Medium Zeitungen

Milchmädchenrechnung auf höchstem Niveau

Ein Kommentar zum EU-Gipfel

Die Beschlüsse des jüngst vergangenen Gipfels nimmt Elmar Altvater zum Anlass, mit der aktuellen Krisenpolitik abzurechnen. Diese diene fast ausschließlich den Interessen der Banken. Hinzu komme, dass die Chancen für einen ökologischen Umbau wieder einmal verpasst worden seien. Sie sei aber auch ökonomisch gesehen nicht erfolgversprechend:

Denn die Krisen­bekämpfung ist nicht nur unsozial und un­demokratisch, sie ist obendrein unwirksam. Um das zu erkennen, reichen schon Grundkenntnisse in der volkswirtschaftlichen Saldenmechanik. Diese lehrt, dass in einem geschlossenen System nicht alle zugleich sparen können, dass die Überschüsse der einen die Defizite der anderen sind. Alle europäischen Länder können nur dann einen Haushalts- und Leistungsbilanzüberschuss erzielen, wenn ein neoliberales Wunder passierte oder realistisch unterstellt werden könnte, dass die USA und China oder Japan und andere Länder Defizite einfahren. Über diesen quacksalberischen Irrealismus lachen schon die Hühner.

Wenn der Informationsfluss versiegt

Die Logik des neofaschistischen Terrors bleibt schemenhaft
Welche Fäden liefen auf der Theresienwiese in Heilbronn zusammen?
Welche Fäden liefen auf der Theresienwiese in Heilbronn zusammen? Bild von Dmitry Klimenko

An einer Zwischenbilanz zu den Ermittlungen zu der neofaschistischen kriminellen Gruppierung NSU versucht sich der auf Rechtsradikalismus spezialisierte Journalist Andreas Förster im Freitag.

Bislang aber fördern die Ermittlungen mehr Widersprüche und Unwahrscheinlichkeiten zutage als Fakten.

Weder das Verhalten der Bankräuber am Tag ihres Ablebens scheint plausibel noch der Hintergrund des Todes einer Polizistin in Heilbronn. Warum nahmen Böhnhardt und Mundlos das Geld früherer Bankraube sowie ein Arsenal von Tatwaffen mit zu einem Überfall? Lebten sie tatsächlich zumeist in Zwickau? Das Profil der Gruppe bleibt auch nach einem Monat Ermittlung schemenhaft. Weiterlesen … »

Konfusionen und Interessen

Zu den Ergebnissen des EU-Gipfels
Konfusionen und Interessen
Bild von europeanpeoplesparty

Die Kommentatoren beschäftigten sich aus zwei Gründen mit den jüngsten Entscheidungen: Zum einen wegen der beschlossenen Fiskalunion, zum anderen wegen des Neins der Briten. Die neuen Regeln werden dabei weitgehend positiv bewertet, etwa von Spiegel Online – die FTD dagegen glaubt, sie seien zwar richtig, aber nicht nachhaltig genug. Die FAZ weist darauf hin, dass sie weitaus gravierender sein werden, als bislang bekundet – denn die Finanzpolitik habe entscheidende Bedeutung.

Großbritanniens Sonderpolitik wird dagegen eher skeptisch aufgenommen. Der Tenor lautet herbei, das Land wäre zwar grundsätzlich willkommen in der EU, nicht aber mit seiner permanenten Blockadehaltung. Nur in Teilen wird darauf verwiesen, Camerons Haltung sei der Londoner Finanzbranche geschuldet. Und das, obwohl selbst Außenminister William Hague explizit darauf verwiesen hat, wie die Tagesschau zitiert. Die junge Welt erklärt das britische Unbehagen so: Die Banken der Londoner City würden penibel auf ihre unregulierte Sonderrolle achten, die Industrie dagegen habe jenseits des Kanals schon lange ihre Bedeutung verloren. Deshalb könne man auf den europäischen Absatzmarkt für deren Produkte eher verzichten als auf die liberale Politik gegenüber der Finanzbranche. Weiterlesen … »

Eine Provinz steht auf

In Peru kämpfen Bewohner gegen eine Mine
Tagebergbau in Yanacocha
Tagebergbau in Yanacocha Bild von Participatory Learning

Vor kurzem erst ist Ollanta Humala zum Präsidenten Perus gewählt worden. Unter anderem wegen seines Versprechens, die Bedürfnisse der Bevölkerung mehr zu respektieren. In der Provinz Cajamarca haben sich die Bewohner mit großangelegten Aktionen gegen die Ausweitung des Goldbergbaus gewendet, weil dadurch das Wasser verschmutzt und ihre Lebensgrundlagen gefährdet werden. Besonders die eingesetzte Chemie, mit der das Gold vom Gestein getrennt wird, ist extrem umweltschädlich. Mit einem Generalstreik und Demonstrationen versuchen sie, sich Gehör zu verschaffen.

