Presseschau Organisationen

»Schattenwirtschaft vor der Haustür«

Fehlt es in Deutschland an wirksamen Anti-Mafia-Gesetzen?

Die Mafia ist in Deutschland auf dem Vormarsch: Das sieht David Schraven auf dem Rechercheblog von DerWesten auf uns zu kommen. Diese Erkenntnis zieht er aus der Lektüre der zwei Bücher »Metastasen« und »Mafia-Export«. Deutschland fehle eine ausreichende Anti-Mafia-Gesetzgebung. Daher kommen die Kriminalämter der Geldwäsche selten auf die Spur. Selbst Mafiosi, über die dem BKA umfangreiche Dossiers vorliegen, führen ihre Geschäfte vor der Nase der Ermittler. Die Folge sei die »Ausbreitung der kriminellen Schattenwirtschaft, die direkt vor unserer Haustür beginnt«.

Schutz der Verfassung?

Der Verfassungsschutz in der Kritik
Schutz der Verfassung?
Bild von black_caeser

Nach dem Skandal um das Ermittlungsversagen gegen den rechten Terror kommt schon der nächste Fall. Der Verfassungsschutz (VS) überwacht seit Jahren Abgeordnete der Linken, unter anderem Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi, Parlamentsvizepräsidentin Petra Pau und, besonders heikel, Steffen Bockhahn. Letzterer ist in seinem Ausschuss auch für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig – wer kontrolliert hier also wen, möchte man da fragen.

Nun hat sich der Skandal aber noch weiter verschärft: Statt wie bisher von Innenminister Friedrich behauptet, werden nicht nur öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet, sondern auch andere Mittel der Überwachung angewendet. Das legte schon die Tatsache nahe, dass die von einzelnen Abgeordneten angeforderten Akten teilweise geschwärzt waren. Warum sollte der VS das tun, wenn alle Informationen öffentlich zugänglich wären? Nun hat der niedersächsische VS-Chef eingeräumt, dass »punktuell« auch geheimdienstliche Maßnahmen ergriffen würden. Dazu zählen etwa Telefonüberwachung, V-Leute und ähnliches. Ob damit die Verfassung geschützt oder beschädigt wird, sollte einmal gründlich hinterfragt werden.

Der wahre Preis

Die sozialen und ökologischen Kosten globaler Kleidung
Textilfabrik in Gazipur, Bangladesch
Textilfabrik in Gazipur, Bangladesch Bild von Clean Clothes Campaign

Wenn wir ein T-Shirt kaufen, hat es in der Regel einen weiten Weg hinter sich. In der globalen Textilienindustrie sind die einzelnen Arbeitsschritte, die geschehen müssen, bevor wir die fertige Kleidung von der Stange nehmen können, auf unterschiedliche Länder und Kontinente verteilt.

Aufgrund mangelnder sozialer und ökologischer Standards bringt diese Art der Produktion enorme Probleme für die Textilarbeiter in Ländern wie Bangladesch und Indien oder auch Bulgarien und Polen mit sich. Besonders in Ländern der „Dritten Welt“ sind der Arbeitsschutz und die soziale Sicherung der Arbeiter mangelhaft. Die Menschen arbeiten für einen niedrigen Lohn und sehen sich durch den Einsatz giftiger Chemikalien gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. So kommt beispielsweise die Clean Clothes Campaign (Kampagne für saubere Kleidung) in ihren Recherchen zu dem Ergebnis, dass deutsche Unternehmen wie Aldi, Lidl oder KiK internationales Arbeitsrecht systematisch missachten. In den Zulieferbetrieben der Konzerne in Bangladesch sind 13 bis 15 Stunden Arbeit an sieben Tagen in der Woche und Überstunden über das zulässige Maß hinaus die Regel. Trotzdem reicht der Lohn der Angestellten meist nicht aus, um ihre Familien zu ernähren.

Auch unter ökologischen Gesichtspunkten ist die globale Textilienproduktion problematisch. Während Giftstoffe Böden und Gewässer belasten, schädigen die hohen CO2-Emissionen, die durch die weiten Transportwege entstehen, das Klima. Eine auf Indymedia erschienene Studienarbeit bietet einen tieferen Einblick in das Thema und zeigt mögliche Lösungsansätze und Alternativen auf.

Geiz ist nicht mehr geil

Zur Schlecker-Pleite
Drastische Kritik am autoritären Führungsstil
Drastische Kritik am autoritären Führungsstil Bild von r000pert

Es ist eine der größten Unternehmenspleiten der letzten Jahre: Der Branchenführer der Drogeriemärkte, Schlecker, ist insolvent. Schuld daran ist vor allem ein überholtes Verkaufskonzept. Kleine Läden um die Ecke mit wenig Mitarbeitern und niedrigem Umsatz sind offenbar nicht mehr konkurrenzfähig. Hinzu kommt das – zu Recht – extrem schlechte Image von Schlecker. Jahrelang fiel er durch geringe Bezahlung und Schikanen gegenüber Mitarbeitern und Betriebsräten auf. Firmengründer Anton Schlecker und seine Frau sind sogar vorbestraft, weil sie Angestellten fälschlich versicherten, sie würden nach Tarif entlohnt werden. Deshalb dürfte es langfristig von Vorteil sein, wenn ein solches Unternehmen vom Markt verschwindet. Das gilt natürlich nur sehr bedingt für die aktuellen Mitarbeiter, die um ihre Jobs bangen müssen. Die Mitbewerber haben bereits klargestellt, dass sie im Falle eines Verkaufs nur einen Bruchteil der Shops übernehmen würden.

