Presseschau Wirtschaft

»Der Tod ist ein Meister vom Bodensee«

Die Rüstungsindustrie in der Grenzregion
Komponenten vom Bodensee: Eurofighter
Komponenten vom Bodensee: Eurofighter Bild von Bundeswehr-Fotos

Panzer, Kriegsschiffe, Raketen, Kampfhubschrauber - bei der Herstellung all dieser Waffen sind gut 15 deutsche und schweizer Firmen rund um den Bodensee beteiligt. Sie beschäftigen zusammen rund 7.000 Mitarbeiter. Die Rüstungsindustrie kann auf eine lange Tradition in der Region zurückblicken. Schon im Ersten Weltkrieg - und später im Zweiten - baute sie hier Waffen. In den letzten Jahren sorgte für Aufsehen, dass einschlägige Güter auch in aktuellen Konflikten eingesetzt wurden, etwa in Libyen. Trotz strenger gesetzlicher Beschränkungen kommt es immer wieder zu Exporten in Krisenregionen. Oder, wie es ein Insider formuliert: »Was wir hier bauen, fällt anderen auf den Kopf.«

Rosskur in der PS-Branche

Opel ist kein Einzelfall
Voll gegen die Wand gefahren: Opel
Voll gegen die Wand gefahren: Opel Bild von astrablog

Wieder einmal gerät Opel in die Schlagzeilen: Den Beschäftigten des Autobauers stehen drastischer Lohnverzicht, Auslagerungen und vermehrte Leiharbeit bevor. Damit soll offenbar die - bisher wenig erfolgreiche - Schrumpfkur der letzten Jahre fortgesetzt werden. In der vergangenen Dekade nahm die Zahl der Arbeitsplätze von 63.000 auf 40.000 ab. Gewerkschaft und Betriebsrat haben sich vehement gegen die Pläne des Managements gestellt: Zur Zeit durch eine Erklärung, nach der man nur gemeinsam über Einschnitte verhandle. Zuvor hatte die Konzernleitung versucht, die einzelnen Werke in separaten Gesprächen gegeneinander auszuspielen: Wer den Kürzungen nicht zustimme, verliere interne Produktionsaufträge.

Die Krise betrifft aber nicht allein Opel, sondern weite Teile der europäischen Autoindustrie. Viele Experten sind sich darin einig, dass es in Europa angesichts stagnierender oder sogar sinkender Nachfrage gewaltige Überkapazitäten gebe. Rund zehn bis fünfzehn Prozent der etwa 70 Fabriken seien überflüssig. Das beträfe dann insgesamt 250.000 Mitarbeiter. Eine ähnliche Rosskur haben die Unternehmen in den USA schon in den Jahren 2008-2010 hinter sich gebracht. Weiterlesen … »

Im Zentrum des Geldes

Die Londoner City
Die "City"
Die "City" Bild von Ben Sutherland

Die »City of London« ist eigentlich nur ein kleiner Flecken Erde, rund eine Quadratmeile Land im Stadtzentrum. Dennoch ist sie von immenser Bedeutung: Hier werden Devisen, Versicherungen und Derivate gehandelt, Börsengänge vorbereitet und etwa 50 Prozent aller weltweiten Aktienkäufe getätigt. All das ermöglichte auch die besondere Stellung innerhalb des britischen Staates. Denn schon seit dem Mittelalter gelten Selbstverwaltungsregeln, die der City einen quasi autonomen Status verschafften. Diese demokratischen Regeln haben sich freilich längst in ihr Gegenteil verkehrt: Unternehmen können bei Wahlen mit abstimmen, entsprechend der Zahl ihrer Angestellten. Damit wurde die Lokalverwaltung zur vielleicht einflussreichsten Lobbyorganisation des Landes. Die gescheiterte Regulierung des britischen Finanzsektors nach der Krise beweist, wie mächtig diese Branche nach wie vor ist.

Libyen unter der Lupe

Eine Bestandsaufnahme
Die zerstörte Stadt Sirte im Januar 2012
Die zerstörte Stadt Sirte im Januar 2012 Bild von EU Humanitarian Aid and Civil Protection

Joachim Guilliard schildert in einem ausführlichen Bericht die aktuelle Lage in dem nordafrikanischen Land. Sein Urteil fällt drastisch aus, aus mehreren Gründen:

Die Entwicklung in Libyen nach der »Befreiung« ist hier schon lange kein Thema mehr, steht nun doch mit Syrien der nächste Kandidat für einen »Regime Change« im Zentrum des Interesses. Ein Blick auf das heutige Libyen würde dabei nur stören, zeigte dieser doch – wie zuvor schon in Afghanistan und Irak – keinen positiven Wandel, sondern nur Zerstörung, Chaos, Willkür und Gewalt sowie die offensichtlichen wirtschaftlichen Interessen hinter dem Krieg.

