Ex oriente lux?
Die Eroberung des Aztekenreiches durch die spanischen Conquistadores unter Hernán Cortez ist ein Musterbeispiel für die Legitimation des Kolonialismus mit »überlegener« Kultur. Ein barbarischer Despotismus, der auch vor massenhaften Menschenopfern nicht zurückschreckt, wird von Europa zivilisiert und christianisiert.
Nur: War es wirklich so? Die Quellenlage ist nicht nur dünn, sondern auch sehr einseitig. Denn die Azteken haben kaum Schriftliches hinterlassen, und so bleibt bis heute viel Raum für Spekulationen. Der Kampf der Historiker um den »Clash of Civilizations« dauert an - immer auch vor dem Hintergrund aktueller Debatten um westlichen Interventionismus.
Wege des Wandels
In vielen Staaten Süd- und Mittelamerikas tobt der Drogenkrieg. Die Auseinandersetzungen zwischen Kartellen und mafiösen Gruppen fordern Jahr für Jahr tausende Tote. Zudem werden Staat und Justiz durch Korruption unterspült, schreibt Jens Glüsing im Spiegel. Daß der Krieg gegen Drogen gescheitert sei und nur eine Legalisierung einen Ausweg aus der für den ganzen Kontinent bedrohlichen Situation biete, da der Mafia der Markt entzogen werde, haben nun einige südamerikanische Politiker erkannt und fordern einen radikalen Kurswechsel. Auch in den USA gebe es Stimmen für eine vorsichtige Legalisierungspolitik bis in Regierungskreise.
Spirituelle Hilfe für Haiti
Nach dem schweren Erdbeben in Haiti hat die Sekte Scientology mittlerweile ihre gelben Zelte in der Hauptstadt aufgeschlagen. Wie bei allen größeren Katastrophen in den letzten Jahren wird auch in diesem Fall die „Casualty-Contact“-Strategie angewendet, um mediale Öffentlichkeit und neue Anhänger zu generieren. Dieses Vorgehen, so schon durch den Gründer L. Ron Hubbard formuliert, macht im Neusprech der Sekte aus einer Tragödie eine »Tragitunity«. Der Artikel im Freitag zeigt neben dieser Strategie ebenso die sogenannten Heilungsmethoden der selbsternannten Mediziner auf, die im Katastrophenfall versuchen Psychologen vom Ort des Geschehens zu verdrängen.
Postdemokratie
Manuel Zelaya ist nach dem offiziellen Ende seiner Amtszeit aus Honduras ausgereist. Toni Keppeler nimmt dies in der taz zum Anlass, eine Chronologie des Putsches zu schreiben. Er erkennt diesen als minutiös durchgeplanten »Putsch nach Drehbuch« und wundert sich über Zelayas Überraschtheit gegenüber den offensichtlichen Planungen der Oligarchie. Der Übergang zur Diktatur sei nun abgeschlossen, meint Anne Vigna in der Le Monde diplomatique. Sie richtet ein besonderes Augenmerk auf das Entstehen der Opposition und wie die kritischen Medien zum Schweigen gebracht wurden. Der Putsch verschwinde zum Schaden der Proteste zunehmend aus der Aufmerksamkeit der internationalen Medien.
Land ohne Ruhe
Der kleine Staat Haiti war bis zu dem verheerenden Erdbeben aus dem Bewußtsein der Weltöffentlichkeit trotz seiner Misere und seiner Armut verschwunden. Das hat sich nun schlagartig geändert. Der Tagesspiegel und die taz berichten von den Folgen des Erdbebens, welche das ohnehin geplagte Land zerstörte. Die Entwicklungsorganisation der Vereinten Nationen hat eine beeindruckende Bilderserie zur Verfügung gestellt. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung blickt zurück auf die Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Jean-Bertrand Aristide, welcher den Notstand gern nutzen würde, um wieder einzureisen. Der ARD Weltspiegel berichtet über die Rolle der USA als Hilfsmacht.
Simón Bolívars Erben
Auch 200 Jahre nach dem Beginn der Unabhängigkeitsbewegungen dominieren in Lateinamerika die traditionellen Eliten: Landbesitzer und städtisches Großbürgertum. Daran konnten die »Fassadendemokratien« wenig ändern. Das gilt ebenso für die charismatisch-populistischen Staatschefs vom Schlage eines Perón oder Zelaya.
Was aber muss passieren, damit sich Lateinamerika von seinen vordemokratischen Traditionen befreien kann? Es braucht neue Parteien. Allerdings nicht solche, mit denen grosse Familien oder einsame FührerInnen Fussvolk um sich sammeln, sondern Parteien, die aus sozialen Bewegungen heraus entstehen.
Als Beispiele dafür nennt Toni Keppeler die Gruppen um Evo Morales oder - vielleicht etwas fragwürdig - Luiz Inácio »Lula« da Silva. Jedenfalls scheint klar zu sein, dass die Situation keineswegs bis in alle Ewigkeit so bleiben muss, wie sie aktuell ist.
Der kleine Nachbar
Mehr als andere Länder in Lateinamerika ist Mexiko in einen Abwärtssog geraten. Insbesondere die Ärmeren spüren das ganz direkt: die Arbeitslosigkeit steigt und die Löhne sinken. Schuld an der Misere ist aber nicht nur die aktuelle weltweite Krise, sondern auch strukturelle Probleme wie die marode Ölindustrie und die massive Abhängigkeit von den USA - 80% der Exporte gehen über die Grenze nach Norden.