Das Recht des Stärkeren
Einige Analysen wollen die Europäische Union gern als friedliches Imperium verstehen. Denn der Staatenbund verfügt über kein eigenes Militär, sondern übt seine Macht über Handelspolitik aus. Doch diese dient häufig Einzelinteressen wie denen der Agrarindustrie. So zwingt die Union afrikanische Staaten zu niedrigen Zöllen. Diese Agrarpolitik überschwemmt diese Länder mit billigen, weil subventionierten Produkten aus Europa, so daß die heimische Produktion leidet oder eingeht. Freihandel ist somit auch das Recht des Stärkeren. Armin Paasch, Referent für Welthandel und Ernährung beim katholischen Hilfwerk Misereor kritisiert insbesondere das Partnerschaftabkommen EPA, das die Streichung von Einfuhrzöllen bei der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas vorsieht. Bislang ist die Ratifizierung am Widerstand in den meisten Staaten gescheitert. Auch von Seiten der UNO wird die europäische Handelspolitik kritisiert.
Forciert wird die Handelspolitik der EU-Kommission von dem EU-Handelskommissar. Dieser vertritt in erster Linie die Interessen einiger Unternehmen und widerspricht entwicklungspolitischen Zielen. So bleiben die europäischen Staaten nicht nur hinter ihren Zielen in der Entwicklungpolitik und bei der Bekämpfung des weltweiten Hungers zurück. Die Handelspolitik torpediert diese Ziele vielmehr noch.
»Freuen Sie sich über steigende Preise?«
Ob und in welchem Umfang Lebensmittelspekulation die Weltmarktpreise beeinflußt, ist äußerst umstritten, auch wenn die krasse Achterbahnfahrt der Preise der vergangenen Jahre anders kaum zu erklären ist. Daß aber auch andere Faktoren wie gesteigerte Nachfrage durch Biosprit oder Ernteausfälle und hohe Ernergiepreise eine Rolle spielen, bestreitet Harald Schumann in den Blättern nicht. Vielmehr erzählt er die Geschichte der Liberalisierung der Rohstoffmärkte seit Anfang der 90er Jahre. Zu dieser Zeit entwickelte Goldman Sachs als Vorreiter Instrumente zur Vermarktung von Rohstoffen. Den Durchbruch erlebte diese innovative Finanzdienstleistung erst mit dem Platzen der Internetblase Anfang des Jahrtausends, als Anleger neue Investitionsmöglichkeiten suchten. Zuvor hatte die Clinton-Regierung unter dem Finanzminister Robert Rubin auf Druck der Investmentbanker zahlreiche Regulierungen beseitigt, die Spekulation auf den Rohstoffmärkten begrenzten. Weiterlesen … »
Vielen Dank für die Blumen
Globalisierung bedeutet, daß die Waren- und Produktionsketten zunehmend über den ganzen Globus verteilt sind. Die Verbraucher können die Herstellungsbedingungen selten überprüfen. Daher bleibt die Globalisierung für viele ein eher schwammiger Begriff. Exemplarisch sichtbar wird diese Veränderung in einer Dokumentation von Michael Richter. Er folgt der Spur der Rosen, die in Kenia für den Weltmarkt angebaut werden und per Flugzeug über Holland in den europäischen Handel kommen. Traditionelle Rosenzüchter in der Elbmarsch geben mittlerweile ihr Geschäft auf, weil sie zu den Preisen nicht konkurrenzfähig sind. In Kenia kann das ganze Jahr über angebaut werden. Doch neben der Verlagerung der Produktion gibt es auch andere Kehrseiten: So zahlt die Rosenindustrie den Angestellten in einigen Betrieben wie dem Konzern Katuri einen Hungerlohn und läßt sie ungeschützt mit Pestiziden arbeiten. Abwässer werden ungeklärt in den Naivashasee geleitet, bis dessen Ökosystem umkippt. Weiterlesen … »
Spargroschen für Brot-Spekulation
Spekulation mit Lebensmitteln treibt die Weltmarktpreise nach oben, derzeit stehen sie auf einem Allzeithoch. Diese Preise treiben auch den Hunger in der Welt an, insbersondere bei den Menschen, die einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen. Dahinter steckt nicht immer der böse Spekulant in Frankfurt, London oder New York. Denn auch Sparkassen und Volksbanken bieten Fonds an, die Lebensmittel beinhalten, recherchiert Report aus Müchnen. Die betroffenen Institute versuchen sich herauszureden.
