Medium Le Monde diplomatique

Auf der Flucht vor den Menschenrechten

Berichte zu der Situation an Europas Grenzen
Bootsmigrant auf Fuerteventura 2006 <br/>Foto von noborder network
Bootsmigrant auf Fuerteventura 2006 Foto von noborder network

Anlässlich des Weltflüchtlingstags am 20.6. sind einige Bericht über die europäische Grenzpolitik erschienen. Die Le Monde diplomatique zeigt ein Panorama über Methoden der Flüchtlingspolitik. Durch Abkommen mit Staaten wie Libyen und Marokko werden Menschenrechte mißachtet und zugleich die Verantwortung ausgelagert. Aber auch weiter entfernte Staaten wie Senegal werden ermuntert, ihre Grenzen zu schließen. Telepolis schaut sich dagegen die innereuropäische Flüchtlingspolitik an. Durch die Drittstaatenregelung können Asylsuchende nur in den »Grenzstaaten« Europas Schutz beantragen: In Griechenland gibt es jedoch de facto kein Asylrecht; Rückführungen dorthin sind ausgesetzt, da ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aussteht. Die Tagesschau beschäftigt sich mit der fragwürdigen Abschiebepolitik Italiens nach Libyen, das beschuldigt wird, diese in der Wüste ohne Versorgung auszusetzen.

Stiefel im Dreck

Wie der Kampf gegen Korruption in Italien scheiterte
Silvio Berlusconi und sein Lehrmeister Bettino Craxi <br/>Foto von Hytok
Silvio Berlusconi und sein Lehrmeister Bettino Craxi Foto von Hytok

Mit dem Zusammenbruch des Parteiensystems in Italien zu Beginn der 90er Jahre gab es Hoffnungen auf einen Neuanfang: Unter dem Motto Mani Pulite (Saubere Hände) bekämpften Richter und Staatsanwälte Korruption und Filz. Doch dieser Versuch kann mittlerweile als gescheitert angesehen werden. Nicht zuletzt dank der Regierung Silvio Berlusconis, die mit zahlreichen Gesetzen die Justiz bekämpft, indem vormalige Straftaten legalisiert wurden. Diese Gesetzesänderungen wurden auch von der linken Regierung nicht zurückgenommen.

Auch wenn wenig Hoffnung auf Reformen besteht, sehen einige das Ende des aktuellen politischen Systems kommen, ähnlich wie vor 20 Jahren. Doch auch Berlusconi kam nicht aus der Wüste, sondern knüpfte an politische Lehrmeister wie Bettino Craxi an.

Tiefgreifender Wandel

Zwei Analysen zum inneren Konflikt Thailands

Vorerst scheinen die Proteste in Thailand nach der blutigen Niederschlagung durch das Militär verstummt. Zwei Beiträge analysieren die Hintergründe der widersprüchlichen politischen Konstellation. Wolfram Schaffar sieht in Thaksin Shinawatra keinesfalls einen Reformer. Ursprünglich sei die Bewegung gegen dessen Absetzung »nur eine Handvoll Intellektuelle und Demokratieaktivisten« gewesen. Erst das selbstgerechte Verhalten der Eliten habe daraus eine breite Bewegung geschaffen. Thaksin habe entgegen der Wahrnehmung als Sozialreformer eher eine Politik der neoliberalen Umstrukturierungen vertreten.

Charlotte Wiedemann geht in der Le Monde diplomatique auf das »Trugbild« Thailands im Westen ein. Im Widerspruch zu dem Bild eines harmonischen Landes der Touristenprospekte habe sich eine traditionell hierarchische  Gesellschaft erhalten, in der Minderheiten nicht geachtet werden. Doch ein langsamer, tiefgreifender Wandel verändere das Land. Die Landbevölkerung befreie sich aus ihrer Unmündigkeit und weiche auch nicht mehr vor offener Konfrontation zurück.

Schneller Erfolg, langfristiges Scheitern

Eine Reportage aus Kandahar legt das endgültige Scheitern der westlichen Strategie in Afghanistan nahe
Nangarhar provincial reconstruction team <br/>Foto von U.S. Army
Nangarhar provincial reconstruction team Foto von U.S. Army

Die Auseinandersetzung um die Zukunft Afghanistans geht diesen Sommer mit einer großangelegten Offensive in eine entscheidene Phase. Wenn das amerikanische Militär um die Zustimmung der Bevölkerung kämpft, ist dieser Kampf bereits verloren. Dies ist zumindest der Eindruck, den Stephen Grey in einer Reportage aus Kandahar in der Le Monde dipomatique erzeugt.