Die Wettbewerber auf dem hart umkämpften Drogeriemarkt in Deutschland, in erster Linie die beiden anderen großen Ketten dm und Rossmann, setzen auf größere und moderne Filialen. In den letzten Jahren ist der Preiskampf weiter eskaliert, auch bedingt durch den Einstieg internationaler Investmentfirmen, etwa bei Rossmann. Einige kleinere Ketten wurden bereits aufgekauft. Die übriggebliebenen Konzerne sind aber immer noch weitgehend im Besitz der Gründerfamilien. Genaue Geschäftszahlen, vor allem zu Gewinn und Verlust, sind der Öffentlichkeit dank der intransparenten Strukturen nicht bekannt. Dass die Branche – für die Eigner, nicht die häufig prekär angestellten Mitarbeiter, versteht sich – eine Goldgrube ist, zeigen die gewaltigen Vermögen dieser Familien jedoch mehr als deutlich.

 

Tote Zeugen

Die Europäische Union scheitert am Aufbau eines Rechtsstaats im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo Bild von blandm

Kaum jemand würde den Kosovo als funktionierenden Rechtstaat bezeichnen. Die organisierte Kriminalität ist nach der Ausrufung der Unabhängigkeit 2008 nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Dazu zählt der Schmuggel von Drogen und Zigaretten in die EU. Die regierende Demokratische Partei (PDK) des Premierministers Hashim Thaçi wird immer wieder in Verbindung mit kriminellen Geschäften gebracht. Daneben werden Politiker der Partei, die die politische Nachfolgeorganisation der Rebellenarmee UÇK ist, Kriegsverbrechen vorgeworfen. Doch der ehemalige Premier Ramush Haradinaj musste bei einem Kriegsverbrecherprozess in Den Haag freigesprochen werden, weil von zehn Zeugen nur noch einer lebte. Ein geheimes Papier des Bundesnachrichtendienst sah ihn zudem in Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt.

Daher weist eine Reportage von Frontal21 auf die wichtige Rolle des Zeugenschutzprogrammes der Europäischen Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX hin. Doch das Programm schützt und betreut seine Klienten nur mangelhaft. Ein Zeuge wurde in einem Park in Duisburg erhängt aufgefunden, nachdem er sich über das Programm beschwerte. Der ZDF-Bericht beklagt somit den mangelnden Willen der Schutzmächte, im Kosovo mit der Vergangenheit aufzuräumen und für rechtsstaatliche Verhältnisse zu sorgen.

Bombe im Keller?

Die Beweislage für ein iranisches Atombombenprogramm ist dünn

Bastelt der Iran an der Atombombe? Dafür gibt es keine ausreichenden Belege, meint der Altmeister des investigativen Journalismus Seymour Hersh. Zwar schließt auch Hersh nicht aus, daß der Iran über eine »versteckte unterirdische Atomwaffenfabrik« verfügt. Aber das Material der internationalen Atomenergiebehörde biete darüber keine neuen Informationen. Im Gegenteil bestehen keine Anzeichen, der Iran habe Uran für den Bombenbau abgezweigt. Hersh zitiert einen ehemaligen leitenden Beamten des US-Außenministeriums:

Diejenigen, die aus dem IAEA-Bericht die Berechtigung für einen Angriff auf den Iran abzuleiten versuchen, wollen ihn absichtlich missverstehen.

Hersh sieht hinter dem schärferen Ton der IAEA weniger neue sustantielle Informationen als vielmehr den neuen Chef, Yukiya Amano, an der Spitze, welcher die Linie der USA unterstützt. Um diese Aussage zu belegen, zitiert er die von Wikileaks veröffentlichten US-Depeschen:

[…] bei allen strategischen Entscheidungen – und zwar sowohl bei wichtigen Personalentscheidungen als auch im Hinblick auf das angebliche Atomwaffenprogramm des Irans – stehe er aber fest an der Seite der USA.

Bei Anruf Mord

Zwei Dokus über die Kriminalisten des Mordes
Bei Anruf Mord
Bild von peterstephenblass

Ein buntes Bild zeichnet das deutsche Fernsehen gerne über die Arbeit von Ermittlern und Mordkommissionen. Die reale Arbeit am Tatort ist dagegen meist eher dröge, sie besteht aus dem peniblen Sammeln und Auswerten von Spuren. Ein Dokumentarfilm von Ernst August Zurborn hat den Ermittlern für Mord und Totschlag in Hamburg  in sehr zurückhaltender Form über die Schultern geschaut. NDR 45 min zeigt dagegen den Berufsalltag der Fallanalytiker. Die Profiler werden in der Regel erst bei sehr schwierigen Fällen hinzugezogen, bei denen die Kriminalisten nicht vorankommen. Hier gilt die Regel: Jeder Täter trifft ständig Entscheidungen, die viele Details über ihn verraten. Daraus lässt sich häufig ein Profil rekonstruieren. Beide Filme ergänzen ein Bild über die zumeist eher banalen Motive des Tötens – Agatha Christie wäre wohl wenig beeindruckt.

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