Presseschau Wirtschaft

Ohne Strom

Zum Bürgerkrieg in der Ukraine

Ein in den Diskussionen zum Bürgerkrieg in der Ukraine etwas unterbelichtetes Thema ist bislang die ökonomische Lage. Dabei steht die Ukraine vor dem Kollaps. Einerseits ist das bedingt durch die Zerstörungen im Verlauf der Kämpfe, andererseits durch den maroden Staatshaushalt und die gestoppten Lieferungen aus Russland. Vor allem die Energieversorgung wird wohl auf Jahre hinaus schwierig bleiben.

Im Schatten von TTIP

Ein Freihandelsabkommen mit Afrika

Das aktuell verhandelte nordatlantische Freihandelsabkommen stößt auf großes Interesse und breite Kritik. Fast unbemerkt wurde parallel dazu von der EU ein Abkommen mit mehreren südafrikanischen Ländern ausgehandelt. Dabei geht es u. a. um die Marktöffnung für Agrarprodukte aus der EU. Allerdings sind die Details unbekannt, da die Europäische Kommission den Vertrag nicht veröffentlichen will - noch nicht. Das macht aber eine Bewertung oder gar Proteste fast unmöglich, wie Jost Maurin festhält. Brisant ist das Vertragswerk vor allem im Hinblick auf die subventionierten Agrarerzeugnisse, die nun den afrikanischen Markt überschwemmen und damit lokalen Produzenten ihre wirtschaftliche Grundlage entziehen könnten.

Korruption im Schatten des Glanzes

Zur Rolle der FIFA im Weltfußball

Jens Berger hat eine lesenswerte dreiteilige Artikelreihe zur Fußball-WM verfasst. Dabei geht es aber nicht, wie allerorten üblich, um vergangene oder aktuelle sportliche Großtaten, sondern um die Strukturen im Hintergrund des Spektakels. Berger zeigt nicht nur auf, wie tief verwurzelt die Korruption im Fußballweltverband sind, sondern er fragt auch nach den Gründen. Diese liegen teilweise Jahrzehnte zurück, als Sepp Blatters Vorgänger im Amt des FIFA-Präsidenten, Joao Havelange, die Kommerzialisierung des Fußballverbands begründete.

Neben den Problemen aktuell in Brasilien thematisiert die Reihe auch die fragwürdige WM-Vergabe an Katar, insbesondere auch die Rolle, die zahlungskräftige und -willige Mitglieder des katarischen Establishments dabei spielten. Insgesamt ein absolut lesenswerter Kontrapunkt zu vielen anderen journalistischen Arbeiten, die oft nur an der Oberfläche kratzen.

Ein ewig junger Baustoff

Holzhäuser sind im Kommen
Baustoff mit Tradition
Baustoff mit Tradition Bild von G. Haas

Knapp 20 Prozent der Neubauten in Deutschland werden mittlerweile aus Holz konstruiert. Bislang gilt das aber fast ausschließlich für Ein- und Zweifamilienhäuser. Doch einige Architekten sehen auch das Potenzial für ambitioniertere Projekte. So sind in den letzten Jahren einige Hochhäuser mit einem sehr hohen Holzanteil entstanden. Mittlerweile gibt es sogar Planungen für Häuser mit bis zu 30 Stockwerken. Der Baustoff gilt nicht nur als klimafreundlich und recycelbar, sondern weist auch eine hohe Wohnqualität auf. Allerdings kosten Holzhäuser meist mehr als vergleichbare Gebäude aus Beton. In Mailand bewies ein Bauherr aber, dass sie auch im sozialen Wohnungsbau einsetzbar sind.

