Medium Zeitungen

Eine Ballade voller Ungereimtheiten

Neue Spuren deuten auf die Verwicklung der Geheimdienste in rechten Terror
Der Rennsteig im Thüringer Wald
Der Rennsteig im Thüringer Wald Bild von Glasherz

Ein Bericht, den Andreas Förster für die Berliner Zeitung und die Frankfurter Rundschau verfasste, könnte den Fall um den NSU zu einer unverhofften Wendung führen:  Denn nach einem geheimen Report des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfVS) an den Generalbundesanwalt (GBA) vom Dezember 2011 hat das Amt gemeinsam mit dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (TLfV) von 1997 bis 2003 die »Operation Rennsteig« durchgeführt. Im Rahmen dieser, nach einem populären Thüringer Wanderweg benannten, Operation wurde der Thüringer Heimatschutz (THS) unterwandert, in dem die drei Dienste über zehn Informanten verfügten. Daher stellten einige Abgeordnete der Untersuchungsausschüsse die Frage, ob die drei Dienste den THS steuerten, welcher dann zur Keimzelle des NSU wurde. Für Empörung sorgte der Hintergrund, daß zu dem Vorgang vom BfVS nicht nur 2011 ein Teil der Akten vernichtet wurden, sondern auch der Schäfer-Kommission, die jüngst ihren Report zum Versagen der Behörden vorlegte, diese Information vorenthalten wurde. Weiterlesen … »

Stütze der Freiheit?

Gauck zur Bundeswehr
Ein "Staatsbürger in Uniform"
Ein "Staatsbürger in Uniform" Bild von Bundeswehr

Mit seiner Rede vor der Führungsakademie der Bundeswehr hat Bundespräsident Joachim Gauck viel Widerspruch ausgelöst. Er attestierte darin der Truppe, eine Stütze der Freiheit und Menschenwürde zu sein - hierzulande, aber auch im Ausland. Gauck betonte die demokratische Ausrichtung der aktuellen Armee und ihre Rolle als »Friedensmotor«. Dem setzte er zugleich die unseligen Militärtraditionen der deutschen Geschichte entgegen. Durchaus originell sah er diese vor allem verkörpert in der NVA: Einer Armee also, die im Gegensatz zur Bundeswehr nie an einem Krieg teilgenommen hat. Weiterlesen … »

Gaudi oder Trauerspiel?

Vom Boom des Pfandsammelns
Gaudi oder Trauerspiel?
Bild von Scoobay

Mittlerweile kennt sie wohl jeder: Meist ältere Damen und Herren, die mit ihren Einkaufstrolleys in Parks unterwegs sind oder die Mülleimer am Straßenrand abklappern. Immer auf der Suche nach Pfandflaschen oder -dosen. Selten sind die Folgen von Sozialabbau und Altersarmut so präsent in der Öffentlichkeit. Fast unmerklich hat sich in der allgemeinen Wahrnehmung aber ein gewisser Wandel vollzogen: Es überwiegen nicht mehr Verwunderung oder Empörung über solche Verhältnisse, wie Loidl bemerkt: »Flaschensammler werden häufig nicht mehr als Ausdruck des Versagens sozialer Sicherungssysteme gesehen, sondern als integraler Teil der Ausgeh- und Trinkkultur.« Gelegentlich wird das Ganze sogar als regelrechte Gaudi dargestellt, zum Beispiel in der Zeit.

Sabotage oder Scheitern?

Berichte zu nicht verfolgten Spuren geben dem NSU-Fall eine neue Dimension
Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln mit allen Mitteln gegen rechten Terrorismus
Polizei, Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft ermitteln mit allen Mitteln gegen rechten Terrorismus Bild von buck82

Ein halbes Jahr ist mittlerweile seit der Aufdeckung des rechtsradikalen Terrorismus des NSU in Deutschland vergangen. Seitdem wurden viele Mosaiksteine des Falls enthüllt. Doch in diesem Prozess bleibt unklar, inwieweit die zumeist geheimen Informationen gezielt in den Medien lanciert werden, hier also eine gezielte Indiskretionspolitik betrieben wird, oder ob es sich um einen Versuch handelt, nachträglich Transparenz herzustellen. Umstritten bleibt auch die Frage nach den Gründen für das Scheitern der Ermittlungen. Zwei Berichte, die bei der Süddeutschen Zeitung1 und bei Frontal21 erschienen, erweitern das Augenmerk auf die Blindheit der Ermittlungsbehörden um eine neue Dimension.

