Presseschau Angela Merkel

Zeitenwende in Europa?

François Hollande wird französischer Staatspräsident in einem konservativ geprägten Europa
Siegesfeier in Paris
Siegesfeier in Paris Bild von rsepulveda

Frankreich hat gewählt, François Hollande ist neuer französischer Staatspräsident. Trotz seiner Ankündigung, die europäische Sparpolitik in Frage zu stellen und Reiche stärker zu besteuern, gilt er nicht gerade als ein Revolutionär. Philip Stephens sieht ihn in der Financial Times gar als »moderaten Konservativen«, da er »das Modell der sozialen Marktwirtschaft aus dem Nachkriegseuropa zurückfordert«. Der Autor bezweifelt, daß Hollande sich gegen das Dogma der Sparpolitik durchsetzen kann:

Ob links oder rechts, ob mit oder ohne Euro, die Eliten an der Macht huldigen dem Altar der Sparpolitik. Regierungen dürfen sich hier ein bisschen schräg stellen, dort angedeutete Akzente setzen. Doch niemand wagt es, den Katechismus der Haushaltsdisziplin in Frage zu stellen.

Dem setzt Javier Valenzuela in El País entgegen, daß es Zeiten gebe, in denen schon gesunder Menschenverstand revolutionär anmute. Denn Hollande stemme sich gegen den wirtschaftspolitischen Selbstmord Europas, von der Sparpolitik verursacht. Diese sei das Resultat einer falschen Diagnose. Die Wachstumsschwäche Europas sei vielmehr das eigentliche Problem und nicht die Verschuldung. Weiterlesen … »

Halbzeitbilanz

Zur schwarz-gelben Regierung

Gleich zweifach meldet sich Christoph Butterwegge zu Wort. Er analysiert die Politik der Regierung und kommt zu einem deutlichen Urteil: sozialer Fortschritt sei nicht zu erkennen. Einerseits bemängelt er die zahlreichen Verschlechterungen etwa in Bezug auf die Renten und andere Kürzungen bei den Ärmeren.

Gleichzeitig habe die Koalition aber gezielt Wohlhabende entlastet. Das gelte bei der Erbschaftssteuer, bei den Vergünstigungen für Hoteliers oder auch bei unzureichenden Maßnahmen gegen die Finanzmärkte. Am Ende stehe einer kleinen Gruppe von Profiteuren eine wachsende Zahl von Menschen gegenüber, die von Almosen des »Suppenküchenstaates« abhingen. Und das, obwohl die Regierung zu Beginn durchaus soziale Versprechungen gemacht hatte.

Hart am Wind

Die Wendemanöver um den Atomausstieg
Block II des AKW Isar wird als eines der letzten in Deutschland vom Netz gehen
Block II des AKW Isar wird als eines der letzten in Deutschland vom Netz gehen Bild von Ray-1981

Zwei Schritte vor, drei zurück: Der Atomausstieg in Deutschland war von seltsamen Wendemanövern begleitet. Das schwarz-gelbe Kabinett Merkels hat dabei ein unglückliches Bild abgegeben. Zunächst wurde auf Druck des Wirtschaftsflügels der CDU der Kompromiß zum Ausstieg ohne Not aufgegeben, obwohl hinter diesem eine breite gesellschaftliche Mehrheit stand. Eilig wurde die Brücke zur Laufzeitverlängerung abgerissen, als sich aufgrund der japanischen Reaktorkatastrophe der Wind drehte. Hubert Seipel hat diesen politischen Opportunismus zum Anlaß genommen, um hinter die Kulissen der politischen Wendemanöver zu schauen. Einige Manager der Stromkonzerne werden porträtiert, die unterschiedlichen Sichtweisen innerhalb der Regierung aufgezeigt. Der Zuschauer lernt dadurch einiges über den politischen Betrieb sowie den Lobbyismus in Deutschland.

Selbstverteidigung am Ende

Merkel rückt von Guttenberg ab

Laut Spiegel-Online hat sich das Bundeskanzleramt positioniert: Wenn Dr. Karl Theodor Freiherr von und zu Guttenberg der Doktortitel aberkannt wird, so muß er zurücktreten.

»Dann«, so heißt es in CDU-Kreisen, »lässt sich die Person Guttenberg nicht mehr vom Politiker Guttenberg trennen.«

Somit lastet ein gewaltiger Druck auf der zuständigen Kommission der Universität Bayreuth – ein einmaliger Vorgang. In Anbetracht der Tatsache, daß die zentralen Gedanken der Arbeit offenbar abgeschrieben sind, kann die Universität allerdings nur die Doktorwürde aberkennen, will sie ihren Ruf wahren und nicht als Plagiatsfabrik gelten. Somit ist der Rücktritt nur eine Frage des Zeitpunkts, an dem diese Erkenntnis zum Bundesminister vordringt. Weiterlesen … »

Totgeburt

Die Mittelmeerunion in der Krise

Große Ambitionen begleiteten ihre Gründung vor mehr als zwei Jahren. Die von Frankreichs Präsident Sarkozy initiierte Mittelmeerunion sollte die Zusammenarbeit zwischen Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten nachhaltig stärken. Und das bei einer ganzen Palette von politischen Fragen wie Umweltschutz, Bildung, aber auch Förderung der Demokratie.

Doch spätestens angesichts der dramatischen aktuellen Entwicklungen im arabischen Raum wird klar: Sie kann die hochgesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Praktisch ohne jeden Einfluss, ist ihr bisheriger Generalsekretär Ahmed Massade kürzlich frustriert zurückgetreten. Gescheitert ist die Organisation nicht zuletzt an der Rivalität zwischen der deutschen Bundeskanzlerin und ihrem französischen Amtskollegen.

Neuformierung des bürgerlichen Lagers?

Zwei Spekulationen

Der Bundeswehrprofessor Michael Wolffsohn spekuliert über eine Spaltung der CDU/CSU in einen altkonservativ-rechten und einen freisinnig-liberalen Teil. Als Konsequenz würde sich die FDP auflösen und ihre Mitglieder und Wähler auf die Parteien der »Mitte« verteilen.

Jens Berger sieht dagegen eher die Gründung einer sechsten Partei neben der Union – durchaus denkbar, gerade im Kontext der europäischen Entwicklungen.

Von Gestern?

Der DGB debattiert über seine Zukunft

In diesen Tagen findet in Berlin der DGB-Bundeskongress statt. Neben der (Wieder-)Wahl der Vorsitzenden wird auch die allgemeine Ausrichtung für die nächsten Jahre Thema sein. Grund genug für die Presse, die aktuelle Situation der Gewerkschaften zu betrachten.

Die FAZ analysiert mit deutlich kritischem Unterton die »ewig gleiche Heilslehre von mehr Staat und mehr Umverteilung«. Die Ziele wie Mindestlohn, höhere Renten und andere soziale Wohltaten seien gerade in der Krise nicht angemessen. Die Zeit dagegen hebt vor allem die flexible Haltung in Bezug auf die Arbeitszeiten und die Lohnzurückhaltung positiv hervor und wünscht sich generell starke Arbeitnehmervertreter - solange sie in dem genannten gemäßigten Sinn agierten. Weiterlesen … »

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