Presseschau Empfehlung

Mythos Kapitalflucht

Steuern und Vermögen

In Deutschland wurde in den Jahren seit 1995 die Vermögensteuer abgeschafft, die Erbschaftsteuer zugunsten der Firmenerben wesentlich reformiert und der Spitzensatz der Einkommensteuer von 56 auf 42 Prozent verringert. Das blieb nicht ohne Folgen: Die Ungleichheit der Vermögensverteilung nahm deutlich zu. Als Begründung für diese Politik wird häufig angeführt, nur so sei die Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern.

Diese Argumentation hinkt jedoch. Zunächst sind keineswegs alle Firmen in der Lage, ihren Sitz dorthin zu verlegen. Vor allem aber sind in den allermeisten westlichen Ländern die entsprechenden Steuern, gemessen an ihrem Anteil am Bruttoinlandsprodukt, wesentlich höher, ohne dass es in diesen Staaten zu der befürchteten Kapitalflucht gekommen ist. In vergleichbaren Ländern wie Frankreich und Großbritannien beispielsweise sind die Sätze mehr als dreimal so hoch wie in Deutschland.

Narben der Zeit

Rekonstruktion und Neubau deutscher Städte
Prominentes Beispiel: Die Dresdner Frauenkirche <br/>Foto von az1172
Prominentes Beispiel: Die Dresdner Frauenkirche Foto von az1172

In vielen Städten der Bundesrepublik sind Debatten darüber entbrannt, wie mit dem städtebaulichen Erbe umgegangen werden soll. Brisanz erhält das Thema dadurch, dass große Teile davon gar nicht mehr existieren: Sollen sie wiederhergestellt werden – und wenn ja, mit welchem Aufwand?

In einigen Fällen hat man sich für die Einbindung erhaltener Restsubstanz entschieden, in anderen entsteht komplett Neues, bei dem nur die Gestaltung der Fassade an Vergangenes erinnert. Und wieder andere Konzepte sehen lediglich vor, alte Stadtgrundrisse mit modernen Gebäuden wiederherzustellen. Reinhard Huschke bietet einen fundierten Überblick zum Thema.

Offene Fragen

Der Militäreinsatz in Libyen

Frankreich, Großbritannien und die USA haben weder ein klares Konzept noch Antworten auf eine Vielzahl von Fragen. So ist durch das UN-Mandat lediglich ein begrenzter Einsatz zum Schutz der Zivilbevölkerung vorgesehen – doch die Bombardements richten sich gegen zahlreiche, womöglich auch zivile Ziele. Unausgesprochen sollen sie aber vor allem den Sturz Gaddafis herbeiführen.

Doch noch ist völlig offen, welche Folgen die Intervention haben wird: Kann sich Gaddafi gegen die Rebellen behaupten, was würden die im Falle eines Sieges tun? Und wird der Westen auch bereit sein, notfalls Bodentruppen zu schicken?

Die nächste Zeit wird also zeigen müssen, ob die Angriffe nicht in einem ähnlichen Desaster wie in Afghanistan enden werden. Daran kann jedenfalls niemand ein Interesse haben.

Reform wozu?

Zur Zukunft der Bundeswehr

Die Bundeswehr steht vor einer großen Reform, so viel ist klar. Weniger klar scheint jedoch, was eigentlich die Aufgabe dieser Armee ist: Landesverteidigung, internationales Krisenmanagement - oder doch nur Sicherung deutscher Wirtschaftsinteressen? Erhard Crome zweifelt an dem Nutzen dieser Truppe für ein Land, das doch nur von Freunden umzingelt ist.

Michael Haid meint, notwendiges Sparen sei nur vorgeschoben angesichts nahezu unveränderter Budgetmittel. Die Abschaffung der Wehrpflicht und andere strukturelle Reformen dienten letztlich nur dazu, die Armee tauglicher für Auslandseinsätze zu machen. Selbst der Minister zu Guttenberg sieht das offenbar ähnlich, wenn auch in anderen Worten:

Die Strukturen der Bundeswehr und auch ihr Auftrag legen Veränderungen nahe. Dabei spielen die knappen Finanzen auch eine wesentliche Rolle, aber der eigentliche Impuls für Reformen besteht nach wie vor in den außen- und sicherheitspolitischen Veränderungen.

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Die Revolution hat noch nicht gesiegt

Die Rolle der ägyptischen Armee - gestern und heute

Auch Tage nach dem Ende von Mubaraks Herrschaft ist noch immer nicht klar, wie es jetzt in Ägypten weitergeht. Max Böhnel fragt sich, ob es nun wirklich zu einem Politikwechsel kommt. Denn der neue Machthaber ist eigentlich auch der alte: die Armee. Einerseits ist sie seit langem ein Staat im Staate mit vielfältigen Verbindungen, auch in die USA. Zugleich war sie auch stets eng mit dem noch immer steinreichen Mubarak - einem Exoffizier - verbandelt. Zahlreiche Vermögenswerte und lukrative Posten in eigenen Firmen sichern den Offizieren eine privilegierte Stellung.

All das gilt insbesondere für den neuen Führer des Militärrates, den bisherigen Verteidigungsminister Mohammed Hussein Tantawi, wie Matthias Gebauer schreibt: Weiterlesen … »

Strategiewechsel

Wandel in China - und anderswo

Jahrzehntelang stand Chinas Politik unter der Prämisse der friedlichen, defensiven Entwicklung seines wirtschaftlichen Potenzials. Doch mittlerweile kündigt sich hier langsam ein bedeutsamer Wandel an: Hin zu einer aggressiveren Linie, die chinesische Interessen stärker betont.

Das zeigt sich etwa an den Auseinandersetzungen um die Seegebiete in Ostasien, an der militärischen Aufrüstung, aber auch an den zunehmenden Währungsstreitigkeiten. Dabei zeichnen sich neue Allianzen ab. So kooperiert China eng mit Russland, Iran und vielen afrikanischen Ländern, während die USA, Japan, Südkorea und Indien durch diese Entwicklung näher zusammenrücken.

Gestern und heute

Die Tradition der amerikanischen Kriegsstrategie im Irak und in Afghanistan

Die USA nutzen spätestens seit der Surge-Offensive (zu deutsch 'Welle') im Irak Methoden der Aufstandsbekämpfung, die sich am Repertoire der Kolonialherrschaft bedienen. Der Kern der Strategie ist die Trennung von Aufständischen und Zivilbevölkerung sowie das Ausspielen unterschiedlicher Gruppen gegeneinander. Dazu zählt aber auch zivile Aufbauhilfe, um die Bevölkerung zu gewinnen, und die systematische Folter von Gefangenen, um die im Kampf entscheidenden Information zu erpressen. David Petraeus und Stanley A. McChrystal waren federführend dabei, diese Konzepte im amerikanischen Militär durchzusetzen. Dabei gibt es eine Linie aus den Erfahrungen und Methoden des französischen Militärs, wie sie im Algerienkrieg angewandt wurden. Diese Linie, die nicht nur im Pentagon diskutiert wird, stellt der Historiker Stephan Malinowski in der Zeit dar: Weiterlesen … »