Stramm national
In Bulgarien sind etwa zehn Prozent der Bevölkerung türkischer Abstammung, mit der DPS haben sie auch eine eigene, wenngleich als korrupt geltende Partei im Parlament. Ebenfalls in der Volksvertretung sitzt die Ataka genannte rechtsradikale Gruppe von Wolen Siderow. Sie ist immer wieder durch überaus fremdenfeindliche, antisemitische und populistische Parolen aufgefallen.
Am 20. Mai eskalierte die Lage, als es während des Freitagsgebets vor der Banja Baschi Moschee in Sofia zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Gläubigen und mutmaßlichen Anhängern von Ataka kam – auch ein Abgeordneter der Partei war unter den Verletzten. Offenbar soll gezielt der Hass unter den Religionsgruppen geschürt werden. Eine besorgniserregende Entwicklung in einem Land, das lange für seine religiöse Toleranz bekannt war.
Berechnend berechnet
Kürzlich stellte die Bundesagentur für Arbeit die aktuellen Arbeitslosenzahlen für den Mai 2011 vor und verkündete weniger als 3 Millionen Arbeitslose. Gerd Bosbach, Professor für Statistik an der Fachhochschule Koblenz, erklärt dazu im Deutschlandradio Kultur, wie die monatlichen Arbeitslosenstatistiken geschickt verglichen und geschönt werden. So zählen etwa 58-Jährige Arbeitslose, die über ein Jahr kein Angebot bekommen haben, nicht zu den genannten 2,96 Millionen Arbeitslosen. Auch Menschen, die sich in Weiterbildungsmaßnahmen befinden oder privaten Arbeitsvermittlern übergeben wurden, werden nicht eingerechnet.
Falscher Fokus
Der syrische Präsident Bashaar Al-Assad setzt die Politik seines Vaters Hafiz fort, meint Patrick Seale in der aktuellen Le Monde diplomatique. Dazu gehört die Fixierung auf die außenpolitische Rolle des Staates, eine komplexe Konstellation aus Gegnern und Allianzen in der Region. Seine Herrschaftsclique habe damit gerechnet, daß diese eigenständige Politik Syrien vor inneren Unruhen bewahre. Diese Einschätzung zeige sich nun als »großer Irrtum«. Zwar haben viele Protestler durchaus gehofft, daß Bashaar ein Katalysator des Wandels werden kann, doch in der Machtclique um die Assad-Familie seien substantielle Zugeständnisse an die Protestbewegung nicht durchzusetzen. Weiterlesen … »
Schule des Terrors
Das Verhältnis zwischen den USA und Lateinamerika war nie auf Augenhöhe: Spätestens seit der Formulierung der Monroe-Doktrin durch den amerikanischen Präsidenten James Monroe 1823 begannen die Vereinigten Staaten den Rest des Kontinents als ihren Vorhof zu betrachten. Ein besonders blutiges Kapitel wurde nach der Machtergreifung der Kommunisten in Kuba aufgeschlagen, als das Pentagon die Finanzierung der School of the Americas 1 massiv ausbaute. Diese historische Rolle stellt Stefan Fuchs in einer Sendung von SWR2 Wissen dar. In der »Schule« wurden Offiziere aus Lateinamerika in Methoden der Aufstandsbekämpfung unterrichtet, zu der auch Foltertechniken und Terror gegen die Bevölkerung gehören. Mit Hilfe dieses Netzwerks bekämpften die USA bis zum heutigen Tag echte und vermeintliche Gegner – auch die Zivilgesellschaft geriet ins Visier des Kampfes um die Macht.
- 1. Heute Western Hemisphere Institute for Security Cooperation
Der gekürzte Staat
Während Griechenland oder Portugal aufgrund des Diktats anderer Euro-Länder sparen müssen, hat die liberal-konservative Regierung in Großbritannien den radikalsten Sparhaushalt der größeren europäischen Länder verordnet. Fast ein Fünftel des Haushaltes soll eingespart werden, um die Kosten der Finanzkrise zu tragen: Davon ist der Sozialhaushalt am stärksten betroffen. Jochen Spengler zeigt in einer Reportage im Deutschlandradio Kultur die Auswirkungen vor Ort: Wachsender Unmut und Proteste prägen die britische Gesellschaft, auch wenn eine Kultur des Widerstandes gegen Sozialkürzungen weniger stark ausgeprägt ist als in Deutschland oder Frankreich. Soziale Spannungen könnten die Folge sein. Die Blätter für deutsche und internationale Politik haben die Regierung untersucht: Drei Viertel sind Millionäre, viele kommen aus der Oberschicht. Michael R. Krätke erkennt darin eine fortbestehende Klassengesellschaft.
Doppelspiel am Hindukush
Daß der Kampf gegen radikal-islamistischen Terrorismus etwas komplexer ist als das Bild des Ultra-Bösewichts Osama Bin Laden, wurde durch die Tötung des Spiritus Rector der Al-Qaida allzu deutlich. Daß das pakistanische Militär, der eigentliche Machthaber im Staate, die Taliban mit aufgebaut und unterstützt hat, war zumindest Regionalexperten bekannt. Somit wurden Bin Ladens vormalige Gastgeber, die Taliban, als strategisches Bollwerk von einem pakistanischen Militär gehalten, das wiederum Milliardensummen aus den USA erhielt. Etwas unklarer ist das Verhältnis der Pakistaner und des Nachrichtendienstes ISI zur Al-Qaida; auch wenn nun sichtbar geworden ist, daß zumindest eine Fraktion des Militärs Bin Laden deckte, aus welchen Motiven auch immer. Einige Hintergründe erläutern die Regionalexperten Michael Pohly und Christian Wagner im Interview.
Den alten Pakt erneuert
Wie weit reicht die Macht der Mafia in Italien? Die Journalistin Aureliana Sorrento zeigt die historischen Gründe seit dem Zweiten Weltkrieg auf. Damals gingen viele Mafiaorganisationen ein Bündnis mit dem Staat ein, um den Einfluß der starken Kommunistischen Partei zurückzudrängen. Die Christdemokratische Partei war wichtigster Verbündeter im Staat und sorgte gerade im Süden für korrupte Verhältnisse, bis sie nach Ende des Kalten Krieges unter der Last der Vorwürfe zusammenbrach. Daher suchten die kriminellen Organisationen nach einem neuen Verbündeten in der Politik und fanden diesen, laut der Autorin, die sich auf Zeugenaussagen von Aussteigern stützt, in dem italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi.