Medium Zeitungen

Dokumentation des Leidens

Der UNO-Bericht zu Folterungen in afghanischen Gefängnissen
Gefängnis in Kandahar
Gefängnis in Kandahar Bild von The Rachel Maddow Show

Im Auftrag des Sicherheitsrats haben UNO-Mitarbeiter seit Oktober 2010 knapp 400 Häftlinge in afghanischen Gefängnissen befragt – ohne die Anwesenheit von Wärtern und in ihrer jeweiligen Muttersprache. Dabei kamen Betroffene aus zahlreichen Provinzen zu Wort, aus insgesamt 47 Anstalten der Nationalpolizei, des Geheimdienstes und anderer Behörden. Fast alle der zufällig ausgewählten Inhaftierten werden beschuldigt, in unterschiedlicher Form an Aufständen gegen die Regierung teilgenommen zu haben, einige »gewöhnlicher« Delikte; ein nicht geringer Teil weiß überhaupt nicht, warum er verhaftet wurde. Die Ergebnisse sind insgesamt erschreckend: Fast die Hälfte von ihnen wurde gefoltert. Weiterlesen … »

Krisenmanagement

Die Folgen der Erdbebenkatastrophe in Japan
Ishinomaki im September
Ishinomaki im September Bild von j808armada

Sieben Monat sind seit dem verheerenden Erdbeben in Japan vergangen. Die Trümmer sind weitgehend weggeräumt, zu denen auch die Atompolitik der deutschen Bundesregierung zählt. Während die Medien sich im Frühjahr mit Meldungen überschlugen, muß der Leser mittlerweile gezielt suchen, wenn er den Stand der Entwicklung erfahren will. Auch wenn Tepco, der Betreiber des Kraftwerkskomplexes Fukushima I, einige Erfolgsmeldungen bei der Stabilisierung vermelden kann, sind diese mit Vorsicht zu genießen: Denn ein Einblick in die geschmolzenen Kerne der drei Unglücksreaktoren ist bislang nicht möglich. Der nukleare Niederschlag hielt sich nicht an die ausgerufenen 20 sowie 30 Kilometer-Sperrkreise, sondern betrifft insbesondere eine 10 km breite und 80 km lange Schneise Richtung Nordwest. Der Bericht von Hans Schuh in der Zeit gibt den aktuellen Zustand treffend wieder. Weiterlesen … »

Staatliches Nachladen

Der mutmaßliche Bundestrojaner gibt den Kritikern der Online-Überwachung Auftrieb

Dem Chaos Computer Club (CCC) dürfte einer der größten Scoops seiner Geschichte gelungen sein: Die Offenlegung des Codes des sogenannten Bundestrojaners. Dieser soll weniger der Online-Durchsuchung als vielmehr dem Abfangen verschlüsselter Kommunikation wie beispielsweise über Skype dienen. Frank Rieger vom CCC stellt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die schwierige Rekonstruktion des Programms verständlich dar. Die Hacker kritisieren die schlampige Programmierung, die vermutlich von einem Fachunternehmen angeboten wird. Dadurch könnten Dritte auf die staatlich gehackten Rechner zugreifen, zudem sei die Beweissicherheit fraglich. Schlimmer jedoch wiegt eine verborgene Hintertür, welche das Nachladen anderer Programmbestandteile ermöglicht. Dadurch könnte der Trojaner als Mittel der Telekommunikationsüberwachung zu einer Komplettüberwachung der Zielpersonen umgebaut werden.

Konservativ oder liberal?

Polen vor der Parlamentswahl
Konservativ oder liberal?
Bild von x-oph

Die Wahl in Polen bleibt spannend: Können sich die Rechtsliberalen von Premier Donald Tusk behaupten? Es wäre das erste Mal in der jüngeren Geschichte, dass eine Regierung wiedergewählt wird. Tusks Partei PO steht außenpolitisch für eine enge Anbindung an Europa, sie vertritt eine liberale Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik. Trotz der stabilen ökonomischen Lage hat sie aber auch viele Versprechen aus dem letzten Wahlkampf nicht einlösen können. Die schärfste Konkurrenz ist die nationalkonservative PiS des Expremiers Jaroslaw Kaczynski. Inhaltlich hielt er sich merklich zurück, spielte eher die emotionale Karte. Vor allem gegen Deutschland: Angeblich plane Berlin die Einverleibung Pommerns und Schlesiens, auch an Merkel ließ er kaum ein gutes Haar.

Die Linke dagegen, repräsentiert vor allem von der SLD, ist seit Jahren notorisch schwach und dürfte auch in der neuen Regierung nicht vertreten sein. Innerparteiliche Querelen standen zuletzt mehr im Vordergrund als das politische Programm. Die Partei verspricht Mindestlöhne und eine Verbesserung des Arbeitsmarktes. Interessant dürfte das Abschneiden der neuen und betont liberalen Bewegung des PO-Abweichlers Junsz Palikot werden. Er engagiert sich – häufig durchaus medienwirksam – für die Rechte von Homosexuellen, strikten Laizismus und eine freizügigere Abtreibungsregelung.

»Fünf Millionen arbeitslose Untertanen«

Peter Hartz, ein gescheiterter Idealist

Tief gefallen ist der Mann. Gestürzt nicht wegen seines großen Projekts, sondern wegen Bestechung und unappetitlichen Sexreisen. Nach wie vor ist er davon überzeugt: Er hätte das Problem der Arbeitslosigkeit – sein »Lebensthema« – lösen können. Hätte man nur auf ihn gehört.

Heute beschäftigt sich Hartz noch immer mit seinem großen Ziel. Er liefert jetzt den »totalen Arbeitsmarkt«, nebenbei gibts mittags Carpaccio vom Rind mit Trüffelspänen. Gerhard Schröder hält ihn für einen Idealisten. Er sich selbst übrigens auch. Willkommen in der Welt des Peter Hartz.

Amerika erhebt sich

Die Protestbewegung in den USA

Als die Proteste in den USA begannen, nahmen etwa 1000 Menschen daran teil. Sie besetzten die New Yorker Wall Street und forderten das Ende der Dominanz der Finanzindustrie gegenüber der Politik und eine gerechtere Verteilung von Vermögen und Einkommen. Dieser erste Protest wurde maßgeblich von der konsumkritischen Werbeagentur „Adbusters“ und der Internetgruppierung „Anonymous“ initiiert. Die New Yorker Behörden reagierten auf ihn mit der Verhaftung von über 700 Demonstranten auf der Brooklyn Bridge.  Weiterlesen … »

Neo-Osmanen?

Die Außenpolitik der Türkei

In der jüngsten Vergangenheit hat sich die Türkei immer wieder durch diplomatische Offensiven hervorgetan. Sei es durch scharfe Kritik an Israel, durch die Einflussnahme auf den arabischen Frühling – oder durch Ansprüche auf die Erdgasvorkommen im östlichen Mittelmeer. Murat Çakr sieht dahinter Verschiebungen im Dreieck Ankara-Tel Aviv-Washington.

So wolle sich die Türkei als neue Regionalmacht etablieren; eine Konfrontation mit dem langjährigen Verbündeten Israel diene dabei der Imagepflege in den arabischen Staaten. Andererseits manövriere sich die Regierung Netanjahu durch ihre harte Linie gegenüber den Palästinensern zunehmend ins Abseits.

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