Als Belege führt er zahlreiche durch internationale NGOs dokumentierte Menschenrechtsverletzungen an, zu denen auch Ermordungen und Folter zählen. Der Übergangsrat besitzt offenbar weder den Willen noch die Fähigkeiten, dem willkürlichen Treiben der Milizen ein Ende zu bereiten. Der Wiederaufbau des zerstörten Landes geht nur sehr schleppend voran, selbst dort, wo ausländische Konzerne ein vitales Interesse vertreten, etwa in der Ölindustrie. Ursachen dafür sind die angespannte Sicherheitslage, die unsichere politische Zukunft und bürokratische Hürden. Hinzu kommen noch Rivalitäten zwischen den einzelnen Regionen - besonders die ölreiche Ostprovinz um Bengasi verlangt mehr Autonomie. Ob der Krieg bzw. der Eingriff der NATO tatsächlich zu deren erfolgreichsten Einsätzen zählt, wie das Generalsekretär Rasmussen behauptete, bleibt noch immer zweifelhaft.

Gefangen im Atomdorf

Eine Reportage über Japans allmächtige Nuklearlobby
Aufräumarbeiten in Fukushima an der einsturzgefährdeten Einheit 4
Aufräumarbeiten in Fukushima an der einsturzgefährdeten Einheit 4 Bild von Tepco

Schon ein ganzes Jahr muß sich Japan mit den Folgen eines Erdbebens herumplagen, welches das Vorstellungsvermögen in allen Prognosen sprengte. Johannes Hano beschäftigt sich im ZDF mit den Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von Fukushima. Die Gefahren in dem Kraftwerkskomplex sind nicht gebannt, denn in den Abklingbecken des vierten Meilers lagern Brennstäbe, denen bei einem erneuten Beben der Einsturz droht. Die Folge wäre eine Kernschmelze unter freiem Himmel.

Der Bericht erscheint als Anklage gegen die japanische Atomlobby. Denn die systematische Schlamperei des Betreibers TEPCO wurde durch das »Atomdorf« gedeckt: einem Kartell aus Stromkonzernen, ihren Aufsehern, Wissenschaft und Politik. In Drehtürmanier werden Aufseher zu Managern und Manager zu Aufsehern, widersprüchliche Meinungen werden unterdrückt. Dieses Kartell ist laut dem ZDF-Report für die Katastrophe maßgeblich verantwortlich, denn die Risiken der Atomenergie durch Erdbeben wurden heruntergespielt. Hano spricht mit zahlreichen Experten – in einem ausführlichen Interview äußert der damalige Premier Naoto Kan schwere Vorwürfe gegen die Atomlobby. Weiterlesen … »

Wahlkampfrenner Millionärssteuer

Wird François Hollande den Sozialismus einführen?

Zumindest eines ist sicher: Hollande, Kandidat der französischen Sozialisten für die anstehenden Präsidentschaftswahlen, hat ein Gespür für Themen. Die Millionärssteuer dürfte darauf zurückzuführen sein. Angesichts klammer öffentlicher Kassen und immer noch bestehender Finanzspekulation ist die Idee ohne Zweifel populär. Franzosen mit mehr als einer Million Euro Jahreseinkommen sollen künftig 75 Prozent Einkommensteuer bezahlen. Wie so oft, steckt aber auch hier der Teufel im Detail. Denn tatsächlich betrifft das nur schätzungsweise 7.000 bis 30.000 Personen. Und selbst die könnten sich durch Abschreibungen arm rechnen, für ihr Einkommen unter dieser Schwelle würden sie ohnehin deutlich weniger zahlen. Der Umverteilungseffekt dürfte sich also sehr in Grenzen halten. Abgesehen davon liest sich Hollandes Programm sowieso nicht gerade revolutionär: Ein bisschen weniger sparen, eine Prise mehr Dezentralisierung - et voilà. Die von Sarkozy durchgesetzte Einbindung in die NATO beispielsweise soll dagegen beibehalten werden.

Händel um den Handel

EU-Indien-Abkommen bleibt weiter in Verhandlungen stecken
Händel um den Handel
Bild von Axel Weipert

Seit 2007 verhandeln die EU und Asiens drittgrößte Volkswirtschaft um ein Freihandelsabkommen. Doch noch immer sind viele Fragen offen, auch die aktuelle Gesprächsrunde brachte keinen Durchbruch. In Europa drängen vor allem die großen Konzerne und Lobbyverbände auf einen raschen Abschluss. Sie versprechen sich viel von dem gewaltigen Wachstumsmarkt Indien mit seinen 1,2 Milliarden Menschen. Dort gibt es jedoch – zu Recht – erhebliche Vorbehalte. Die Bauern fürchten Importe subventionierter europäischer Lebensmittel ebenso wie kleine Ladenbesitzer die Konkurrenz von Supermarktketten. Und wenn Autos nur importiert statt vor Ort gebaut werden, dürfte sich der erhoffte Technologietransfer in Grenzen halten. Die Befürchtungen haben zu umfangreichen Protesten in Indien geführt. Auch deswegen wurde das Abkommen vorerst blockiert. Schon vor einiger Zeit kam eine Studie der NGO Weed zu einem eindeutigen Fazit:

Insgesamt zeigt sich, dass das EU-Indien-Freihandelsabkommen gravierende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Existenzgrundlagen der indischen Bevölkerung haben wird und gleichzeitig den politischen Handlungsspielraum für zukünftige Regierungen erheblich einschränkt.

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