Presseschau Personen

Wandel oder Stagnation?

Die Lage in Sri Lanka

Nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg gelang es Mahinda Rajapakse als Präsident im Jahr 2009, den Konflikt mit der tamilischen Minderheit siegreich zu beenden. Diesem Erfolg stehen aber auch gravierende Fehlentwicklungen und Probleme gegenüber, weshalb er im Januar die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen gegen seinen Herausforderer Sirisena verlor. So kam es besonders in der Endphase des Bürgerkriegs zu schweren Menschenrechtsverletzungen, die bis heute nicht aufgeklärt sind. Generell gelang keine politische Lösung der Autonomiefrage in Bezug auf die Minderheit. Hinzu kam, dass Rajapakse zunehmend autoritär regierte und dem Nepotismus Vorschub leistete.

Christian Wagner hält in seiner Analyse der Situation fest, dass auch der neue Präsident mit ernsten Problemen zu kämpfen haben wird. Zwar bedeute sein Sieg zugleich eine Stärkung der Demokratie in Sri Lanka. Aber die Heterogenität seiner Unterstützer mache einen nachhaltigen Wandel schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Einig war man sich bislang nur im Widerstand gegen den alten Präsidenten. Die singhalesischen Nationalisten vertreten vielfach ganz andere Interessen als die Parteien der tamilischen und moslemischen Minderheiten. Das gilt etwa in Bezug auf die regionale Autonomie, aber auch hinsichtlich der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen. Es bleibt daher vorerst offen, wie sich das Land weiter entwickeln wird.

Riss durch Spanien

Katalonien will seine Unabhängigkeit erzwingen
Riss durch Spanien
Bild von tetegil

Seit dem Ende der Franco-Diktatur wird immer wieder um weitgehende Autonomierechte für einige spanische Regionen verhandelt. Besonders brisant ist das im Fall Kataloniens, denn das Gebiet ist von eminenter wirtschaftlicher Bedeutung für Spanien. Dabei kann die Regionalregierung auf eine breite Unterstützung der Katalanen bauen, die kürzlich eine spektakuläre Menschenkette mit weit über einer Million Beteiligten bildeten. Im zweiten Halbjahr 2014 soll nun nach dem Willen der Regionalregierung eine Abstimmung über die Unabhängigkeit stattfinden. Die Zentralregierung unter Regierungschef Rajoy dagegen spricht sich massiv dagegen aus und ist offenbar bereit, dieses Votum mit allen Mitteln zu verhindern.

Al-Jazeera von innen

Wie ein kritischer Sender sich wandelt

Al Jazeera galt viele Jahre als das journalistische Aushängeschild der arabischen Welt: Kritisch, unabhängig, professionell. Aktham Suliman, ehemaliger Mitarbeiter des Senders, ist vor einiger Zeit dort ausgestiegen, denn er beklagt die zunehmende Instrumentalisierung für politische Zwecke. Das zeige sich insbesondere im Zusammenhang mit dem arabischen Frühling, der nicht zuletzt durch Medien wie Al Jazeera beeinflusst worden sei. Ein Interview als Akt der Selbstreflexion über Ethik im Journalismus und die schleichende Korrumpierung durch Geld, Ruhm und Korpsgeist.

Der lachende Dritte

Syrien, die Kurden und die Türkei

Die Fronten im syrischen Bürgerkrieg werden immer unübersichtlicher. Auf der einen Seite stehen die Rebellen aus FSA und islamistischen Milizen, auf der anderen das alte Regime. Eine Sonderrolle spielen jedoch die im Norden des Landes wohnenden Kurden. Sie orientieren sich eher auf ihre Verwandten in Irak und Türkei, im Inland versuchen sie eine schwierige Gratwanderung, die ihnen das Misstrauen beider Kontrahenten einbringt. Langfristig könnten die kurdischen Gebiete einen relativ autonomen Teil des Landes bilden, wobei sie dann eng mit der türkischen Regierung kooperieren würden. Das mag auf den ersten Blick überraschen, werden doch die Kurden in der Türkei noch immer z. T. militärisch unterdrückt. Diese Annäherung würde aber nur eine vergleichbare Entwicklung der irakischen Kurden nachahmen. Denn die hängen mittlerweile vor allem wirtschaftlich am Tropf Ankaras. Ist also am Ende die Türkei machtpolitisch ein Profiteur der Selbstzerfleischung Syriens?

