Presseschau Hannover-Connection

Die Spitze des Eisbergs

Die Affäre Wulff als kleiner Anteil einer korrupten Republik
Carsten Maschneyer möchte gern im Rampenlicht stehen, hier neben Veronica Ferres
Carsten Maschneyer möchte gern im Rampenlicht stehen, hier neben Veronica Ferres Bild von Hubert Burda Media

Mit einem gewissen Erstaunen nimmt die Republik zur Kenntnis, wie sich ihr Präsident eine ganze Reihe von kleinen Gefälligkeiten reichen ließ: Die Gemüter streiten sich, ob dahinter Ungeschicklichkeit oder System steckt. Doch der Eindruck einer korrupten Elite entsteht insbesondere durch die verdeckte Wahlkampffinanzierung des Versicherungsunternehmers Carsten Maschmeyer1, welche er nicht nur Christian Wulff, sondern bereits Gerhard Schröders zukommen ließ. Denn Machmeyer gilt als das Zentrum der Hannover-Connection, einem Netzwerk, in dem sich Politiker diverser Coleur, Finanzdienstleister, das Management eines Autoherstellers und gar Unterweltgrößen die Hand reichen. Die »politische Korruption« der Schröder-Regierung arbeitete Christoph Lüttgert bereits im Januar in seinem polemisch-investigativem Stil heraus: Die Grenze zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen ist in dieser Reportage nicht zu erkennen. Die Akteure der Drehtürpolitik geben sich ganz ungeniert, indem sich beispielsweise das vormalige Kabinettsmitglied Walter Riester für Voträge bezahlen läßt oder der Regierungsberater Bert Rürup direkt ins Geschäft einsteigt.

Die netten Nachbarn mit dem Schlagstock

Die Hells Angels versuchen sich in der Provinz anzubiedern
Als Männer noch echte Männer waren: Rocker-Treffen in Berlin 2008
Als Männer noch echte Männer waren: Rocker-Treffen in Berlin 2008 Bild von Kris*M

Das öffentliche Bild bestimmt die Wahrnehmung: So versuchen die Mitglieder von Rockerbanden ein möglichst furchteinflößendes Bild zu vermitteln, um einzuschüchtern. Ihre Verstrickungen in organisierte Kriminalität – ob Menschen- oder Drogenhandel – sind bekannt und führen zu Ablehnung und Fahndungsdruck. Daher soll neben dem schlagfertigen Rocker zunehmend ein positives Bild des wohltätigen Spenders erzeugt werden. Insofern haben sich Mitglieder der Hells Angels die PR-Strategie von Großunternehmen abgeschaut, die Greenwash betreiben. Ein Beitrag des NDR zeigt, wie die Mär von freundlichen Rocker-Nachbarn in der Provinz beinahe verfängt; wären in Walsrode in der Lüneburger Heide nicht einige Bürger, die sich gegen die Vereinahmung von Stadt und Fußball-Verein zur Wehr setzen. So können Zivilcourage und investigativer Journalismus dem bürgerlichen Anstrich der Rocker einen Strich durch die Rechnung zu machen. Dagegen biedern sich Prominente wie der Werner-Zeichner Rötger Feldmann oder der Schauspieler-Darsteller Ben Becker bei den Kutten-Trägern an. Nicht umsonst ist die Hannoveraner Abteilung des Vereins in Deutschland am einflußreichsten: Dort ist ihr Anführer Frank Hanebuth bestens mit lokaler Politik und Wirtschaft vernetzt: Der berühmt-berüchtigten Hannover-Connection.

Inhalt abgleichen