Medium Rundfunk

Der Stab des letzten Bey

Europa verantwortlich für Aufruhr in Nordafrika?

Algerien und Tunesien sind im Aufruhr: Laut unterschiedlichen Angaben von Regierung und Opposition sind in Tunesien in den vergangenen Tagen zwischen 20 und 50 tote Demonstranten durch die Polizei zu beklagen, in Algerien sollen 3 Menschen zu Tode gekommen sein. Nachdem ein verzweifelter junger Mann in Tunesien sich selbst verbrannte, sind die inneren Widersprüche der Länder offen zu Tage getreten. Die Regierung von Zine al-Abidine Ben Ali weiß sich nur durch Abriegelung ganzer Regionen, Kommunikationssperre und härtester Repression zu helfen. Sowohl die Exil-Oppositionelle Sihem Bensedrine als auch die belgische Tageszeitung Le Soir machen Europa für die Misere Nordafrikas mitverantwortlich. Denn die Staaten der Europäischen Union kooperieren eng mit den autoritären Regierungen, haben lediglich Flüchtlingsabwehr und Kampf gegen Islamismus in ihrem Fokus. Weiterlesen … »

Die Minenfelder des Kongo

Der Ressourcenbedarf der Mobilfunkhersteller finanziert auch den kongolesichen Bürgerkrieg
Zollherren: Ausschnitt aus dem Film "Blutige Handys"
Zollherren: Ausschnitt aus dem Film "Blutige Handys"

Der Krieg in der Demokratischen Republik war und ist einer der längsten und verlustreichsten der jüngeren Geschichte, Schätzungen gehen von mehreren Millionen Toten aus. Zugleich handelt es sich auch um einen der komplexesten Konflikte, allein schon weil zahlreiche Nachbarländer verwickelt waren. Dazu zählt das benachbarte Ruanda. Gerade die angrenzende Region im Osten des Kongo ist bis heute nicht zur Ruhe gekommen. Immer noch leben die teils aus Ruanda stammenden Hutu-Milizen von Wegelagerei. Dabei haben die reichen Rohstoffe des Landes ihren Teil an der Finanzierung des Kriegs, im Ostkongo insbesondere das zur Mobilfunkproduktion benötigte Coltan. Michael Obert stellt im Zeit-Magazin die üblen Arbeitsbedingungen in den Minen dar, die unter haarsträubenden Bedingungen in den Berg getrieben werden. Dabei porträtiert er den Versuch, durch Zertifizierung der Herkunft der Mineralien dem Kriegscoltan den Markt zu entziehen, beispielsweise durch Boykott. Doch die Bevölkerung ist ebenso abhängig von dem Bergbau wie die Rebellen. Weiterlesen … »

Neuer Staat oder neuer Krieg?

Die Abstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan könnte in einen neuen Krieg münden
Die Rückkehr von Flüchtlingen aus dem Norden dauert mitunter Wochen <br/>Foto von sidelife
Die Rückkehr von Flüchtlingen aus dem Norden dauert mitunter Wochen Foto von sidelife

Am 9. Januar wird über die Unabhängigkeit des Südsudan abgestimmt. Dieser Termin geht zurück auf den Friedensschluß von 2005, der den Krieg zwischen der Zentralregierung in Khartoum und der Rebellenarmee SPLA beendete. Es besteht kaum Zweifel daran, daß eine Mehrheit für die Abspaltung stimmt. Umso unklarer ist jedoch, ob ein solcher Prozess friedlich ablaufen wird. Zwar versichert Sudans Staatspräsident Omar al-Bashir jedes Ergebnis anzuerkennen, doch der Treck der Millionen vor dem Bürgerkrieg geflohenen Südsudanesen in ihre Heimat hat längst begonnen: Diese sind weniger von der Hoffnung auf ein besseres Leben geleitet als vielmehr von der Angst vor Übergriffen. Gravierender ist, daß der Grenzverlauf und die Verteilung der Öleinnahmen nicht geklärt sind. Sowohl der Süden als auch der Norden sind von Einnahmen aus dem mehrheitlich im Süden lagernden Vorräten abhängig. Weiterlesen … »

Waffen für den Krieg

Heckler & Koch lieferte Sturmgewehre an mexikanische Sicherheitsbehörden

Wie verschiedene Medien berichteten, wurden am Dienstag dem 21.12.2010 die Geschäftsräume des deutschen Waffenproduzenten Heckler & Koch im schwäbischen Oberndorf/Neckar durchsucht. Bereits im April hatte Jürgen Grässlin, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.), Strafanzeige gegen H&K gestellt. Im Dezember trat nun der langjährige H&K-Rüstungsexportbeauftragte Peter Beyerle zurück. Kurz zuvor erschien eine Reportage im ARD-Magazin „Report“ über die angeblichen Waffendeals mit den mexikanischen Behörden. Seit Ausbruch schwerer Kämpfe in einigen Provinzen Mexikos gibt es eine Ausfuhrbeschränkung für Kriegswaffen in diese Regionen, so auch für das H&K Sturmgewehr G36. Aufnahmen zeigen aber sowohl paramilitärische Polizeieinheiten im Einsatz, wie in der Ausbildung an diesem Gewehr. In einem Interview mit der Jungen Welt bezeichnet Jürgen Grässlin, die nun vorliegenden Faktenlage als erdrückend. 