Stromdumping

Gabriels Pläne auf dem Prüfstand

Thorsten Hild hat die Pläne der Bundesregierung zur Neugestaltung der Energiewende analysiert. Seiner Einschätzung nach beruhen sie nicht nur auf falschen Voraussetzungen, sondern gefährden auch die wirtschaftliche Prosperität in Europa. Hild kritisiert beispielsweise die Milchmädchenrechnung, statt anteiliger Energiekosten der Unternehmen die absoluten Stromkosten als Vergleichsmaßstab heranzuziehen. Problematischer scheint ihm aber noch zu sein, dass durch die dauerhafte Gewährung der Rabatte der Anreiz für die Unternehmen, in Energieeffizienz zu investieren, verloren gehe. Schließlich droht die privilegierte Behandlung deutscher Unternehmen, den europäischen Konkurrenten einen ungerechtfertigten Wettbewerbsnachteil zu verschaffen.

Inside Wall Street

Ein Ex-Broker erzählt
Inside Wall Street
Bild von LendingMemo

Sam Poke war lange Jahre erfolgreicher Broker in New York. Er hat bei Banken und Hedgefond gearbeitet. Irgendwann merkte er, dass das nicht sein Leben ist und kündigte. In mancher Hinsicht ist seine Geschichte eine typisch amerikanische: Von unten nach oben arbeiten. Und wenn man schon aussteigt, will man gutes tun - und darüber reden. Ein Beispiel also dafür, dass jemand die krassen Auswüchse eines ungebremsten Kapitalismus hautnah kennnelernt, ohne das System grundlegend infrage zu stellen. Man könnte auch sagen: Ein Beispiel dafür, wie jemand finanzielles Kapital gegen Prestige eintauscht. Interessant ist das aber insofern, weil es einen unmittelbaren Einblick in die Denkweise und die Motive derjenigen gibt, die täglich Milliardensummen bewegen, ohne nach den Konsequenzen für »die Welt da draußen« zu fragen.

Gesundschrumpfen bei den Waffenschmieden

Zur Lage und Zukunft der deutschen Rüstungsindustrie
Gesundschrumpfen bei den Waffenschmieden
Bild von Andrew-M-Whitman

Aktuell hat die größte deutsche Rüstungsfirma, EADS, einen massiven Stellenabbau angekündigt. Das wirft ein Schlaglicht auf den Zustand einer Branche, die nach den für sie goldenen Zeiten des Kalten Kriegs mit drastischen Ausgabenkürzungen bei westlichen Armeen kämpft. Sie selbst führt eine Reihe von Gründen an, warum sie auch ohne unmittelbare Bedrohungsszenarien noch immer staatliche Unterstützung verdient. Demnach sei sie wichtig für die Innovationskraft des Industriestandorts Deutschland, sie sichere tausende Arbeitsplätze und sei politisch-strategisch unverzichtbar.

Bei näherem Hinsehen relativiert sich freilich manches. Denn Rüstungsinnovationen sind häufig nicht zivil nutzbar, die Gelder wären also direkt in der zivilen Forschung effizienter angelegt. Und die unmittelbar in Waffenentwicklung und -bau angesiedelten Jobs belaufen sich lediglich auf ca. 17.000 Stellen, sind also volkswirtschaftlich betrachtet recht marginal. Zudem dürften viele der hochqualifizierten Kräfte verhältnismäßig leicht zivile Arbeitsplätze finden.

Die entscheidenden Fragen sind also nicht primär ökonomische, sondern hochgradig politische: Wollen wir als Land oder im Bündnis der NATO weiter out-of-area-Einsätze? Soll sich Deutschland bei Rüstungsgütern eine zumindest partielle Unabhängigkeit erhalten? Sind die Steuerzahler bereit, die dafür notwendigen Summen aufzubringen? Oder setzt man, entsprechend den Wünschen der Waffenlobby, verstärkt auf Exporte - auch in Konfliktländer? Nicht zuletzt angesichts der letzten Debakel um Rüstungsgroßprojekte wie die Drohne Euro-Hawk, den Transporter Airbus A 400 M und den Kampfhubschrauber Tiger wäre es angebracht, eine breite öffentliche Debatte über Militärfragen und speziell die heimische Rüstungsindustrie zu führen.

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