergebnisse von UKIP mit einem deutlichen Rechtsruck reagierten, habe es die sozialdemokratische Labour Party versäumt, eine überzeugende Alternative zu formulieren.

Der Autor verweist auf die eigentümliche Tatsache, dass viele Wähler der UKIP zwar aus der Arbeiterschaft kommen, die Partei in ihrer Programmatik dagegen eine dezidiert unternehmerfreundliche Linie verfolgt, beispielsweise in der Sozial- und Steuerpolitik. Wichtigstes Merkmal ihrer Argumentation ist die Kombination aus Ausländerfeindlichkeit und Kritik an der Europäischen Union. Jones geht zwar nicht von einer baldigen Regierungsübernahme der UKIP aus, denn das britische Mehrheitswahlrecht bevorzugt die beiden etablierten Großparteien. Aber allein ihre Existenz könnte diese traditionellen Kräfte zu einem Kurswechsel nach rechts zwingen - erste Anzeichen dafür sieht Jones in entsprechenden Kampagnen der Konservativen.

Lobbyismus durch die Hintertür

Think Tanks als Politikflüsterer

Die Zahl der Lobbyisten in den wichtigsten Entscheidungszentren der Welt, etwa in Washington, Brüssel oder Berlin, geht in die Zehntausende. Diese große Konkurrenz um Einfluss und die wachsende Skepsis der Öffentlichkeit gegen solche Praktiken führt seit einigen Jahren zu einer neuen Vorgehensweise.

So berichtet die New York Times in einem ausführlichen Artikel, wie andere Staaten ihre Anliegen gegenüber der US-Regierung verstärkt indirekt vorbringen. Zahlreiche Länder finanzieren demnach Think Tanks in den USA mit Millionensummen. Formal, um Forschung zu bestimmten Themen zu fördern. Praktisch lässt sich aber häufig beobachten, dass die »Forschungsergebnisse« weitestgehend mit den Anliegen der Finanziers übereinstimmen. Beispielsweise, wenn ein Think Tank, bezahlt von den Golfstaaten, der US-Regierung eine langfristige Stationierung von US-Soldaten in der Region empfiehlt. Oder wenn eine andere Institution, die mehrere Millionen Dollar von Norwegen erhalten hat, die Förderung von Ölbohrungen in der Arktis gutheißt. Zwar bestreiten die Einrichtungen eine direkte Einflussnahme der Geldgeber auf die Forschung, aber das erscheint angesichts der Fakten als sehr unglaubwürdig:

The tens of millions in donations from foreign interests come with certain expectations, researchers at the organizations said in interviews. Sometimes the foreign donors move aggressively to stifle views contrary to their own.

Schottische Unabhängigkeit - wozu?

Ein Diskussionsbeitrag

Im September steht das Referendum über die schottische Unabhängigkeit an. Der Befürworter Neal Ascherson zählt eine Reihe von Gründen auf, die dafür sprechen. So glaubt er beispielsweise, soziale Errungenschaften in einem schottischen Staat besser schützen zu können. Außerdem argumentiert Ascherson, die Befürworter seien vielfach eher von Labour enttäuschte Wähler als wirkliche Unterstützer der nationalistischen SNP. Und schließlich wäre mit der Unabhängigkeit ein Verbleib in der EU sicherer - ein gerade in Zeiten der europäischen Krise vielleicht überraschendes Argument. Insgesamt ein sicher kontroverser, aber doch lohnender Text über ein in Deutschland wenig wahrgenommenes Phänomen.

Riss durch Spanien

Katalonien will seine Unabhängigkeit erzwingen
Riss durch Spanien
Bild von tetegil

Seit dem Ende der Franco-Diktatur wird immer wieder um weitgehende Autonomierechte für einige spanische Regionen verhandelt. Besonders brisant ist das im Fall Kataloniens, denn das Gebiet ist von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung für Spanien. Dabei kann die Regionalregierung auf eine breite Unterstützung der Katalanen bauen, die kürzlich eine spektakuläre Menschenkette mit weit über einer Million Beteiligten bildeten. Im zweiten Halbjahr 2014 soll nun nach dem Willen der Regionalregierung eine Abstimmung über die Unabhängigkeit stattfinden. Die Zentralregierung unter Regierungschef Rajoy dagegen spricht sich massiv dagegen aus und ist offenbar bereit, dieses Votum mit allen Mitteln zu verhindern.

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