Robots to the front?
Götz Neuneck stellt in einem lesenswerten Beitrag die aktuellen technischen Entwicklungen im Militärbereich dar. Dazu zählen Informations- und Aufklärungswesen ebenso wie Kampfroboter zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Damit einher gehen neue Einsatzmöglichkeiten und -konzepte. Aber mit der Zunahme solcher innovativer Systeme wachsen auch die Kosten. Und es stellen sich nicht zuletzt auch ethisch-politische Probleme. Der Autor hält daher fest:
Die Folgen sind verheerend: Es werden enorme Summen für immer komplexere Militärtechnologien ausgegeben, während die internationalen Instrumente zur präventiven und friedlichen Konfliktlösung immer noch wenig entwickelt und erprobt sind. […] Die Nutzung moderner Technologie ist weder ein Garant für geringe Verluste an Menschen und Material, noch können durch sie die entscheidenden politischen Ziele erreicht werden, nämlich Frieden, Stabilität und Rechtsstaatlichkeit.
»Der Vergleich hinkt immer weniger«
Von der irischen Hochebene bis zur Agäis erkennt Michael R. Krätke in den Blättern die »neue Große Depression«:
Das Einzige, was in der europäischen Wirtschaft derzeit wächst, sind die Schlangen vor den Arbeitsämtern und die Ungleichheiten und Disparitäten zwischen den Ländern und Regionen. Griechenland steckt seit über vier Jahren in der Dauerkrise, seine Wirtschaft ist inzwischen um mehr als ein Fünftel geschrumpft worden. Auch Belgien, Finnland, die Niederlande und Österreich schrumpfen, und Großbritannien steht nach dem gefürchteten double-dip, der Zweifach-Rezession, nun vor dem triple-dip.
Verantwortlich für diese perspektivlose Dauerkrise macht der Autor Merkels Austeritätspolitik. Auch die Hoffnung auf Wandel durch die Präsidentschaftswahlen in Frankreich habe sich zerschlagen. Alle Warnungen der internationalen Organisationen wurden in den Wind geschlagen, mittlerweile reicht das Wachstum der BRIC-Staaten nicht mehr aus, die deutsche »Exportmaschine« auszulasten, denn auch sie sind von der Krise getroffen.
Noch hinkt der Vergleich der gegenwärtigen Weltwirtschaftskrise mit der Großen Depression von 1929 bis 1940, aber er hinkt immer weniger.
Das Ende der atlantischen Dominanz
Die Epoche der transatlantischen Dominanz ist vorüber. Angefangen von den Kolonialmächten der Renaissance bis zur Supermacht USA waren diese tonangebend in der Weltpolitik. Das Erscheinen neuer Akteure beim Ringen um Macht und Einfluß, wie Indien oder China, verändert die Lage auf dem »großen Schachbrett«. Welchen Einfluß diese Verschiebung auf das Denken des Zbigniew Brzezinski ausübt, untersucht Hauke Ritz in den Blättern für deutsche und internationale Politik. Brzezinski erscheint hier als moderner Königsberater, der für mehrere Präsidenten als Sicherheitsberater die amerikanischen Linien des Kalten Krieges vorgab. Er sieht sich als Architekt der sowjetischen Invasion in Afghanistan – eine Falle, die zum Zusammenbruch des Imperiums beitrug und zugleich unzählige Menschen das Leben kostete. Forderte der Sicherheitsberater in den 90er Jahren noch eine Neuauflage der amerikanischen Dominanz und zerstritt sich darüber mit den Neokonservativen ob deren Invasionsstrategie, plädiert er nun für eine Abkehr von der Feindschaft zu Russland. Denn nur durch einen Ausgleich mit dem einstigen Gegner und einer Integration der Türkei in den Westen ließe sich dem wachsenden Einfluß aufstrebender Staaten begegnen. Die USA seien in einer vergleichbaren Situation wie die späte Sowjetunion: »Ein festgefahrenes und reformunfähiges politisches System.« Dies werde durch das Unwissen breiter Bevölkerungsschichten über Weltpolitik begünstigt. Die grundlegende Veränderung der geopolitischen Landkarte hat aber auch Einfluß auf kleinere Staaten, die sich in Zukunft weniger stark am Westen orientieren werden.
In der Gewaltspirale
Seit einem Jahr brodelt der innere Konflikt in Syrien: Die Auseinandersetzungen sind längst zu einem Bürgerkrieg angewachsen, doch zugleich tobt eine Propagandaschlacht. Eine klare Bewertung ist daher schwierig. Die Opposition teilt sich in den Syrischen Nationalrat in Istanbul, der von verschiedenen Staaten unterstützt wird, und dem Nationalen Koordinationskomitee für Demokratischen Wandel, der in Syrien einen Wandel im Dialog mit der Regierung anstrebt. Während die Mehrheit der deutschen Medien die Sichtweise vertritt, daß die massive Gewalt der syrischen Regierung gegen die Proteste mit allen Mitteln gestoppt werden soll, gibt es auch gegenläufige Stimmen. So betonte Karin Leukefeld im Interview die widerstrebenden Stimmen der syrischen Opposition; Jürgen Todenhöfer wies dagegen auf die breite Unterstützung der Regierung in Teilen der Bevölkerung neben deren Gegnern hin und fordert ein differenzierteres Bild. Sowohl Todenhöfer als auch Leukefeld stehen mit ihrer Sichtweise in der Kritik als Unterstützer der Assad-Regierung. Weiterlesen … »
Eine neue große Debatte?
Man hat den Eindruck, es kommt endlich wieder zu einer großen gesellschaftlichen Debatte eines linken Themas. Lange waren die Auseinandersetzungen bestimmt von der Agenda des Neoliberalismus, die Linke war eindeutig in der Defensive, nicht nur in Deutschland. Arbeitszeitverkürzung ist, bei aller durchaus angebrachten Skepsis, ein reizvolles Projekt. Sie könnte helfen, Arbeitslosigkeit und Umweltbelastungen zu verringern, die zunehmende Sorge- und Pflegearbeit sinnvoll zu gestalten. Und nicht zuletzt die Prioritäten der Menschen anders zu setzen: Weg vom gehetzten Konsumismus, hin zu einer entspannteren, selbstbestimmten Freizeitgestaltung. Gewiss, das klingt nach Utopie. Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken.
A ‘normal’ working week of 21 hours could help to address a range of urgent, interlinked problems: overwork, unemployment, over-consumption, high carbon emissions, low well-being, entrenched inequalities, and the lack of time to live sustainably, to care for each other, and simply to enjoy life.
»Freuen Sie sich über steigende Preise?«
Ob und in welchem Umfang Lebensmittelspekulation die Weltmarktpreise beeinflußt, ist äußerst umstritten, auch wenn die krasse Achterbahnfahrt der Preise der vergangenen Jahre anders kaum zu erklären ist. Daß aber auch andere Faktoren wie gesteigerte Nachfrage durch Biosprit oder Ernteausfälle und hohe Ernergiepreise eine Rolle spielen, bestreitet Harald Schumann in den Blättern nicht. Vielmehr erzählt er die Geschichte der Liberalisierung der Rohstoffmärkte seit Anfang der 90er Jahre. Zu dieser Zeit entwickelte Goldman Sachs als Vorreiter Instrumente zur Vermarktung von Rohstoffen. Den Durchbruch erlebte diese innovative Finanzdienstleistung erst mit dem Platzen der Internetblase Anfang des Jahrtausends, als Anleger neue Investitionsmöglichkeiten suchten. Zuvor hatte die Clinton-Regierung unter dem Finanzminister Robert Rubin auf Druck der Investmentbanker zahlreiche Regulierungen beseitigt, die Spekulation auf den Rohstoffmärkten begrenzten. Weiterlesen … »
Zwang zur Selbstoptimierung
Als die Folgen der ausufernden Industriegesellschaft als Raubbau an Natur und Mensch in den 70er Jahren unübersehbar wurden, stellte sich erstmals einer breiten Öffentlichkeit die Frage nach den Grenzen des endlos scheinenden Wirtschaftswachstum. Trotz des erreichten Zenits der Ölförderung zählt Harald Welzer heute jedoch zu den eher wenigen Intellektuellen, welche dieses spezifische Fundament des Kapitalismus kritisieren.
Das fehlende Bewußtsein über die Grundlagen unseres modernen Lebens beruht auf der völligen Verinnerlichung und Affirmation des Wachstums – mit dieser Überlegung erweitert Welzer in zwei jüngst erschienenden Schriften in den Blättern und dem SZ-Magazin sein Forschungsgebiet von einer Wirtschafts- zu einer allgemeinen Gesellschaftskritik. Diese leitet er aus der Entwicklungsgeschichte des Kapitalismus der vergangenen 200 Jahre ab. So gelingt eine Kulturkritik, die viele Eigenschaften des Selbst- und Weltbildes des modernen Menschen herausschält: Dem im ewigen Werden der Waren- und Selbstproduktion gefangenen Menschen der Leistungsgesellschaft. Weiterlesen … »
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