Hier ist offenbar Aufklärung vonnöten. Der eigentliche Skandal dürften aber die unregulierten Märkte für Grundnahrungsmittel sein: Das Problem als eine Frage individueller Moral zu thematisieren, wird die Spekulation zwar nicht eindämmen, jedoch ein Bewutsein beim Verbraucher schärfen. Auf den Anteil der Banken am Hunger durch entsprechende Anlageangebote hat zuvor auch eine Kampagne von foodwatch aufmerksam machen wollen. Einen ebenso verschärfenden Einfluß hat die verfehlte Handelspolitik der Europäischen Union.
Weltbild als Konsumprodukt?
Es ist ein durchaus interessantes Experiment: Indonesische Ethnologiestudenten erforschen deutsche Weltbilder. Begonnen hat alles mit ein paar Klischees, etwa dem, dass Deutsche säkularisiert, logisch und Religiösem wenig aufgeschlossen seien. In Gesprächen und Feldstudien wurde das überprüft, organisiert im Rahmen einer deutsch-indonesischen Forschungspartnerschaft. Gegenstand der Studien waren Esoteriker, Veganer, und – etwas überraschend – auch die grüne Jugend. Das Resultat war differenziert. Manches wurde bestätigt, anderes aber auch nicht.
Besonders verblüffend die Erkenntnis, dass Veganismus oder auch Umweltschutz hierzulande durchaus religionsähnlichen Status haben können. Jedenfalls dann, wenn man den Religionsbegriff weit genug auslegt. Und: manche Weltbilder haben durchaus eine Konsumfunktion:
»Neue Religionen sind für sie wie ein Kleid, das sie sich zulegen und es ausmustern, wenn es nicht mehr gefällt«, sagt sie. Außerdem würden sich ihre Forschungssubjekte passiv verhalten: »Sie lesen nur Bücher und hören, was ihr Guru sagt.«
Mit Pfeil und Bogen gegen Konzerne
Seit über zwanzig Jahren tobt in Indien ein unerklärter Bürgerkrieg. Indigene Stämme im Osten des Subkontinentes wehren sich gegen die Nutzung und den Raub ihres Landes für Landwirtschaft und den Ressourcenabbau. Dabei spielen bei diesem Streit um das Land (»Land Grabbing«) der geringe Bildungsgrad der Stämme sowie deren nicht festgeschriebene Rechte auf ihren Boden eine entscheidene Rolle. Zugleich wird der Konflikt überlagert von dem Aufstand der maoistischen Naxaliten, denen sich einige der von Vertreibung und Enteignung bedrohten Stämme angeschlossen haben.
Bislang war dieser komplexe Konflikt in Deutschland lediglich Regionalexperten und Aktivisten für Menschenrechte bekannt. Georg Blume hat für die Zeit einen kleinen Stamm im schwer zugänglichen Bergland besucht. Die Dongria Kondh sind Sammler und Jäger mit einer sehr traditionellen Lebensweise. Der Bergbaukonzern Vedanta will hier Bauxit zur Aluminiumherstellung abbauen. Der Stamm kämpft dagegen – mit Pfeil und Bogen. Aussichtsreicher sind dagagegen die juristischen Waffen, die Unterstützung durch Menschenrechtler und indische Politiker hat dem Konzern vorerst eine Niederlage vor Gericht beschert. Weiterlesen … »
Unverstandenes Chaos
Dominic Johnson analysiert in der taz die Lage in Somalia. Obwohl das Land schon vor der Hungersnot in Ostafrika als Sinnbild für einen zerfallenen Staat galt, gebe es doch funktionierende Strukturen wie einen florierenden Handel mit Vieh und Holzkohle oder aber ein Mobilfunknetz. Die Händlerschicht finde immer wieder einen pragmatischen Umgang mit der chaotischen Situation. Entscheidend sei, wer die 4 großen Häfen des Landes kontrolliere. Der Westen habe durch seine Parteinahme in dem Konflikt sowie durch die Unterstützung der Intervention Äthiopiens mehr Schaden angerichet, als das Land zu befrieden. So wurde 2006 die Machtübernahme der Union Islamischer Gerichte bekämpft, obwohl diese einen Versuch darstellten, Rechtssicherheit herzustellen.
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