»Die NSA darf in Deutschland alles machen«

Die Überwachung durch Freunde hat eine lange Tradition

Der Historiker Josef Foschepoth hat eine bemerkenswerte Studie zur Geschichte der alliierten Geheimdienste in Deutschland vorgelegt. Nun äußert er sich in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung zum aktuellen Überwachungsskandal. Dabei spart er nicht mit deutlichen Worten der Kritik sowohl an der Geheimdienstpraxis als auch an der Politik sämtlicher Bundesregierungen seit Adenauer.

Die NSA darf in Deutschland alles machen. Nicht nur aufgrund der Rechtslage, sondern vor allem aufgrund der intensiven Zusammenarbeit der Dienste, die schließlich immer gewollt war und in welchen Ausmaßen auch immer politisch hingenommen wurde. […] Letztlich ist es nur Sache der Öffentlichkeit und der Zivilgesellschaft, den nötigen Druck zu erzeugen, der in der Lage ist, die beschädigte Verfassung, die teils schlimmen gesetzlichen Regelungen und Paragrafen, nicht zuletzt die noch geltenden deutsch-alliierten geheimen Vereinbarungen zu ändern beziehungsweise abzuschaffen.

Demokratischer Frühling am Bosporus?

Zur Lage in der Türkei

Ausgegangen sind die Proteste am zentralen Taksim-Platz in Istanbul. Befeuert durch das überaus harte Vorgehen der Polizei gegen ein Protestcamp breiteten sich die Demonstrationen binnen kurzem auf zahlreiche weitere Städte der Türkei aus. Offenbar geht es den Menschen dort um mehr als nur ein paar Parkschützer, es ist nicht nur ein S21-Protest à la turquoise.

Gerrit Wustmann sieht in den aktuellen Auseinandersetzungen den möglichen Beginn einer starken Zivilgesellschaft. Und damit einen Demokratisierungsschub für ein Land, das bislang zwar mit guten Wirtschaftsdaten aufwarten konnte, nicht aber mit einer wirklich umfassenden Selbstbestimmung:

Fehlende Mitspracherechte und Meinungsfreiheit, tiefe Eingriffe in das Alltagsleben der Menschen und weitreichende politische Entscheidungen, die über die Köpfe der Bevölkerung hinweg gefällt werden, haben in den letzten Jahren den Unmut der Menschen anwachsen lassen. Die türkische Demokratie beschränkt sich weitestgehend darauf, dass man am Wahltag ein Kreuzchen machen darf. In kaum einem Land sitzen so viele Journalisten im Gefängnis wie in der Türkei, kritische Medien gibt es fast nicht, Schriftsteller und Intellektuelle, die sich kritisch äußern, werden regelmäßig vor Gericht gezerrt.

Kalter Putsch

Zur Lage in Paraguay
Straßenverkäuferin in Concepción
Straßenverkäuferin in Concepción Bild von micmol

Vor knapp einem Jahr wurde der linke Präsident Paraguays, Fernando Lugo, in einem fragwürdigen Verfahren vom Parlament abgesetzt. Anlass war ein Gefecht zwischen Kleinbauern und Polizisten, bei dem 17 Menschen starben. Nun schickt sich die Rechte an, bei den Neuwahlen von Präsident und Volksvertretung einen großen Sieg einzufahren. Dann könnten die Colorados erneut an die Macht zurückkehren, die sie bis 2008 für über sechzig Jahre besaßen. Ihr bekanntester Akteur war der jahrzehntelang brutal regierende Alfredo Stroessner.

Paraguay ist noch immer eine zutiefst patriarchale und gespaltene Gesellschaft. Armut, wirtschaftliche Rückständigkeit und eine weit verbreitete Korruption grassieren im Land. Die zaghaften Reformversuche Lugos etwa im Bildungsbereich drohen nach der Wahl endgültig rückgängig gemacht zu werden. International gab es insbesondere in den lateinamerikanischen Staaten große Vorbehalte gegen den erzwungenen Rücktritt Lugos. Mittlerweile hat man sich aber im Ausland damit abgefunden und sucht nun den Schulterschluss mit den kommenden Machthabern.

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