Die Regierung beharrt aber auf dem Projekt, das nur kurzzeitig ausgesetzt werde. Denn es gehe um die Entwicklung des Landes, argumentiert sie. Die Menschen vor Ort sehen das freilich anders, denn auch in der Vergangenheit profitierten sie kaum vom Abbau der Ressourcen, obwohl die Goldmine Yanacocha die zweitgrößte der Welt ist. Es handelt sich damit um einen für Lateinamerika typischen Konflikt zwischen den sozialen Bewegungen einerseits und Rohstoffunternehmen andererseits. Die Regierung wiederum steht vor dem Problem, entweder ihre Wähler zu verprellen oder die Investoren. Der Ausgang des Streits ist noch offen.

Klimaschutz im kleinen Kreis

Das absehbare Scheitern eines Abkommens erfordert neue Wege
Letzter Ausweg: Blitz und Donner über Durban
Letzter Ausweg: Blitz und Donner über Durban Bild von Richard Atkinson

Auch die Klimakonferenz von Durban wird keinen Durchbruch bringen, darin sind sich  Claus Leggewie in den Blättern und Verena Schmitt-Roschmann im Freitag einig. Denn die Blockadehaltung von USA und China bietet weiteren Staaten einen Vorwand, sich nicht an einer Fortsetzung des Kyoto-Protokolls zu beteiligen. So sind Absichtserklärungen und bestenfalls dünne Ergebnisse zu erwarten. Durch den wachsenden CO2-Ausstoß läuft aber die Zeit davon. Um den Klimaschutz als Ziel aber nicht aufzugeben, fordert Leggewie eine »Koalition der Willigen«, angeführt durch die Europäische Union:

Die europäischen Unterhändler haben bereits in Kopenhagen erfahren, wie isoliert die EU auf internationalem Parkett ist. Der Ausweg aus der Klimakrise ist aber nicht weniger Europa, sondern mehr davon: erstens mehr Vergemeinschaftung in der Energie- und Infrastrukturpolitik, zweitens mehr Mitwirkung der Bürger bei Entscheidungen über Energien und Lebensstile der Zukunft und drittens, last but not least, mehr Macht für ein ökologisches Europa in den internationalen Verhandlungsarenen.

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Turmhohes Elend

Hamburgs gesichtsloser Bauboom
Hamburger Hafenviertel: "Egoisten im Selbstgespräch"
Hamburger Hafenviertel: "Egoisten im Selbstgespräch" Bild von Würzblog

Hanno Rauterberg ist nicht glücklich mit der Architektur seiner Stadt Hamburg, die in den vergangenen Jahren einen Bauboom erlebte. Denn er erkennt kein stadtplanerisches Konzept, sondern eine Aneinanderreihung von Stückwerk:

Wenn man die Stadt als Körper begreifen will, dann ist Hamburg kaum mehr als eine Anhäufung zerstückelter Gliedmaßen. Nichts will sich mehr fügen, nichts mag mehr recht zusammengehören. Fremd stehen sich die Bauten gegenüber, lauter Egoisten, die nur das Selbstgespräch kennen.

Die Stadtplaner gingen zu viele Kompromisse gegenüber Investoren ein, die kein Interesse an der Stadt selbst haben. Dadurch entstehen gesichtslose Bauten, die keine Beziehung zu dem Ort haben. Zugleich wird die Stadt immer teurer. Einen Ausweg erkennt der Autor in dem Engagement der Bürger, wie sie beispielweise bei der Initiative um das Gänge-Viertel erkennbar wurde. Nicht die moderne Architektur an sich sei das Problem, sondern der Unwille, sie in das Stadtbild einzufügen.

Kuhhandel um das Klima

Zur Klimakonferenz in Durban

Am 28. November steht die nächste UNO-Klimakonferenz in Südafrika an. Doch aller Voraussicht nach wird sie keinen entscheidenden Durchbruch bringen. Dabei wäre der wichtiger als je zuvor. Im vergangenen Jahr ist der weltweite CO2-Ausstoss um 6% gestiegen, so stark wie noch nie. Überdies zeigen aktuelle Entwicklungen, dass der Klimawandel weiter voranschreitet. Seine Folgen – Dürren, Überschwemmungen, Versteppung – treffen allerdings vorwiegend die Entwicklungsländer.

Die neuen Verhandlungen stehen unter ungünstigen Vorzeichen. Denn die USA und China sperren sich gegen verbindliche Verzichtserklärungen, und auch andere Länder geben sich zurückhaltend, wie etwa Polen oder Bolivien. Hinzu kommt, dass Japan seit der Katastrophe von Fukushima vermehrt auf klimaschädliche Kohlekraftwerke setzt. Keine guten Aussichten also für ehrgeizige Ziele. Nicht umsonst hat auch Umweltminister Norbert Röttgen schon einmal vorsorglich die Erwartungen gedämpft - und betont, dass er vor allem die USA in der Pflicht sieht.

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