So lassen Thomas Reichert und Ulrich Stoll im ZDF in nachgestellten Szenen erkennen, daß trotz eindringlicher Zeugenaussagen die Spur zu zwei Radfahrern an den Tatorten entgegen jeder Professionalität fahrlässig ignoriert wurde. Der Beitrag vermittelt den Eindruck, Spuren seien – auch über die Perspektive des nachträglichen Wissens hinaus – ungenügend verfolgt worden. Eben mit dieser Fragestellung beschäftigt sich auch die Süddeutsche Zeitung: So zeige ein internes Auswertungsschreiben über die Arbeit der »Soko Bosporus« die Zerstrittenheit der verschiedenen Ermittlungsbehörden. Demnach haben gerade fränkische Staatsanwälte und Ermittler mit nachdrücklicher Vehemenz der Spur zu Fahrradfahrern und in die rechte Szene entgegengewirkt.

  • 1. Der vollständige Beitrag unter dem Titel »Neben der Spur. Anatomie eines Staatsversagens« ist nicht online erschienen, sondern in der Süddeutschen Zeitung vom 5.5.2012

Konflikt ohne klare Grenzen

Der Aufstand im Niger betrifft auch die benachbarten Staaten
Bamako 2005
Bamako 2005 Bild von Erwin Bolwidt

Die aufständischen Kämpfer im Norden Malis erklärten nach der Eroberung Timbuktus Anfang April ihre Unabhängigkeit. Diese Region grenzt an zahlreiche Staaten in der Sahara. Die Konfliktlinien in Mali sind unscharf, die Grenzen zu den Nachbarländern sind unüberwachbar, da sie über tausende Kilometer durch Wüstengebiete verlaufen. Über die Grenzen sind die Kämpfer im Norden eingesickert: Tuareg-Milizen aus Libyen und islamische Kämpfer aus Algerien. Die internationale Dimension stellt Philippe Leymarie in einer Analyse in der Le Monde diplomatique dar, für die auch eine anschauliche Grafik erstellt wurde. Die vom Militärputsch abgesetzte Regierung zeigte sich weder willens noch in der Lage, die Situation im Norden zu kontrollieren. Schmuggelrouten durch die Sahara ermöglichen die Finanzierung des Aufstandes, zumal die Tuareg in Mali, Niger, Algerien und Libyen ansässig sind. Eine Arte-Sendung der Reihe »Mit offenen Karten« von 2007 veranschaulicht am Beispiel des benachbarten Niger, wie ethnische Grenzen und Klimazonen Landesgrenzen überschreiten und die politische Situation in der Region prägen.

Das Schweigen der Lämmer

Fraktionsdisziplin vor Meinungsfreiheit
Das Schweigen der Lämmer
Bild von Eduardo Zotes Sarmiento

Schon lange sind die Debatten im Bundestag - und ähnlich sieht es auch in den Länderparlamenten aus - zu eher drögen Veranstaltungen verkommen. Die Argumentationen sind vorhersehbar, eine wirkliche, direkte Auseinandersetzung findet oft gar nicht statt. Nicht selten werden die »Rede«beiträge sogar nur schriftlich eingereicht. Nun hat eine ganz große Koalition aus FDP, Union und SPD einen Vorstoß gewagt, die Meinungspluralität mit Hilfe der Geschäftsordnung noch weiter zu begrenzen. Demnach sollen praktisch nur noch die Fraktionen Redner bestimmen können. Abweichende Standpunkte, wie zuletzt im Zusammenhang mit dem Euro-Rettungsschirm, dürften dann fast gar nicht mehr im Plenum vertreten werden. Ein Armutszeugnis für die Demokratie.

»Der Tod ist ein Meister vom Bodensee«

Die Rüstungsindustrie in der Grenzregion
Komponenten vom Bodensee: Eurofighter
Komponenten vom Bodensee: Eurofighter Bild von Bundeswehr-Fotos

Panzer, Kriegsschiffe, Raketen, Kampfhubschrauber - bei der Herstellung all dieser Waffen sind gut 15 deutsche und schweizer Firmen rund um den Bodensee beteiligt. Sie beschäftigen zusammen rund 7.000 Mitarbeiter. Die Rüstungsindustrie kann auf eine lange Tradition in der Region zurückblicken. Schon im Ersten Weltkrieg - und später im Zweiten - baute sie hier Waffen. In den letzten Jahren sorgte für Aufsehen, dass einschlägige Güter auch in aktuellen Konflikten eingesetzt wurden, etwa in Libyen. Trotz strenger gesetzlicher Beschränkungen kommt es immer wieder zu Exporten in Krisenregionen. Oder, wie es ein Insider formuliert: »Was wir hier bauen, fällt anderen auf den Kopf.«

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