Ende des Höhenflugs
Die Idee war ebenso ehrgeizig wie waghalsig: Mithilfe von Sonnenkraft und Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe sollten in Nordafrika gewaltige Anlagen für erneuerbare Energie aufgebaut werden. Der so gewonnene Strom hätte dann nicht nur die Länder des Maghreb, sondern auch Europa versorgen können. Doch daraus wird wohl nichts: Nachdem in den vergangenen Jahren bereits namhafte Konzerne wie Siemens, Bosch und Bilfinger aus dem Konsortium ausgestiegen sind, wird die Trägergesellschaft DII voraussichtlich Ende 2014 abgewickelt. Allenfalls als kleine Beratungsagentur könnte sie fortbestehen.
Es ist ein ganzes Bündel von Ursachen, die zum Scheitern des Projekts geführt haben. Zunächst sind Solaranlagen mittlerweile so preiswert, dass sich auch mit weniger Sonnenstunden in Mitteleuropa genug Strom generieren lässt, um die Anlagen rentabel zu betreiben. Hinzu kommen die hohen Verluste durch die erforderlichen Überlandleitungen. Des Weiteren vertrauen die nordafrikanischen Länder, vor allem Marokko, lieber auf eigene Projekte. Schließlich konnten sich die zahlreichen Teilhaber nicht über ein gemeinsames Konzept einigen.
In gewisser Hinsicht war es der schiere Gigantismus, der Dersertec zum Scheitern brachte: Er erforderte horrende Investitionen und damit eine große Zahl an Teilhabern mit ganz unterschiedlichen Interessen. Zugleich zeigt die Entwicklung der letzten Jahre auch, dass erneuerbare Energien gerade dann besonders effizient sind, wenn die Anlagen dezentral und damit nahe beim Verbraucher platziert werden.
Riss durch Spanien
Seit dem Ende der Franco-Diktatur wird immer wieder um weitgehende Autonomierechte für einige spanische Regionen verhandelt. Besonders brisant ist das im Fall Kataloniens, denn das Gebiet ist von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung für Spanien. Dabei kann die Regionalregierung auf eine breite Unterstützung der Katalanen bauen, die kürzlich eine spektakuläre Menschenkette mit weit über einer Million Beteiligten bildeten. Im zweiten Halbjahr 2014 soll nun nach dem Willen der Regionalregierung eine Abstimmung über die Unabhängigkeit stattfinden. Die Zentralregierung unter Regierungschef Rajoy dagegen spricht sich massiv dagegen aus und ist offenbar bereit, dieses Votum mit allen Mitteln zu verhindern.
Der lachende Dritte
Die Fronten im syrischen Bürgerkrieg werden immer unübersichtlicher. Auf der einen Seite stehen die Rebellen aus FSA und islamistischen Milizen, auf der anderen das alte Regime. Eine Sonderrolle spielen jedoch die im Norden des Landes wohnenden Kurden. Sie orientieren sich eher auf ihre Verwandten in Irak und Türkei, im Inland versuchen sie eine schwierige Gratwanderung, die ihnen das Misstrauen beider Kontrahenten einbringt. Langfristig könnten die kurdischen Gebiete einen relativ autonomen Teil des Landes bilden, wobei sie dann eng mit der türkischen Regierung kooperieren würden. Das mag auf den ersten Blick überraschen, werden doch die Kurden in der Türkei noch immer z. T. militärisch unterdrückt. Diese Annäherung würde aber nur eine vergleichbare Entwicklung der irakischen Kurden nachahmen. Denn die hängen mittlerweile vor allem wirtschaftlich am Tropf Ankaras. Ist also am Ende die Türkei machtpolitisch ein Profiteur der Selbstzerfleischung Syriens?
Demokratischer Frühling am Bosporus?
Ausgegangen sind die Proteste am zentralen Taksim-Platz in Istanbul. Befeuert durch das überaus harte Vorgehen der Polizei gegen ein Protestcamp breiteten sich die Demonstrationen binnen kurzem auf zahlreiche weitere Städte der Türkei aus. Offenbar geht es den Menschen dort um mehr als nur ein paar Parkschützer, es ist nicht nur ein S21-Protest à la turquoise.
