Presseschau Buch

Die verlorene Generation

Sanktionen destabilisierten den Irak bereits vor der US-Besetzung
Pumpen wie diese am Tigris konnten während der Sanktionen nicht instand gesetzt werden <br/>Foto von The National Guard
Pumpen wie diese am Tigris konnten während der Sanktionen nicht instand gesetzt werden Foto von The National Guard

Kaum jemand bezweifelt, daß die amerikanische Besatzung des Irak ein Desaster war – doch als Ursache wird meist lediglich die ethnische und religiöse Zerklüftung der irakischen Gesellschaft gesehen, die neben dem Widerstand gegen die Besatzung zu einem Bürgerkrieg geführt hat. Doch Andrew Cockburn macht in einem Beitrag in der Le Monde diplomatique die Sanktionen nach dem Zweiten Golfkrieg 1991 für die Situation verantwortlich. Diese haben, nachdem der Krieg bereits die zivile Infrastruktur des Irak zerstörte hatte, einen Wiederaufbau erschwert und die Einfuhr selbst offenkundig ziviler Güter verhindert: Pumpen für die Wasseraufbereitung fehlten ebenso wie Medikamente, so daß die Kindersterblichkeit sich binnen weniger Jahre vervielfachte. Weiterlesen … »

Marktversagen oder Theorieversagen

Wie man den Finanzsektor verstehen kann

Die Finanzkrise wurde zu einem erheblichen Teil ausgelöst durch eine Geldschwemme, die ganz wesentlich auf die Ungleichverteilung von Vermögen zurückzuführen ist. Es ist aber umstritten, ob das Problem des vielen Geldes einerseits, der begrenzten realwirtschaftlichen Anlagemöglichkeiten andererseits damit schon erklärt ist: Handelt es sich bei dem in den letzten Jahren aufgeblähten Finanzsektor also um einen institutionalisierten »Betrug«?

Für Lucas Zeise liegt die entscheidende Frage jedoch woanders: Wie kann es sein, dass ein Teil der Wirschaft, eben der Finanzsektor, über viele Jahre hinweg weit überdurchschnittliche Gewinne verbuchen konnte. Das dürfte nach den gängigen Theorien nämlich gar nicht der Fall sein, denn hohe Gewinne ziehen eine verstärkte Konkurrenz und damit eine Angleichung der Profite an den Durchschnitt nach sich. Das hat schon Marx gelehrt, aber auch die klassische und neoklassische Sichtweise gehen davon aus. Weiterlesen … »

Studium und Protest

Unbedingte Veröffentlichungen zur Universität

Gerade veröffentlicht der in Berlin und Zürich ansässige Verlag diaphanes unter dem Titel „Unbedingte Universitäten“ gleich vier Bände zur Institution und Idee der Universität. Herausgeber der Reihe ist ein aus der jüngsten Protestbewegung hervorgegangenes Kollektiv Münchner Studentinnen und Studenten.

Zwei der Bände versammeln einmal aktuelle und einmal historische Beiträge namhafter Intellektueller zum Thema. Zwei weitere Bände beziehen sich zusammenhängend auf Prinzip, aktuelle Lage und mögliche Entwicklungsrichtungen der Universität. Weiterlesen … »

Überwachen und Strafen im 21. Jahrhundert

Ein neues Buch zu Armut und Justiz
Überwachen und Strafen im 21. Jahrhundert

Wie ist es zu erklären, dass in den USA die Kriminalitätsrate seit 30 Jahren praktisch konstant ist - und dennoch das Bedürfnis nach Sicherheit immer mehr zunimmt? Natürlich wird hier von Politikern geschickt auf der Klaviatur der menschlichen Ängste gespielt. Immer neue Strafrechtsverschärfungen suggerieren dem »braven Bürger«, er sei von ständig wachsenden Bedrohungen umgeben. Ein sich selbst verstärkender Teufelskreis, der dann zu so absurden Folgen wie Gefängnishaft für öffentliches Urinieren führt.

Doch damit allein gibt sich Loïc Wacquant nicht zufrieden. Vielmehr sieht er einen direkten Zusammenhang zwischen zunehmender sozialer Unsicherheit einerseits und ebenfalls anwachsender staatlicher Repression andererseits, wie die WOZ in ihrer Rezension schreibt: Weiterlesen … »

Explosive Unterschiede

Eine Studie über die Folgen sozialer Ungleichheit
 <br/>Foto von Zwitausendeins
Foto von Zwitausendeins

Die taz interviewt Kate Pickett von der Universität im englischen York zu einer Studie, die sie zusammen mit  Richard Wilkinson schrieb. Diese versucht auf Grundlage sehr umfassenden statistischen Materials einen Zusammenhang zwischen sozialer Ungleichheit und gesellschaftlichen Problemen anhand diverser Indikatoren wie Kriminalität zu belegen. Im Vergleich der Daten aus zahlreichen Staaten wird erstmals der Beweis erbracht, daß Ungleichheit zu einer schlechteren Lebensqualität in Gesellschaften führe, die ebenso die Reichen und Priviligierten beträfe, meint die Autorin gegenüber der taz. Dies liege auch an dem Stress, den der Kampf um sozialen Status auslöse. Kritisch sieht eine Rezension von Wolfgang Kersting in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die irreführende deutsche Übersetzung des Titels.

Rechte Renaissance

Ein Buch über den Neofaschismus in Ungarn
Plakate der ungarischen Jobbik-Partei <br/>Foto von Jo Peattie
Plakate der ungarischen Jobbik-Partei Foto von Jo Peattie

In Ungarn formiert sich mit wachsendem Erfolg eine rechtsradikale Bewegung. Ihr politischer Arm »Jobbik« wurde bei den EU-Wahlen drittstärkste Kraft. Gleichzeitig wurde mit der Ungarischen Garde eine Miliz aufgebaut, die vor allem in ländlichen Regionen auftritt.

Neben christlich-konservativen Werten steht die Bewegung für die Wiederkehr eines Großungarn in den Grenzen von vor 1919; daneben profiliert sie sich mit Aktionen gegen die Minderheit der Roma. In vielerlei Hinsicht bedient sie sich offen der Symbolik und Ideologie des Faschismus.

In der österreichischen Zeitung Die Presse ist nun ein Vorabdruck aus »Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa« der beiden Autoren Gregor Mayer und Bernhard Odehnal erschienen.

Spione mit Nebentätigkeit

Ein Buch über die Verquickung von Nachrichtendiensten und Unternehmen
 <br/>Foto von Dunechaser
Foto von Dunechaser

Dass amerikanische Geheimdienste wie der auf technisches Abfangen von Daten spezialisierte NSA Wirtschaftsspionage für amerikanische Firmen betreibt, ist seit langem bekannt. Nun hat der amerikanische Journalist Eamon Javers ein Buch über die Schwierigkeiten von CIA-Agenten geschrieben, zwischen Agententätigkeit und privaten Beratungsdiensten zu unterscheiden. Die Agentur in Langley tolleriere diese Zuverdienste, um die Abwanderung ihrer Mitarbeiter in den lukrativeren privaten Sektor vorzubeugen,  wie Mathias Schneider, WDR-Korrespondent beim ARD-Hörfunkstudio New York, berichtet.