Presseschau Bundesrepublik Deutschland

Mauern des Schweigens

Das Urteil des Bundesgerichtshofs erinnert an die strukturellen Probleme von Verfahren gegen Polizeibeamte
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe <br/>Foto von Kucharek
Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe Foto von Kucharek

Der Bundesgerichtshof kassierte jüngst den Freispruch für den Beamten der Polizeiwache, in der vor fünf Jahren Oury Jalloh unter merkwürdigen Umständen verbrannte. Zuvor war der Richter am Landgericht bereits durch die Mauer des Schweigens der beteiligten Beamten brüskiert. Die taz und die Süddeutsche Zeitung berichten über den Fall, bezweifeln aber den Erfolg einer erneuten Vehandlung. Das ARD-Magazin Monitor setzt sich mit dem strukturellen Problem auseinander: Die Straflosigkeit bei Straftaten durch Polizisten. Diese sei im Korpsgeist begründet und darin, daß Polizeibeamte, die gegen Polizeibeamte ermitteln, nicht unvoreingenommen seien. Eine Lösung wäre eine unabhängige Untersuchungskommission.

Regierung im Tollhaus

Noch keine Konsequenzen in der hessischen Steuerfahnder-Affäre

Nachdem Matthias Thieme von der Frankfurter Rundschau seit Juli 2009 zur Aufdeckung der hessischen »Steuerfahnder-Affäre« recherchiert, kommt der Skandal erst nach einem knappen halben Jahr ins Rollen, so daß sich die hessische Opposition und der Spiegel intensiv mit dem Fall beschäftigen. Laut Spiegel und Frankfurter Allgemeiner Zeitung macht ein Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den verantwortlichen Finanzminister Karlheinz Weimar direkt für die fragwürdigen psychologischen Gutachten verantwortlich, durch die engagierte Steuerfahnder kaltgestellt wurden, welche sich nicht mit den beabsichtigten Steuerschlupflöchern abfinden wollten, und gegen das Vorgehen klagen. Die Zwangspensionierungen seien rechtswidrig. Aufgrund der Gutachten gerät nun auch der hessische Gesundheitsminister Jürgen Banzer unter Druck.

Hessische Sumpflandschaften

Die seltsamen Wege der hessischen Finanzbehörden

Im Umfeld der hessischen Landesregierung tauchen immer mehr Seltsamkeiten auf. Nachdem die Frankfurter Rundschau die Steuerfahnder-Affäre ins Rollen brachte, wird nun gegen Michael Wolski vor Gericht unter anderem wegen Steuerhinterziehung verhandelt. Wolski und seine Frau Karin, eine der CDU nahe stehende Richterin am hessischen Staatsgerichtshof, hatten Millionenbeträge von einer reichen Witwe erhalten. Sie hatten über Jahre keine Steuererklärung abgegeben, was dem Finanzamt einfach nicht auffiel, auch wenn einer der Finanzbeamten Berater der reichen Witwe war. Zwischenzeitlich hatte Michael Wolski mit einem möglicherweise fingierten Selbstmordversuch versucht, sich aus dem Prozess zu ziehen. Der in der Steuerfahnder-Affäre unter Beschuß stehende hessische Finanzminister Karlheinz Weimar gesteht Fehler ein, und verteidigt dennoch das Vorgehen.

Merkwürdige Beziehungen

Die Bundesstaatsanwaltschaft kooperiert mit Folterstaaten
Buchara <br/>Foto von Marco Gostelli, Flickr
Buchara Foto von Marco Gostelli, Flickr

Marcus Bensmann, Zentralasien-Korrespondent der taz, folgt mit kriminalistischer Neugier den Spuren von Scherali Asisow in Usbekistan und Tadschikistan nach. Asisow wurde als mutmaßlicher Terrorist in Usbekistan verhaftet und sitzt in Buchara ein. Dort wurde er von der deutschen Bundesanwaltschaft als Zeuge des »Sauerland-Prozesses« befragt, in dem es um geplante Anschläge in Deutschland geht. Diese werden mit der Islamischen Dschihad-Union in Verbindung gebracht, die aber nach Recherchen von Monitor [1|2] möglicherweise eine Erfindung des usbekischen Geheimdienstes ist. Bensmann versucht in der taz, den Spuren Asisows in seiner Heimat nachzugehen und stellt die Ermittlungserbnisse in Frage, ebenso wie die Befragung durch deutsche Ermittler in dem erwiesenen Folterstaat Usbekistan. Weiterlesen … »

