Christliche Untugend
Immer wieder treten die christlichen Kirchen als Mahner für ein soziales Miteinander in der Gesellschaft auf. Geht es aber um ihre eigenen Beschäftigten, in Deutschland immerhin 1,3 Millionen Menschen, sieht es anders aus. Dank des sog. »Selbstordnungsrechts« haben diese wesentlich weniger Rechte als ihre Kollegen in anderen Einrichtungen: Sie dürfen nicht streiken, ihre Verträge werden nicht durch Gewerkschaften ausgehandelt, und die innerbetriebliche Mitbestimmung ist ebenfalls geringer. Das hat unter anderem erheblich geringere Löhne zur Folge. Die Gewerkschaft Verdi versucht daher mit zahlreichen Aktionen diesen Missstand speziell in der evangelischen Diakonie anzugehen – gegen den erklärten Widerstand der Kirchenoberen.
Unerwünscht
Selbst die EU-Kommission rügte kürzlich die deutsche Einwanderungspolitik. Insbesondere den Nachzug von Familienangehörigen erschweren die zuständigen Behörden. Diese Praxis steht nach Meinung der Kommissarin Viviane Reding im Widerspruch zu geltenden Richtlinien der europäischen Gemeinschaft. Aber auch befristete Visa sind für Nicht-EU-Bürger nicht mehr so einfach zu bekommen. Die Regierungskoalition reagiert allerdings sehr unterkühlt auf Vorwürfe der Opposition; demnach sei die aktuelle Handhabung völlig rechtens. Noch ist der Ausgang des Streits ungewiss.
Ein lückenhaftes Abkommen
„Ein faires Verhandlungsergebnis, das vor allem unter dem Gesichtspunkt der Steuergerechtigkeit einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen beiden Staaten herstellt“ - so sieht das Bundesfinanzministerium das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, das ab 2013 in Kraft treten soll. Im Kern enthält das Abkommen die Einführung einer Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge, die sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz zu zahlen ist. Zudem soll ein verbesserter Informationsaustausch zwischen beiden Staaten die Steuerflucht deutscher Staatsbürger in die Schweiz erschweren. Weiterlesen … »
»Sie machen, was sie wollen«
Glencore ist zwar nur wenigen ein Begriff, aber dennoch ist das umsatzstärkste Unternehmen der Schweiz ein zentraler Akteur im weltweiten Rohstoffgeschäft. Metalle und Erdöl werden abgebaut und gehandelt, genauso wie Lebensmittel. Wie das im Detail aussieht, hat jetzt eine NGO genauer untersucht und darüber ein Buch veröffentlicht: »Rohstoff – Das gefährlichste Geschäft der Schweiz«.
In Sambia beispielsweise betreibt Glencore eine Kupfermine. Und obwohl der Weltmarktpreis des Metalls aktuell auf Rekordniveau steht, zahlt die Firma dort kaum Steuern. Grund ist die kreative Buchführung: Mit Hilfe von Zweigstellen in Bermuda und den Jungferninseln, zwei einschlägig bekannten Steueroasen, werden die Gewinne künstlich heruntergerechnet bzw. in eben diese Niedrigsteuerländer transferiert. Das Produktionsland geht dabei weitgehend leer aus.
Das ist übrigens nicht nur im Fall Glencore so; Schätzungen zufolge verlieren Entwicklungsländer etwa 300 Milliarden Dollar an Steuern jährlich durch solche Praktiken. Zum Vergleich: die weltweite Entwicklungshilfe summiert sich auf ca. 130 Milliarden Dollar.
Don't feed the troll?
Neben vielen anderen Vorzügen hat das Internet auch zu einem neuen kulturellen Phänomen geführt: Der Debatte in den Kommentarspalten der Onlinemedien. Das ist natürlich eine schöne Sache. Früher musste man einen Leserbrief schreiben, eine Briefmarke auf den Umschlag kleben und dann hoffen, dass irgendwann irgendein geneigter Redakteur den Text auf die Leserbriefseite stellte. Möglicherweise sogar gekürzt. Weiterlesen … »
Mit Anlauf zur Revolution
In der westlichen Berichterstattung ergab sich zumeist das Bild, der Sturz des Hosni Mubarak in Ägypten sei von jungen netzaffinen Menschen auf dem Tahrir-Platz erkämpft worden, nachdem der Funke der arabischen Revolution von Tunesien übergesprungen war. Doch seit Jahren gährte es bereits in dem bevölkerungreichsten arabischen Land. Die Armut der Mehrheit der Bevölkerung hatte bereits zu einem Unmut über die reichen, korrupten Eliten geführt. Am 6. April 2008 kam es erstmals zum offenen Aufstand in dem von der Baumwollindustrie geprägten Mahalla al-Kubra im Nildelta. Arbeiter hatten hier unabhängige Gewerkschaften gegründet. Aber auch liberale und islamische Poltiker entblößten die gefälschten Wahlen und die Willkür des Regimes. All diese Kräfte versuchten den kleinen Spielraum zu nutzen, den ihnen die Scheindemokratie im Ausnahmezustand ließ. Weiterlesen … »
Zwanzig Jahre später
Vor zwanzig Jahren ereignete sich in der sächsischen Kleinstadt Hoyerswerda das erste gegen Ausländer gerichtete Pogrom im vereinigten Nachkriegsdeutschland. Junge Neonazis schmissen Steine und Molotowcocktails auf ein Asylantenheim und nahmen dabei den Tod der Bewohner in Kauf. Die Flüchtlinge mussten Hoyerswerda später verlassen. Heute, nach zwanzig Jahren, kehren drei von ihnen zurück, um die Stadt zu besuchen. Auf der Straße erleben sie dieselbe Situation wie damals. Sie werden von einer Gruppe Neonazis angepöbelt und bedroht. Noch heute hat Hoyerswerda ein Problem mit dem Rechtsextremismus. Dennoch gibt es auch Fortschritte zu verzeichnen. Seit den Angriffen auf das Asylantenheim wurden Initiativen gegründet und Projekte ins Leben gerufen. Eine Ausstellung erinnert, wenn sie auch nicht von einem „Progrom“, sondern von „Übergriffen“ spricht, erstmalig an die Ereignisse.