Presseschau FDP

Das Schweigen der Lämmer

Fraktionsdisziplin vor Meinungsfreiheit
Das Schweigen der Lämmer
Bild von Eduardo Zotes Sarmiento

Schon lange sind die Debatten im Bundestag - und ähnlich sieht es auch in den Länderparlamenten aus - zu eher drögen Veranstaltungen verkommen. Die Argumentationen sind vorhersehbar, eine wirkliche, direkte Auseinandersetzung findet oft gar nicht statt. Nicht selten werden die »Rede«beiträge sogar nur schriftlich eingereicht. Nun hat eine ganz große Koalition aus FDP, Union und SPD einen Vorstoß gewagt, die Meinungspluralität mit Hilfe der Geschäftsordnung noch weiter zu begrenzen. Demnach sollen praktisch nur noch die Fraktionen Redner bestimmen können. Abweichende Standpunkte, wie zuletzt im Zusammenhang mit dem Euro-Rettungsschirm, dürften dann fast gar nicht mehr im Plenum vertreten werden. Ein Armutszeugnis für die Demokratie.

Gelbe Gefahr

Eine neue liberale Partei?
Konkurrenz für die FDP?
Konkurrenz für die FDP? Bild von CmdrFletcher

Nicht zuletzt der relativ knapp gescheiterte Mitgliederentscheid zur Eurorettung in der FDP hat gezeigt, dass das liberale Lager im Land in Unruhe geraten ist. Aus linksliberaler Richtung droht Konkurrenz von den Piraten - und rechts entwickelt sich eine neue Alternative: die Freien Wähler. Dabei ist diese keineswegs neu, sondern schon seit Jahrzehnten aktiv. Das allerdings bisher nur in der Kommunalpolitik, wo sie fest verwurzelt ist. Hubert Aiwanger, ihr Chef, versucht sich nun an einer strategischen Neuausrichtung: Hinein in die Parlamente auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene. Dazu will er auch bekannte Köpfe gewinnen, gerade ist der Ex-BDI-Chef Hans-Olaf Henkel eingetreten, möglicherweise folgt ihm bald Paul Kirchhof.

Nicht zuletzt bedingt durch den weitgehend dezentralen Aufbau ist das inhaltliche Profil der FW nicht genau zu bestimmen, Aiwanger selbst bezeichnet sie als liberal-konservativ. Die eigentliche Partei umfasst etwa 5.000 Mitglieder, die Vereinigungen insgesamt, die mit der Partei nur recht lose verbunden sind, aber 280.000. Allerdings hat sich der starke Landesverband Baden-Württemberg wegen der Neuorientierung von der Parteigründung klar distanziert. Weiterlesen … »

Halbzeitbilanz

Zur schwarz-gelben Regierung

Gleich zweifach meldet sich Christoph Butterwegge zu Wort. Er analysiert die Politik der Regierung und kommt zu einem deutlichen Urteil: sozialer Fortschritt sei nicht zu erkennen. Einerseits bemängelt er die zahlreichen Verschlechterungen etwa in Bezug auf die Renten und andere Kürzungen bei den Ärmeren.

Gleichzeitig habe die Koalition aber gezielt Wohlhabende entlastet. Das gelte bei der Erbschaftssteuer, bei den Vergünstigungen für Hoteliers oder auch bei unzureichenden Maßnahmen gegen die Finanzmärkte. Am Ende stehe einer kleinen Gruppe von Profiteuren eine wachsende Zahl von Menschen gegenüber, die von Almosen des »Suppenküchenstaates« abhingen. Und das, obwohl die Regierung zu Beginn durchaus soziale Versprechungen gemacht hatte.

Wessen Freiheit?

Die FDP und der deutsche Liberalismus

Rainer Hank nimmt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die öffentliche Diskussion über die aktuelle Schwäche der FDP zum Anlass, einen Exkurs über die Geschichte des Liberalismus in Deutschland zu führen. Denn dessen Niedergang habe Tradition. Der negative Freiheitsbegriff, die Freiheit von der Macht des Staates, habe in Deutschland schon immer einen schweren Stand gehabt. Der Autor nimmt sich eine Rede des Liberalen Friedrich Naumann Anno 1901 zum Zeugen, um an die Neigung zum oberflächlichen und »phrasenhaften« im Liberalismus zu erinnern: Neben der Abgrenzung von positiver und negativer Freiheit darf »das marktwirtschaftliche Bekenntnis nicht mit einer per se wirtschaftsfreundlichen Grundhaltung verwechselt werden«. So hätte die FDP den gigantischen Steuergeldern, die den Banken zufloßen, widersprechen müssen. Gleichwohl läßt der Autor eine analytische Trennung von Wirtschaftsliberalismus und bürgerlichen Freiheitsrechten vermissen.

Neuformierung des bürgerlichen Lagers?

Zwei Spekulationen

Der Bundeswehrprofessor Michael Wolffsohn spekuliert über eine Spaltung der CDU/CSU in einen altkonservativ-rechten und einen freisinnig-liberalen Teil. Als Konsequenz würde sich die FDP auflösen und ihre Mitglieder und Wähler auf die Parteien der »Mitte« verteilen.

Jens Berger sieht dagegen eher die Gründung einer sechsten Partei neben der Union – durchaus denkbar, gerade im Kontext der europäischen Entwicklungen.

Viel Lärm um nichts

Kein wirksames Vorgehen gegen Spekulanten

Schon die Ankündigung hat großen Wirbel ausgelöst: Die Bundesregierung erwägt die Einführung der sogenannten Tobin-Steuer. Doch auch hier steckt der Teufel im Detail. Denn statt einer Heranziehung aller Transaktionen steht insbesondere auf Drängen der FDP unter dem Label »Finanzaktivitätssteuer« lediglich die Abschöpfung überhöhter Gewinne und Boni im Raum. Die so eingenommenen Summen von geschätzt etwa ein bis zwei Mrd. Euro wären jedoch völlig irrelevant und könnten daher kaum dem eigentlichen Ziel dienen, Spekulation einzudämmen.

Zudem beharrt man auf der weltweiten Einführung. Dagegen sprechen sich einige Experten auch für einen europäischen oder gar deutschen Alleingang aus, denn seriöse Händler blieben ohnehin hier, und auf die wirklich fragwürdigen Trader könne man im Interesse größerer Stabilität durchaus verzichten.

Krachen im Gebälk

Übersteht die bürgerliche Koalition die Legislatur?

Jens Berger vom Spiegelfechter kommentiert die seltsame Situation der lange von den Partnern herbeigesehnten bürgerlichen Koalition zwischen FDP, CDU und CSU. Das unsouveräne Verhalten des FDP-Chefs und die Unfähigkeit der Liberalen auf die veränderten Bedingungen zu reagieren, sorge bei einer Fraktion innerhalb der Unionsparteien zu ernsthaften Überlegungen einer schwarz-grünen Koalition. Dies kristallisiere sich an der Frage nach einem schnelleren Atomausstieg. Zugleich sei dies in der Union heftigst umstritten. Berger verweist auf einen recht lesenswerten Artikel in der Welt, der die angespannte Atmosphäre in der Koalition verdeutlicht.

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