Schattengewächs

Die fragwürdingen Tendenzen der Sondereinheit der Bundeswehr
 <br/>Foto von andybooHH, Flickr
Foto von andybooHH, Flickr

Jürgen Rose, kritischer Oberstleutnant der Bundeswehr schreibt in der aktuellen Ausgabe des Freitag über die geheime Sondereinheit der Bundeswehr KSK. Diese habe zu dem Bombardement von Kunduz die entscheidenden Lageinformationen gegeben. Die »hermetische Abschottung« der Truppe bis hin zu angedachten nachrichtendienstlichen Verdeckungsmethoden entspreche nicht dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform. Einer demokratischen Öffentlichkeit werde die Möglichkeit der Kontrolle genommen.

Verschärfend tritt hinzu, dass die Führungsverantwortlichen in den deutschen Streitkräften die Kommandosoldaten einem professionellen Anforderungsprofil unterworfen haben, das Züge eines extremen Militarismus, eines überhöhten Kriegerkultes und eines ins Faschistoide changierenden Männ­lichkeitsbildes aufweist.

Die Bundesregierung schwimmt

Neue Erkentnisse in der Affäre um das Kunduz-Bombardement setzten die Regierung unter Druck
Kamele bei Kunduz <br/>Foto von Spangleddrongo
Kamele bei Kunduz Foto von Spangleddrongo

Die Süddeutsche Zeitung und der Stern fassen vor Beginn des Untersuchungsausschusses zur Kunduz-Affäre den Stand der Ermittlungen und der Debatte zusammen. Der für den Luftangriff in Kunduz verantwortliche Offizier Oberst Klein habe demnach unter Stress gehandelt und formuliert, daß er die Taliban »vernichten« wolle. Wie der Stern herausfand, hat er zudem versucht, die Ermittlungen zum Angriff zu behindern. Der neue Verteidigungsminister gerät dabei immer mehr unter Druck. Der scheidende Generealinspekteur der Bundeswehr bezichtigt in einem Interview mit der Zeit Theodor Guttenberg der Lüge, ihn falsch unterichtet zu haben. Deutschlandfunk Hintergrund porträtiert Guttenberg zum Thema. Die Affäre offenbart immer mehr ein Gewebe von Falschheiten und stellt die Kompetenz der Regierung jenseits der Fähigkeit zum Rudern in Frage.

Das Zentrum einer falschen Politik

Wie die Unterstützung des Westens für korrupte Warlords die Bevölkerung in den Widerstand treibt
Miliizen bei Mazar-i-Scharif <br/>von Olivier_P, Flickr
Miliizen bei Mazar-i-Scharif von Olivier_P, Flickr

Marc Thörner berichtet für das Deutschlandfunk Feature über Menschenrechtsverletzungen im Einsatzgebiet der Bundeswehr in Afghanistan. Demnach betreibe der Provinzgouveneur und vormalige Warlord Mohammad Atta Nur Drogengeschäfte und ethnische Politik in seinem von Kabul weitgehend unabhängigen Herrschaftsbereich. Die Verantwortung für Menschenrechtsverletzungen wird jeweils anderen Kräften zugeschoben. Die Bundesregierung liefere dazu systematisch falsche Informationen an die Öffentlichkeit und verschweige Übergriffe amerikanischer Soldaten gegen paschtunische Dörfer im Interesse der Provinzgouverneure. Die Angriffe, Morde, Menschenrechtsverletzungen und Landraub durch Atta und Dostum treibe die Paschtunen im Norden in den Widerstand, wie der Autor von Kämpfern erfährt.

Inhalt abgleichen