Presseschau Südosteuropa

Ausbeutung inclusive

Die versteckten Kosten des Pauschaltourismus
Hotelanlage bei Antalya
Hotelanlage bei Antalya Bild von Dirk-Jan Kraan

Für wenig Geld bieten Hotels an der türkischen Riviera all-inclusive-Urlaub an: Für einige hundert Euro erhält der Gast Flug, Unterkunft sowie Getränke und Essen rund um die Uhr. Diese Angebote können jedoch nur auf Kosten der Arbeitsbedingungen erstellt werden. Daher arbeiten viele zum Hungerlohn und hausen in miesen Verhältnissen. Die Hotelbetreiber versuchen durch Einschüchterung die Gewerkschaft Oleyis herauszuhalten. Doch auch die lokale Wirtschaft leidet unter dem Pauschaltourismus, denn die Gäste verlassen ihre Hotelanlage kaum noch. Johannes Höflich und Jo Angerer zeigen für WDR die story die Schattenseiten des billigen Urlaubs.

Kritik à la carte

Demokratische Defizite werden in Europa weitgehend ignoriert
The winner takes it all: Parlament in Bukarest
The winner takes it all: Parlament in Bukarest Bild von Nanel4

Undurchschaubare Ränke beherrschen die Politik in Rumänien. Ebenso wie die Nachbarstaaten Ungarn und Bulgarien ist der Karpatenstaat alles andere als eine Musterdemokratie, und trotz des Beitritts zur Europäischen Union ist das Land eines der ärmsten Europas. Um soziale Kämpfe handelt es sich beim Streit zwischen Ministerpräsident Victor Ponta und dem Präsidenten Traian Basescu jedoch nicht. Vielmehr geht es um einen Machtkampf. Der Präsident soll wegen unrechtmäßiger Ausdehnung seiner Kompetenzen des Amtes enthoben werden. Nach der Suspendierung durch das Parlament soll das Volk darüber befinden. In diesem Verfahren beschneidet das Parlament jedoch die Rechte des Verfassungsgerichts. Das wiederum empört europäische Regierungen – weit stärker als die Kompetenzüberschreitungen des Präsidenten. Dieser hatte sich zuvor durch seine Sparpolitik gegenüber Brüssel erkenntlich gezeigt. Zugleich ist er durch herablassende und rasssistische Bemerkungen gegenüber Minderheiten bekannt.

Andere Stimmen kritisieren seinen Opponenten, den Ministerpräsidenten Ponta, dessen Ansehen durch eine Plagiatsaffäre gelitten hat. Ponta betreibe das Amtsenthebungsverfahren mit Hilfe seiner Koalition aus Sozialdemokraten und Liberalen, um die Justiz unter Kontrolle zu bekommen, liest man in der Le Monde: Somit solle die Behörde zur Korruptionsbekämpfung unter Kontrolle gebracht werden. Zudem verfolge er die Interessen des undurchsichtigen Politikers und Medienmagnaten Dan Voiculescu, dem Verbindungen zur ehemaligen Staatssicherheit Securitate nachgesagt werden. Weiterlesen … »

Europa beginnt jetzt in Griechenland

Eine Dokumentation über Migration von der Türkei nach Griechenland
Europa beginnt jetzt in Griechenland
Bild von Cihan Arabul

Die Routen der illegalen Migration nach Europa haben sich in den vergangenen Jahren verändert. Liefen die Wanderungsströme lange Zeit über das Mittelmeer, versuchen die Flüchtlinge und Migranten aus Ghana, Ruanda oder Afghanistan nun über die Landgrenze von der Türkei nach Griechenland zu gelangen. Viele ertrinken bei der Durchquerung des Grenzflusses Evros. Andere bleiben unterwegs hängen und arbeiten als Schleuser oder versuchen sich anderweitig durchzuschlagen. Andreas Morell schildert in WDR die story die unterschiedlichen Perspektiven der Migranten, der Grenzschützer und der Bewohner der Grenzdörfer. Die Schwierigkeiten und das Elend werden sichtbar, zugleich aber auch, daß kein Grenzzaun die Wanderungsbewegung aufhalten kann.

