Presseschau Wirtschaft

Wer demonstriert warum?

Zu den Protesten gegen Stuttgart 21

Eine Befragung von Teilnehmern der Demonstration vom 18. Oktober gegen Stuttgart 21 gibt Aufschluss über die Ansichten und Motive der Beteiligten. So zeigt sich, dass einer kleineren Gruppe von stark Engagierten eine große Zahl von moderaten und wenig politikerfahrenen Protestlern gegenübersteht.

Die meisten verorten sich selbst eher im linken Spektrum, ohne deshalb radikal zu sein; dafür spricht auch die überwältigende Zustimmung zu den Grünen von über 70%. Viele sehen nicht nur das Projekt Stuttgart 21 kritisch, sondern sind auch mit der Vorgehensweise der verantwortlichen Politiker bzw. der Bürgerferne allgemein unzufrieden. Hinzu kommt eine überwiegende Wahrnehmung der Medien als parteiisch und wenig informativ. Weiterlesen … »

Hunger und Überfluß

Eine Themenwoche zur Welternährung

Eines der elementarsten Themen des Lebens ist die Ernährung. Die ARD hat daraus eine Themenwoche zusammengestellt, welche viele der komplexen Zusammenhänge der weltweiten Ernährungsituation in zahlreichen Sendungen erklärt. Ein Beitrag gilt der Abwesenheit von Ernährung: dem Hunger. So fehlt es kenianischen Viehhirten an Wasser, da ein Regierungsmitglied es für seine Rosenplantage abzweigt, die Europa beliefert. Ein weiteres Problem ist Gensaatgut, welches die für lokale Bedürfnisse angepassten Sorten verdrängt – dadurch werden die Bauern von Konzernen abhängig. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk macht der Regisseur des Filmes Marcus Vetter die Agrarsubventionen der EU und der USA für einen Großteil der Probleme verantwortlich. Weiterlesen … »

»Neosowjetismus«

Die Paradoxien der Ära Putin
Symbol der postsowjetischen Zeit: Eine der Jachten des Roman Abramowitsch <br/>Foto von foxypar4
Symbol der postsowjetischen Zeit: Eine der Jachten des Roman Abramowitsch Foto von foxypar4

Wladislaw Inosemzew versucht in der Le Monde diplomatique eine Beschreibung der Ära Putin. So sieht er in der autoritären quasi-Einparteienherrschaft und der Abhängigkeit vom Rohstoffexport eine Parallele zur Sowjetunion: »Gleichzeitig ist das heutige Russland radikal anders als die Sowjetunion. So erschreckend das Regime in vielerlei Hinsicht ist, so herrscht es doch über ein paradoxerweise freies Land.« Der Energiereichtum hat es ermöglicht, ein Stillhalten der Bevölkerung zu erkaufen; somit ist Rußland ein klassischer Rentierstaat.

Zudem ließ man nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Millionen kritischer Bürger auswandern. Ohne diese kritische Opposition prägen die bizinesmen, Geschäftsleute und die Silowiki, Sicherheitseliten, das Wertegefüge des Landes; eine Elite, die durch Materialismus und Korruption geprägt sei: Weiterlesen … »

Die zweite Gesellschaft

Ein Themenabend zur italienischen Mafia
Kundgebung gegen die Ndrangheta <br/>Foto von almcalabria
Kundgebung gegen die Ndrangheta Foto von almcalabria

Ein Themenabend Das Geheimnis der Macht von ARTE beschäftigt sich mit der italienischen Mafia. Die verschiedenen Mafiaorganisationen operieren in vielen europäischen Ländern: die ermittelnden Staatsanwälte kritisieren, daß die internationalen Verstrickungen nicht wahrgenommen werden, während sie als Kommunisten und Verschörungstheoretiker diffamiert werden. Ohne Namen zu nennen werden Verbindungen in die Spitzen der italienischen Politik angesprochen – die Mafia mit Schlips und Kragen durchzieht die ganze Gesellschaft. Doch auch in der Vergangenheit soll es Kooperationen mit auswärtigen Nachrichtendiensten im Rahmen der Strategie der Spannung gegeben haben.

1984 + 26

Ein Dossier über den gigantischen Sicherheitsapparat der USA
Einfach mal zuhören: Die ehemalige NSA-Abhörstation auf dem Berliner Teufelsberg <br/>Foto von SnaPsi Сталкер
Einfach mal zuhören: Die ehemalige NSA-Abhörstation auf dem Berliner Teufelsberg Foto von SnaPsi Сталкер

Im Juli hat die Washington Post ein umfangreiches Dossier über den Sicherheitsapparat der Vereinigten Staaten vorgelegt, welcher seit den Anschlägen 2001 exponentiell gewachsen ist: so haben 850 000 Mitarbeiter eine »Streng geheim«-Klassifizierung – dies ist nur ein Teil des Überwachungssystems. Die Autoren der W.P. haben ein Jahr daran gearbeitet, eine Art Landkarte der Geheimdienste zu erstellen und die Verbindungen zur privaten Sicherheitsfirmen aufzuzeigen; zahlreiche neue Komplexe sind entstanden oder sind im Bau. Die wenigen Politiker und Generäle, die einen Zugang zu allen Programmen haben, verlieren bisweilen den Überblick. Der Report fragt insofern, ob teure Doppelstrukturen in Orwells Amerika entstanden sind. Sonderlich investigativ ist diese Sammlung zwar nicht, die Kenntnisse über Details sind jedoch beeindruckend.

Unreal Estate

Der HRE-Skandal und wer für die Krise zahlt
Kein passender Container <br/>Foto von chrishartmann
Kein passender Container Foto von chrishartmann

Fast schon satirisch ist der Rücklick auf den HRE-Skandal von Peter Roterhammer. Denn er läßt in dem ARD-Radiofeature die Akteure fiktive Kommentare sprechen, da diese das Gespräch mit der Presse meiden. Er versucht den Ablauf anschaulich zu rekonstruieren: Wie die Steuerzahler mit zweistelligen Milliardenbeträgen einstehen, die Anleger geprellt wurden, die Banken davonkommen, die Politik versagt und der Erfinder des Schneeballsystems der Depfa, Gerhard Bruckermann, ungestraft bleibt. Unklar sei die Konstruktion des Rettungsfonds; längst klar dagegen ist, wer für die Krise zahlt.

Der lange Hebel

Mit neuen Modellen gesellschaftliche Entwicklung besser erfassen

Statistik mag den meisten Zeitgenossen nicht als das spannendste Thema erscheinen; doch sie erfasst nicht nur bestehende Verhältnisse, sondern bestimmt auch das politische und wirtschaftliche Handeln. So kann die Öl-Katastrophe am Golf von Mexiko im Bruttoinlandsprodukt (BIP) positiv zu Buche schlagen, da die Aufräumarbeiten Investitionen sind, während der ökologische Schaden nicht erfasst wird. Denn die Natur wird hier nicht als endliche Ressource gesehen. Auf der anderen Seite geht ehrenamtliches Engagement nicht in die Rechnung ein. Zahlreiche Ökonomen haben das Problem erkannt und arbeiten an alternativen Modellen. Jedoch kann keines davon völlig objektiv sein; so ist umstritten, welche Indikatoren erfasst werden, und ob die subjektive Lebenszufriedenheit einbezogen werden soll. Ein neues Modell ist jedoch die Basis für eine nicht rein an Wachstum orientierte Wirtschaftsweise. Hans Diefenbacher und Roland Zieschank gaben in der Le Monde diplomatique einen Überblick über die Debatte.

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