Gerrit Wustmann sieht in den aktuellen Auseinandersetzungen den möglichen Beginn einer starken Zivilgesellschaft. Und damit einen Demokratisierungsschub für ein Land, das bislang zwar mit guten Wirtschaftsdaten aufwarten konnte, nicht aber mit einer wirklich umfassenden Selbstbestimmung:
Fehlende Mitspracherechte und Meinungsfreiheit, tiefe Eingriffe in das Alltagsleben der Menschen und weitreichende politische Entscheidungen, die über die Köpfe der Bevölkerung hinweg gefällt werden, haben in den letzten Jahren den Unmut der Menschen anwachsen lassen. Die türkische Demokratie beschränkt sich weitestgehend darauf, dass man am Wahltag ein Kreuzchen machen darf. In kaum einem Land sitzen so viele Journalisten im Gefängnis wie in der Türkei, kritische Medien gibt es fast nicht, Schriftsteller und Intellektuelle, die sich kritisch äußern, werden regelmäßig vor Gericht gezerrt.
»Kooperative Trennung«
Selbst Ex-Papst Joseph Ratzinger forderte die konsequente Trennung von Staat und Kirchen in Deutschland. Bisher besteht diese nur teilweise unter dem Schlagwort »kooperative Trennung«. Vor allem geht es um dreistellige Millionenbeträge, die der Staat unabhängig von der Kirchensteuer jährlich den beiden großen Glaubensgemeinschaften überweist. Aber auch in anderen Bereichen besteht keine strikte Neutralität. So gilt immer noch ein Tanzverbot an hohen christlichen Feiertagen und außerdem der §166 des Strafgesetzbuches, der bestimmte Formen der Kirchenkritik mit bis zu drei Jahren Haft bedroht. Patrick Spät zieht aus diesen Tatsachen die Schlussfolgerung:
Es geht nicht um eine Verdammung der Kirchen, es geht um gerechte Verhältnisse. Die Religionsfreiheit ist eine wichtige Errungenschaft. Jeder soll denken und zeigen können, was er will - seien es Kruzifixe, Kopftücher, Kippas, Nirvana-Bandshirts oder Bayern-München-Trikots. Aber als Ausdruck der privaten Überzeugung und ohne jedes staatliche Sponsoring. Denn momentan sponsert jeder Atheist, der beim Bäcker einen Christstollen kauft und Mehrwertsteuer löhnt, die landesweiten Kirchen. Und gegenwärtig sind über 38 Prozent der Bürgerinnen und Bürger konfessionsfrei. […] Religion ist nicht Staats-, sondern Privatsache, nicht mehr und nicht weniger. Die Frage, ob Gott und das Spaghettimonster existieren oder nicht, ist dabei völlig irrelevant. Jeder darf und soll glauben, was er oder sie will. Aber die Institution Kirche muss auf eigenen Beinen stehen - Kirche und Staat müssen endlich strikt getrennt werden.
Kein Abklingen
Über zwei Jahre ist seit Beginn der simultanen Katastrophen in Japan vergangen. Während die Trümmer der Tsnunamiwelle abgeräumt wurden, nahm die Kernschmelze ihren Lauf. Niemand weiß, wo im Containment sich die geschmolzenen Kerne befinden und in welchem Zustand sie sind. Zwar scheint die Kühlung zu funktionieren, doch der Kreislauf ist improvisiert und voller Lecks. Die größte Sorge gilt dem Abklingbecken des vierten Reaktorblocks, in dem unversiegelt verbrauchte Brennelemente lagern. Mehrmals fiel die Kühlung bereits aus, nach etwa sieben Tagen ohne Kühlung droht die Katastrophe. Das gleiche Szenario gilt für den befürchteten Einsturz des Beckens bei einem erneuten Beben – der Betreiber versuchte dieses zu stabilisieren. Die bereits freigesetze Strahlung bedroht die Bevölkerung, insbesondere bei vielen Kindern wurden Veränderungen an den Schilddrüsen sowie eine erhöhte Anzahl an Fehlgeburten in der Präfektur Fukushima festgestellt. Somit kann keine Rede davon sein, dass der Betreiber die Situation im Griff hat. Mißtrauen entsteht auch aus angeblich immer wieder ausfallenden Meßgeräten. Neben den bereits eingetretenen Folgen für Mensch und Umwelt ist auch ein umfassendere Katastrophe nicht ausgeschlossen.
Kalter Krieg im Kleinformat
Daß einige Golfstaaten, die Türkei, Großbritannien und die USA das Kaleidoskop der Rebellengruppen im syrischen Bürgerkrieg durch Waffen, Logistik und Ausbildung unterstützen und somit den Bürgerkrieg in eine perspektivlose Länge ziehen, ist längst kein Geheimnis mehr. Das zynische Kalkül, im Namen von Freiheit und Demokratie die Zerstörung eines Landes in Kauf zu nehmen, ist eine Neuauflage des Kalten Krieges im Kleinformat, bei dem verschiedene Mächte um Einfluß in der Region ringen. Thomas Pany beleuchtet auf Telepolis einige Aspekte der Waffenlieferungen durch amerikanische Sicherheitsbehörden.
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