Presseschau Organisationen

In die Krise gespart

Zwei Ansätze für eine Lösung

Die aktuelle Situation in Griechenland ist absolut dramatisch - und wird sich voraussichtlich weiter verschlechtern. Ein Schuldenschnitt wäre allerdings nicht notwendig die beste Lösung. Denn aufgrund der aktuellen Gläubigerstruktur - einen Großteil der Staatsschulden halten griechische Banken oder internationale Institutionen - wäre das mit besonderen Schwierigkeiten verbunden. Die inländischen Gläubiger müssten bei einem haircut wiederum selbst unterstützt werden, EZB und IWF dürfen nach ihren Statuten auf eine Rückzahlung nicht verzichten. Ein Verzicht der anderen europäischen Staaten, die direkt involviert sind, würde dagegen nur eine geringe Entlastung bringen. Sinnvoller erscheint daher die Umwandlung der Kredite in langfristige und anfangs zinslose Darlehen. Damit würde Griechenland wieder finanzpolitischen Spielraum gewinnen, mit dem dann die Konjunktur angekurbelt werden könnte.

Jenseits dieser Überlegungen, die sich primär auf den Staat konzentrieren, gibt es auch noch andere Ansätze. So beispielsweise die sog. »Kartoffelbewegung«: Sie will durch selbstorganisierten, nicht profitorientierten Handel Verbrauchsgüter preiswerter verfügbar machen. Elias Tsolakidis ist einer der Gründer und gab gerade eine Einschätzung der griechischen Verhältnisse ab. Man muss sicher nicht alle seine Ansichten teilen; aber es ist doch interessant zu lesen, wie massiv die Sparmaßnahmen die Bevölkerung treffen.

Süßer die Kasse nie klingelt

Steinbrück, ein Mann der großen Zahlen
Reden ist Gold: Peer Steinbrück
Reden ist Gold: Peer Steinbrück Bild von VoThoGrafie

Seit einigen Tagen ist es nun entschieden: Peer Steinbrück wird Kanzlerkandidat der SPD. Kurz vor der Entscheidung hat er sich noch mit einem Aufsatz ins Gespräch gebracht, der eine gewisse Regulierung der Finanzbranche vorsieht. Und jüngst forderte er mehr soziale Gerechtigkeit ein. Leider geht in den Medien dadurch bisweilen unter, dass Steinbrück als Finanzminister in hohem Maße für die Entfesselung der Finanzmärkte gesorgt hat.

Nun ist er noch wegen einer anderen, aber damit verbundenen Angelegenheit ins Gerede gekommen: Allein in der laufenden Legislaturperiode hat er 73 Vorträge gehalten, für die er jeweils mindestens 7.000 Euro kassierte, möglicherweise auch weitaus mehr. Viele davon fanden bei Banken und Finanzdienstleistern statt und wurden auch von diesen Privatinstituten bezahlt. Das werfe natürlich die Frage nach Steinbrücks Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit auf, meint Tom Strohschneider.

Frieden durch Abschreckung?

Zu den Atomwaffen im Kalten Krieg - und danach
Atomwaffentest
Atomwaffentest Bild von vaXzine

Der Historiker Eckart Conze - einer breiteren Öffentlichkeit durch seine Mitwirkung an »Das Amt« bekannt geworden - analysiert die Rolle der Atomwaffen im Kalten Krieg. Das häufig formulierte Argument, gerade die extreme Vernichtungskapazität dieser Bomben habe den Frieden gesichert, stellt er dabei in Frage. Denn das setze voraus, dass alle Beteiligten rational handeln, also die Folgen ihrer Entscheidungen abwägen würden. Das sei zwar damals so gewesen, ist aber keineswegs selbstverständlich. Gerade heute, in einer zunehmend unübersichtlicher werdenden Welt, könne davon immer weniger ausgegangen werden.  Hinzu komme, dass der Kalte Krieg immer ein äußerst prekärer Frieden war: Die zahlreichen, schweren Krisen zeigten das. Hinzu komme noch die enorme wirtschaftliche Belastung durch die massive Aufrüstung. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass es mehrfach gerade auch in der BRD starke Friedensbewegungen gab, die sich mit ihren Anliegen aber nicht durchsetzen konnten.