Die Trickkiste des Überlebenskünstlers

Zerfallserscheinungen der italienischen Demokratie
Schwarzer Rauch über Rom <br/>Foto von Cau Napoli
Schwarzer Rauch über Rom Foto von Cau Napoli

Wider vieler Erwartungen hat der umstrittene italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Italien eine Mißtrauensabstimmung im italienischen Abgeordnetenhaus knapp überstanden. Dafür musste er jedoch nicht die Mehrheit der Abgeordneten auf sich vereinen: 314 von 625 Stimmen reichten bei 630 Abgeordneten, 311 stimmten für den Mißtrauensantrag. Zuvor war eine Gruppe um Gianfranco Fini aus seiner Fraktion ausgetreten, so daß Berlusconi nicht mehr die Mehrheit in der Kammer besaß. Die Opposition warf ihm bei dem knappen Ergebnis Stimmenkauf vor.

Bei einer Niederlage und darauf folgenden Neuwahlen wäre allerdings fraglich geblieben, ob der Medienzar nicht doch hätte weiter regieren können. Denn bereits 2005 wurde eine Wahlrechtsreform verabschiedet, welche nach dem Vorschlag von Roberto Calderoli erarbeitet wurde, der Mitglied der rechtspopulistischen Lega Nord ist. Diese gibt der stärksten Fraktion in beiden Parlamentskammern automatisch die absolute Mehrheit der Sitze, so daß selbst eine Minderheitsregierung stabil regieren kann. Kritiker meinen, Italien habe sich mit dieser Reform bereits von einer echten Demokratie verabschiedet. Weiterlesen … »

Märchenstunde

Die deutsche Beihilfe zur Rechtfertigung des Irakkriegs

Viel ist darüber geschrieben worden, wie die amerikanische Regierung versuchte, den Irakkrieg mit vorgeblichen Belegen für Massenvernichtungswaffen zu rechtfertigen: ein Lehrbuch über Betrug durch Regierungen. Doch auch die deutsche Regierung unter Schröder, die sich öffentlich von dem Krieg distanzierte, hat hinter den Kulissen an den Märchen mitgestrickt. Bereits im März 2008 stellte der Spiegel dar, wie der Bundesnachrichtendienst einem Exiliraker in der Rolle des Lügenbarons Informationen abkaufte, welche den Amerikanern als zentraler Beleg für ein verdecktes Waffenprogramm diente. Dabei haben weder der BND noch die Amerikaner die Quelle überprüft, frei nach dem Motto: Wer suchet, der findet. Die ARD hat nun eine Sendung über den Fall ausgestrahlt, die den Zusammenhang nochmals darstellt. Bislang mußte sich niemand im Sicherheitsapparat für die Kriegslügen verantworten. Vielmehr zahlte der BND dem irakischen Informanten weiterhin ein Schweigegeld. Erst vor kurzem wurde das »Arbeitsverhältnis« beendet. Weiterlesen … »

Schwere Hypothek

Wie der Den Haager Prozess gegen Charles Taylor in Liberia gesehen wird
Straßenszene in Liberia <br/>Foto von tweefur
Straßenszene in Liberia Foto von tweefur

Das Land Liberia geht auf die Idee zurück, die Nachkommen von afrikanischen Sklaven in den USA wieder in Afrika anzusiedeln und einen eigenen Staat zu errichten. Wenig erstaunlich führte dies zu Konflikten mit der lokalen Bevölkerung und Jahrzehnten der Instabilität und des Bürgerkriegs. Einer der Figuren, die in dem grausamen Bürgerkrieg von 1990 bis 2003 besonders auffiel, war der liberianische Präsident Charles Taylor. Dabei ist sein Einfluß auf den Krieg im benachbarten Sierra Leone, finanziert durch so genannte Blutdiamanten, unvergessen. Für die dort begangenen Verbrechen steht er in Den Haag vor Gericht, doch eine Verurteilung ist keineswegs ausgemacht, da die Beweisführung schwierig ist. Peter Schreiber berichtet aus Monrovia, wie das Verfahren in Liberia aufgenommen wird. Kritisiert wird u.a. die einseitige Fokussierung auf den Krieg in Sierra Leone. Taylor hat dort noch immer viele Anhänger.

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