Das Ende der atlantischen Dominanz

Kalter Krieger plädiert für Bündnis mit dem einstigen Gegner
Platz für neue Spieler
Platz für neue Spieler Bild von angelocesare

Die Epoche der transatlantischen Dominanz ist vorüber. Angefangen von den Kolonialmächten der Renaissance bis zur Supermacht USA waren diese tonangebend in der Weltpolitik. Das Erscheinen neuer Akteure beim Ringen um Macht und Einfluß, wie Indien oder China, verändert die Lage auf dem »großen Schachbrett«. Welchen Einfluß diese Verschiebung auf das Denken des Zbigniew Brzezinski ausübt, untersucht Hauke Ritz in den Blättern für deutsche und internationale Politik. Brzezinski erscheint hier als moderner Königsberater, der für mehrere Präsidenten als Sicherheitsberater die amerikanischen Linien des Kalten Krieges vorgab. Er sieht sich als Architekt der sowjetischen Invasion in Afghanistan – eine Falle, die zum Zusammenbruch des Imperiums beitrug und zugleich unzählige Menschen das Leben kostete. Forderte der Sicherheitsberater in den 90er Jahren noch eine Neuauflage der amerikanischen Dominanz und zerstritt sich darüber mit den Neokonservativen ob deren Invasionsstrategie, plädiert er nun für eine Abkehr von der Feindschaft zu Russland. Denn nur durch einen Ausgleich mit dem einstigen Gegner und einer Integration der Türkei in den Westen ließe sich dem wachsenden Einfluß aufstrebender Staaten begegnen. Die USA seien in einer vergleichbaren Situation wie die späte Sowjetunion: »Ein festgefahrenes und reformunfähiges politisches System.« Dies werde durch das Unwissen breiter Bevölkerungsschichten über Weltpolitik begünstigt. Die grundlegende Veränderung der geopolitischen Landkarte hat aber auch Einfluß auf kleinere Staaten, die sich in Zukunft weniger stark am Westen orientieren werden.

Das Wartehaus Europas

In Griechenland ist das Scheitern der europäischen Einwanderungspolitik unübersehbar

Razzien sind an der Tagesordnung, die Internierung in ungenutzte Militärlager ist vorgesehen. Die Lage für Flüchtlinge ist in Griechenland nach wie vor desaströs. Die hohe Zahl an Migranten bei einer fehlenden Struktur für die Aufnahme und einer katastrophalen Haushaltslage schürt die Stimmung für rechtsradikale Positionen. Wassilis Aswestopoulos zeigt jedoch den entscheidenen Hintergrund dieser zunehmenden Spannung auf: Das Dublin-II Abkommen läßt die Grenzstaaten der Europäischen Union mit der Einwanderungsproblematik allein. Denn Flüchtlinge müssen in dem ersten Land, in welches sie in der EU einreisen, Asyl beantragen. Dadurch sind ausgerechnet die Staaten von der Einwanderung betroffen, die von der Eurokrise am härtesten getroffen wurden. Im Niedriglohnsektor, in dem viele Einwanderer beschäftigt wurden, arbeiten zunehmend Einheimische. Die Unfähigkeit auf nationaler und europäischer Ebene eine neue Lösung der Probleme anzustreben, führt zum andauernden Bruch europäischer Verträge.

Gedankliche Dissonanz

Türkische Nationalisten in Deutschland

Rechtsradikalismus ist immer auch Ausdruck einer Gesellschaft, der es nicht gelingt, ausreichend integrativ zu wirken. Sei es nun sozial oder kulturell. Insofern mag es gar nicht so sehr erstaunen, dass in den letzten Jahren rechtsradikale Denkweisen auch unter türkischstämmigen Mitbürgern zunehmen, besonders bei Jugendlichen. Die nationalistische MHP bedient dabei ihre Klientel mit eher schlichten, emotionalen Botschaften.

Wie kann man Kurden und anderen Minderheiten in der Türkei kulturelle Selbstbestimmungs- und politische Partizipationsrechte verweigern wollen und diese gleichzeitig für einen selbst in Deutschland einklagen? Wie kann man sich gegen pauschale Verdächtigungen verwahren, wie die, dass alle Muslime Islamisten seien, und gleichzeitig alle Kurden zu Terroristen erklären?

Am Rande der Krise

Die Sparpolitik in Rumänien führt zur Eskalation
Proteste in Bukarest am 24. Januar
Proteste in Bukarest am 24. Januar Bild von Damiano Benzoni

Seit einigen Wochen wird Rumänien von heftigen Protesten erschüttert. Der südosteuropäische Staat reiht sich somit in die Liste der Länder ein, in denen die Folgen der Wirtschaftskrisen zu inneren Konflikten führt. Auslöser der Proteste war eine Gesundheitsreform, die den Rettungsdienst privatisieren sollte. Tomasz Konicz zeigt auf Telepolis jedoch, daß hinter dem Aufruhr der Unmut über ein aufgezwungenes Spardiktat steht, das breite Bevölkerungsschichten weiter verarmen läßt. Die Gehälter im öffentlichen Dienst wurden um ein Viertel gekürzt – ähnlich geht es den Rentnern, die durch Nullrunden bei Inflation faktische Rentenkürzungen hinnehmen müssen. Der Mindestlohn beträgt im »Armenhaus Europas« nur 162 Euro. Die Hoffnungen auf eine Besserung der Lage durch den Eurobeitritt sind insofern erschüttert. Weiterlesen … »

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