Kommentar

Sicher hat Conze Recht mit seiner Betonung, dass der Kalte Krieg, gerade im Rückblick, stabiler scheine, als er war. Und ja: Die Kosten der Rüstung allein richteten schon extreme Schäden an, ohne dass die Bomben überhaupt eingesetzt wurden. Das bedeutet aber zugleich, dass irgendwer von dieser Aufrüstung auch enorm profitierte: Sei es die westliche Industrie oder das sowjetische Pendant eines bürokratischen Apparats. Vor allem aber sieht Conze heute die Gefahr vor allem in Regimes wie Iran oder in einem möglichen Nuklearterrorismus begründet. Das wäre noch zu hinterfragen. Denn Fakt ist: Der bis heute einzige Einsatz von Atomwaffen im Krieg wurde von der Regierung eines demokratischen westlichen Landes angeordnet. Und umgekehrt: Warum geht er davon aus, dass die Regierung in Teheran nicht rational handelt? Man muss die Ziele dieses Regimes ja nicht teilen oder verteidigen - aber es wäre kaum seit über 30 Jahren an der Macht, wenn es sich irrational verhalten hätte. Vielmehr zeigen viele Fälle aus der jüngeren Vergangenheit ja gerade, dass es rational agiert. Und dazu gehört unter Umständen auch der Wille, Atomwaffen zu besitzen. Im Übrigen war bis dato noch keine Terrorgruppe in der Lage, sich Atomwaffen zu beschaffen oder gar einzusetzen. 

Krieg der Kulturen?

Über den angemessenen Umgang mit gezielter Provokation

Florian Rötzer widmet sich der Frage, wie Medien, Politik und letztlich die Bevölkerung selbst Provokationen begegnen sollen. Gerade am Beispiel des neuen Mohammed-Films wird die Problematik des Ganzen deutlich. Den Film selbst nutzen radikale Islamisten, um Hass gegen »den Westen« zu schüren. Hierzulande wiederum instrumentalisieren Gruppen wie die islam- und ausländerfeindliche Partei Pro Deutschland genau diesen Hass und die damit verbundenen Gewaltakte, um ihrerseits Hass zu produzieren. Die Mechanismen der Massenmedien wiederum dienen schon allein durch ihre Berichterstattung genau diesen, eigentlich marginalisierten Gruppen. Denn sie können jetzt eine enorme Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Eine Lösung des Dilemmas ist dagegen nicht in Sicht. Weder sei es akzeptabel, den Film zu verbieten, noch, über die Ereignisse nicht zu berichten. In beiden Fällen wäre die Meinungsfreiheit in Gefahr. Am sinnvollsten scheint da noch ein unaufgeregter, nüchterner Blick zu sein. 

Die enteignete Revolution

Was ist aus dem arabischen Frühling geworden?
Protestdemo gegen die Reformverschleppung. Tahrirplatz Kairo, am 8. Juli 2011
Protestdemo gegen die Reformverschleppung. Tahrirplatz Kairo, am 8. Juli 2011 Bild von mmoneib

Werner Pirker analysiert den Stand der Dinge in den arabischen Ländern: Wohin haben sich die Revolutionen entwickelt, und warum? Besonderes Augenmerk richtet er dabei auf die Politik des Westens. Dieser habe dem Wandel anfangs eher skeptisch gegenübergestanden, da die jahrzehntelang erprobte Kooperation mit den autoritären Eliten in Gefahr geriet. Später habe man sich stattdessen darauf verlegt, die Neuordnung zumindest nachhaltig zu beeinflussen.

