Presseschau Amerika

Neuer Kurs

Neujustierung der türkischen Außenpolitik

Die blutigen Ereignisse um die von der israelischen Marine gestoppte Hilfsflotte für Gaza werfen auch ein Schlaglicht auf die neue Außenpolitik der Türkei, meint Rainer Rupp. Unter der AKP-Regierung Erdogans orientiere sie sich zunehmend Richtung Syrien, Iran und Rußland. Damit ist aber das traditionelle Bündnis mit den USA und Israel in Frage gestellt. Eine weitere Eskalation der türkisch-israelischen Beziehungen ist dabei nicht ausgeschlossen, wie martialische Ankündigungen beider Seiten belegen.

Die AKP nutzt diesen Konflikt geschickt, um einerseits die alten kemalistischen Eliten zu isolieren und gleichzeitig von dem gewachsenen Prestige in anderen Ländern des Nahen Ostens zu profitieren. So kann ihr Verhalten durchaus als Symbol für das gewachsene Selbstbewusstsein der Türkei als regionale Führungsmacht gewertet werden.

Verwirrspiel

Die Festnahme eines mutmaßlichen Wikileaks-Informanten wird zum Spionageroman
Wikileaks-Sprecher Julian Assange bei der Präsentation des Bagdad-Videos
Wikileaks-Sprecher Julian Assange bei der Präsentation des Bagdad-Videos

Die investigative Netzplattform Wikileaks glänzte in den vergangenen Monaten mit der Veröffentlichung mehrerer streng geheimer amerikanischer Dokumente und Videoaufnahmen. Laut zahlreichen Medienberichten ist nun ein im Irak stationierter Nachrichtendienstanalyst mit dem Vorwurf festgenommen worden, einen Teil des Materials an Wikileaks versendet zu haben: Dazu zählt ein Band, das die Tötung mehrerer Zivilisten durch amerikanische Hubschrauberpiloten 2007 in Bagdad zeigt. Der 22 Jahre junge Computerspezialist Bradley Manning wird in Kuwait festgehalten. Er habe sich via Internet dem bekannten Hacker Adrian Lamo offenbart; dieser gab jedoch die Informationen an das Kriminalamt der amerikanischen Armee (CID) weiter. Daraufhin soll Manning bereits am 26.5. festgenommen worden sein. Weiterlesen … »

Augen zu und durch

Neue Ölbohrungen in der Arktis
Alaska <br/>Foto von Len Radin
Alaska Foto von Len Radin

Man könnte meinen, dass Menschen aus Fehlern lernen. Tun sie aber leider nicht immer, wie das Beispiel der US-amerikanischen Ölbohrungen in Tiefseegewässern zeigt. Während im Golf von Mexiko weiter täglich etwa zwei Millionen Liter Öl auslaufen, planen die Konzerne bereits weitere Förderungen.

Shell besitzt entsprechende Lizenzen für das arktische Meer in Nordalaska. Diese wurden trotz massivem Widerstand von Umweltschutzaktivisten und Ureinwohnern erteilt. Allerdings wäre in Alaska nicht nur eine überaus große Artenvielfalt von einer möglichen Katastrophe bedroht. Durch die besonderen klimatischen Bedingungen - ganzjährig starke Stürme und das Eis - wäre eine Bekämpfung des Ölteppichs äußerst schwierig.

Nun hat Shell auf Nachfrage des zuständigen Innenministeriums seine Pläne für eine eventuelle Havarie der Bohrungen vorgestellt: Exakt die gleichen Maßnahmen, die von BP ohne Erfolg im Fall der Plattform Deepwater Horizon angewendet wurden.

Dr. Strangelove reloaded

Von echten und simulierten »Mad Men«

Vijay Prashad nimmt die aktuellen Ereignisse vor der Küste Palästinas zum Anlass, um über Strategien in der amerikanischen und israelischen Außenpolitik nachzudenken. Hier sieht er den Versuch, mit Hilfe von kalkulierter Unberechenbarkeit Druck aufzubauen: Traut der jeweilige Gegenspieler einem alles zu - inklusive massiver nuklearer oder konventioneller Militärschläge - dann befindet man sich automatisch in einer starken Position.

Gleichzeitig weist der Artikel auf die unterschiedlichen Maßstäbe hin, mit denen die USA das Handeln anderer Länder bemessen. Während die Opfer der israelischen Aggression lediglich bedauert würden, reagiere Hillary Clinton auf die jüngsten Vorkommnisse in Korea mit hektischer Aktivität.

Nicht auf Augenhöhe

Das Verhältnis der EU zu Lateinamerika

Noch vor einigen Jahren galt eine strategische Partnerschaft zwischen der EU und den Ländern Lateinamerikas als realistische Option. Mittlerweile ist auf dem gerade beendeten Gipfeltreffen beider Seiten in Madrid deutlich geworden: Dieses Ziel liegt noch in weiter Ferne.

Die Ursachen dafür sind vielfätig. Zunächst ist es angesichts der europäischen, neoliberal ausgerichteten Handelspolitik nicht gelungen, ein für alle akzeptables kollektives Abkommen zu treffen. Deshalb ist die EU nun dazu übergegangen, mit einzelnen Staaten bilaterale Verträge zu schließen. Weiterlesen … »

Illegal und prekär

Immigranten in den USA
Ausschnitt der Skulptur "The Immigrants" im Battery Park in New York <br/>Foto von wallyg
Ausschnitt der Skulptur "The Immigrants" im Battery Park in New York Foto von wallyg

In den USA gibt es über 12 Millionen illegale Einwanderer, die meisten von ihnen sind aus Lateinamerika. Häufig ohne ausreichende Englischkenntnisse, haben sie kaum Rechte oder kennen sie nicht. Sie zahlen zwar Steuern, aber erhalten keine Sozialleistungen, viele sind ohne feste Arbeit.

Nun wird über eine Gesetzesreform debattiert. Zwar ist es gelungen, durch große Demonstrationen die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und Druck auf die Regierung zu erzeugen. Das Hauptanliegen der Betroffenen ist dabei eine Legalisierung ihres Aufenthalts. Einige der vorgesehenen Neuregelungen würden jedoch die Lage der Migranten weiter verschlechtern: Detaillierte Datenbanken, schärfere Kontrollen und mehr Abschiebungen.

Der zentralasiatische Kreidekreis

Amerika und Russland kämpfen in Kirgisien um Einfluß
Kämpfe in der Hauptstadt im April <br/>Foto von kun530
Kämpfe in der Hauptstadt im April Foto von kun530

Der Journalist Vicken Cheterian erklärt die Hintergründe der Unruhen in Kirgisien. Der korrupte Präsident Bakijew versuchte wie im kalten Krieg sowohl mit den Amerikanern als auch den Russen ins Geschäft zu kommen: Beide haben eine Militärpräsenz in der zentralasiatischen Republik. Bakijew brach jedoch eine Vereinbarung mit den Russen, welche für Wirtschaftshilfe die alleinige Präsenz verlangten – die Manas Air Base blieb ein wichtiger Umschlagplatz für amerikanisches Militär, der Vertrag wurde durch einen Trick verlängert. Die Amerikaner kauften vielmehr Treibstoff über Bakijews Sohn zu Weltmarktpreisen, die er vorher billig in Russland einkaufte. Die Russen erhöhten daraufhin den Exportzoll; die hohen Energiepreise waren ein wichtiger Auslöser für den Aufstand. Cheterian erörtert die Frage, ob der neuen Regierung nach zwei korrupten Präsidenten ein Neuanfang gelingt.

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