»Kandahar ist in den Händen von Leuten, die Drogenhandel betreiben, die Waffen haben und vom Ausland unterstützt werden,« so eine lokale Stimme. Die Taliban seien teils auch als
Abwehr gegen korrupte Eliten und Warlords entstanden, die schon mit den sowjetischen Besatzern kooperierten, und genießen daher Rückhalt in der Bevölkerung. Auch die Bewaffnung von Milizen (LDI, locale defense intiative) führe zu Übergriffen, die Teile der Bevölkerung gegen die Ausländer aufbringe. Weiterlesen … »

Der zentralasiatische Kreidekreis

Amerika und Russland kämpfen in Kirgisien um Einfluß
Kämpfe in der Hauptstadt im April <br/>Foto von kun530
Kämpfe in der Hauptstadt im April Foto von kun530

Der Journalist Vicken Cheterian erklärt die Hintergründe der Unruhen in Kirgisien. Der korrupte Präsident Bakijew versuchte wie im kalten Krieg sowohl mit den Amerikanern als auch den Russen ins Geschäft zu kommen: Beide haben eine Militärpräsenz in der zentralasiatischen Republik. Bakijew brach jedoch eine Vereinbarung mit den Russen, welche für Wirtschaftshilfe die alleinige Präsenz verlangten – die Manas Air Base blieb ein wichtiger Umschlagplatz für amerikanisches Militär, der Vertrag wurde durch einen Trick verlängert. Die Amerikaner kauften vielmehr Treibstoff über Bakijews Sohn zu Weltmarktpreisen, die er vorher billig in Russland einkaufte. Die Russen erhöhten daraufhin den Exportzoll; die hohen Energiepreise waren ein wichtiger Auslöser für den Aufstand. Cheterian erörtert die Frage, ob der neuen Regierung nach zwei korrupten Präsidenten ein Neuanfang gelingt.

Fokus Nahost

Wie der Libanesische Bürgerkrieg das Spielfeld des Nahostkonflikts wurde

Als Kai Hermann 1969 den Libanon bereiste, wurde er bereits mit dem konfrontiert, was in den folgenden Jahrzehnten zum Libanesischen Bürgerkrieg anschwellen sollte. Neben den Palästinensern, die im Libanon einen Staat im Staate aufbauten und den verschiedenen reichen Familienclans, die ihre eigenen Milizen unterhielten, waren es die ausländischen Staaten, die in diesem zerrissenen und aufgerüsteten Land willige Koalitionäre für ihre Ziele vorfanden.

Georges Corm, der frühere libanesische Finanzminister, beschreibt in der Le Monde Diplomatique diese Einflussnahmen fremder Mächte und wie die verschiedenen Koalitionen dem Bürgerkrieg immer wieder Waffen und Geld zufließen ließen und dessen Intensität dadurch ungebrochen blieb.

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Taumeln am Abgrund

Der Journalist Tariq Ali besucht den krisengeschüttelten Jemen
Shibam: "In dieser Stadt wurden kürzlich vier südkoreanische Touristen getötet, als sie die Stadt von einem Hügel aus fotografieren wollten." <br/>Foto von Raphaël Fauveau
Shibam: "In dieser Stadt wurden kürzlich vier südkoreanische Touristen getötet, als sie die Stadt von einem Hügel aus fotografieren wollten." Foto von Raphaël Fauveau

Der als Unterhosenbomber bekannt gewordene Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab hat dem Jemen einen kurzen Zeitraum  der Aufmerksamkeit in den westlichen Medien geschenkt – da er mutmaßlich nahe der Hauptstadt Sana'a für den Anschlag ausgebildet wurde. Allerdings war die Berichterstattung von kurzer Dauer, und hat wenig zur Aufklärung beigetragen: weder zum radikalen politischen Islam noch zur Geschichte und der Probleme des Landes im Südwesten der arabischen Halbinsel. Insofern ist die Reportage des britischen Journalisten und Historikers Tariq Ali umso lesenswerter. Für den zunächst im London Review of Books, nun auf Deutsch in der Le Monde diplomatique erscheinenden Beitrag reiste er in den Jemen und befragte zahlreiche Politiker und Journalisten. Weiterlesen … »

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