Als entscheidenden Wendepunkt sieht Pirker den Fall Bahrain: Eine Volksbewegung wurde hier von den reaktionären Golfdynastien brutal unterdrückt. Und die USA, die eng mit dem Regime zusammenarbeiteten, auch wegen der großen Militärbasis vor Ort, schauten zu. In Libyen dann nahm man mittels direkter Militärintervention massiv Einfluss, ähnliches steht in Syrien bevor. Von zentraler Bedeutung ist schließlich Ägypten als bevölkerungsreichstes Land der Region. Hier erstickte erst die westlich unterstützte Armee die Volksbewegung, dann übernahm die Organisation der Muslimbrüder die Macht. Deren Charakter erscheint zwiespältig: »Sie hat zwei Gesichter, das eine ist der Demokratie zugewandt, das andere der Oligarchie.« Es bleibt jedenfalls vorerst offen, ob die Umwälzungen schon beendet sind oder es einen neuen revolutionären Schub geben wird.

Schatten der Vergangenheit

Frankreichs und Großbritanniens Politik gegenüber Syrien
Die Aufteilung des Nahen Ostens
Die Aufteilung des Nahen Ostens Bild von Ian Pitchford

Ähnlich wie Obama hat nun auch Frankreichs neuer Präsident Hollande offen von einem möglichen Militäreinsatz des Westens gesprochen. Dabei gehe es um humanitäre Erwägungen. Außerdem regte er die Bildung einer Gegenregierung an und versprach dieser Unterstützung.

In der Tagesberichterstattung ging dabei weitgehend unter, dass Frankreichs Einmischung in der Region keineswegs neu ist. Schon während des Ersten Weltkriegs bemühte sich das Land erfolgreich um Einflussnahme. Im Rahmen des Sykes-Picot-Abkommens sicherte man sich den Zugriff auf Syrien und den Libanon, während gleichzeitig Großbritannien der Irak, Jordanien und weitere Teile des Nahen Ostens zufallen sollten. Bis dahin war die Region vom Osmanischen Reich beherrscht worden, das nach seiner Niederlage die Kontrolle an die beiden Siegermächte übergeben musste. Besonders pikant an der diplomatischen Initiative war, dass die Briten zugleich den Arabern für ihre Waffenhilfe politische Unabhängigkeit versprachen. Nach den Kämpfen war davon dann freilich keine Rede mehr. Genausowenig, wie die Franzosen bereit waren, den Syrern Autonomierechte zu gewähren.

Diese Vorgeschichte sollte man berücksichtigen, wenn über Interventionen nachgedacht wird. Denn sie zeigt zweierlei: Einmal, dass es dabei immer auch um handfeste Eigeninteressen der fremden Mächte geht. Und zweitens, dass diese gern mit schönen Versprechen an die betroffene Bevölkerung bemäntelt werden. Schon die Kontrolle über Syrien wurde Frankreich seinerzeit übrigens offiziell als Mandatsgebiet des Völkerbundes übertragen – faktisch war das Land dann jahrzehntelang eine Kolonie.

Ausbeutung inclusive

Die versteckten Kosten des Pauschaltourismus
Hotelanlage bei Antalya
Hotelanlage bei Antalya Bild von Dirk-Jan Kraan

Für wenig Geld bieten Hotels an der türkischen Riviera all-inclusive-Urlaub an: Für einige hundert Euro erhält der Gast Flug, Unterkunft sowie Getränke und Essen rund um die Uhr. Diese Angebote können jedoch nur auf Kosten der Arbeitsbedingungen erstellt werden. Daher arbeiten viele zum Hungerlohn und hausen in miesen Verhältnissen. Die Hotelbetreiber versuchen durch Einschüchterung die Gewerkschaft Oleyis herauszuhalten. Doch auch die lokale Wirtschaft leidet unter dem Pauschaltourismus, denn die Gäste verlassen ihre Hotelanlage kaum noch. Johannes Höflich und Jo Angerer zeigen für WDR die story die Schattenseiten des billigen Urlaubs.

Inhalt abgleichen