Presseschau Gesellschaft

Radikalisierung in der Krise

Studien zeigen wachsende Islamfeindlichkeit in Deutschland
Ziel wachsender Ressentiments: Muslime beim Gebet in Berlin <br/>Foto von epha
Ziel wachsender Ressentiments: Muslime beim Gebet in Berlin Foto von epha

Erstaunlich genau deckt sich der Befund der Studie Deutsche Zustände des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung zu Vorurteilen mit den Ergebnissen einer Untersuchung vom Oktober zu Rechtsextremismus: Nahmen die rechtspopulistischen, sexistischen und homophoben Einstellungen langfristig eher ab, ist im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr ein signifikanter Anstieg der Islamfeindlichkeit zu erkennen. Besonders ausgeprägt sei die Zunahme rechtspopulistischer Einstellungen sowie eine Entsolidarisierung im Bürgertum. Die wachsende Islamfeindlichkeit hatte bereits eine Studie der Uni Münster gezeigt: Sie sei in Deutschland stärker ausgeprägt als in anderen europäischen Ländern. Weiterlesen … »

Nichts neues – mal wieder

Amerikanische Regierung übertreibt Bedeutung der nun veröffentlichten Diplomatenberichte

Die Diskussion um Sinn oder Unsinn der neuesten WikiLeaks Veröffentlichung diplomatischer Berichte beschäftigt die Gemüter. Regierende behaupten, die Veröffentlichung gefährde die nationale Sicherheit und bringe Mitarbeiter vor Ort in Gefahr. Simon Jenkins vom britischen Guardian kontert, es sei Aufgabe der Regierung – nicht der Presse – Staatsgeheimnisse zu wahren. Die Regierung habe seit Monaten von dem Verlust der Daten gewusst und genügend Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Zumal, wenn diese Berichte in der Tat so sensibel wären, warum sind sie dann nicht als streng geheim eingestuft worden und über drei Millionen Staatsbediensteten zugänglich? Wären die Daten so brisant, wie die Regierung behauptet, hätten sie ganz offensichtlich besser geschützt werden müssen. Weiterlesen … »

Richtiges im Falschen

Die Kommune Niederkaufungen

Eigentlich gibt es hier alles, was man braucht: Wohnung, Arbeit, soziale Kontakte, Lebensmittel. Nur ist das etwas anders organisiert als anderswo. Denn wer hier einzieht, verzichtet auf persönliches Eigentum weitgehend, die Erlöse aus den kommuneeigenen Betrieben ebenso wie Einkommen von außerhalb fließen in eine Gemeinschaftskasse.

Ganz bewusst werden auch kleinfamiliäre Strukturen aufgelöst; Erziehung wird als Gemeinschaftsaufgabe verstanden. Neben dem ganz intimen Rückzugsraum wird viel Wert auf kollektive Aktivitäten gelegt, insbesondere politischer Art: Weiterlesen … »

Annexion ohne Zukunft

Kampf um den Status der Westsahara
Marokkanische Polizei vor dem Camp
Marokkanische Polizei vor dem Camp

Nach dem Abzug der spanischen Kolonialmacht aus der Westsahara besetzte Marokko vor 35 Jahren den am Atlantik gelegenen und dünn besiedelten Wüstenstaat. Dies hatte einen langjährigen Bürgerkrieg mit der von Algerien unterstützen Widerstandsorganisation Polisario zur Folge, der erst mit einem Waffenstillstandsabkommen 1991 endete. Bedingung dafür war die Organisation eines Referendums über die Unabhängigkeit, welches die UNO organiseren sollte, das aber bislang nicht stattgefunden hat.

In diesem Herbst wurde in der Westsahara ein Camp mit ca. 10.000 Menschen organisiert, welches auf die soziale Diskriminierung und die schlechten Lebensumstände der Saharauis aufmerksam machen sollte. Das Camp wurde nun vom marokkanischen Militär umstellt, mehrere Camper wurden erschossen und das Camp daraufhin gestürmt – schwere Ausschreitungen waren die Folge. Ralf Streck sieht dahinter die Absicht der marokkanischen Regierung, zeitgleich stattfindende Vermittlungsgespräche zu torpedieren. Denn Marokko hat schlechte Karten für die Anerkennung der Annexion und versucht das Gebiet durch die eigene Bevölkerung zu kolonisieren. Zugleich kritisiert der Autor die stille Anerkennung durch deutsche Regierungsorganisationen, welche die Umsetzung des Projektes Desertec in dem Gebiet vorbereiten.

Elite im Blick

Ein neues Buch über Superreiche

Sie leben in einer Parallelwelt, in der sie von der Wiege bis zur Bahre unter sich bleiben können. Jenseits von Bildungsproblemen, marodem Gesundheitssystem oder Pauschaltourismus. Doch was sind das eigentlich für Menschen, diese Superreichen?

Ein Team von Schweizer Wissenschaftlern hat sich mit ihnen beschäftigt: Wie sie leben, woher ihr Reichtum kommt und wie sie sich und die Welt wahrnehmen. Herausgekommen ist dabei eine interessante Studie über jenen Teil der Bevölkerung, der zwar großen Einfluss ausübt, von dem aber wenig bekannt ist.

»Neosowjetismus«

Die Paradoxien der Ära Putin
Symbol der postsowjetischen Zeit: Eine der Jachten des Roman Abramowitsch <br/>Foto von foxypar4
Symbol der postsowjetischen Zeit: Eine der Jachten des Roman Abramowitsch Foto von foxypar4

Wladislaw Inosemzew versucht in der Le Monde diplomatique eine Beschreibung der Ära Putin. So sieht er in der autoritären quasi-Einparteienherrschaft und der Abhängigkeit vom Rohstoffexport eine Parallele zur Sowjetunion: »Gleichzeitig ist das heutige Russland radikal anders als die Sowjetunion. So erschreckend das Regime in vielerlei Hinsicht ist, so herrscht es doch über ein paradoxerweise freies Land.« Der Energiereichtum hat es ermöglicht, ein Stillhalten der Bevölkerung zu erkaufen; somit ist Rußland ein klassischer Rentierstaat.

Zudem ließ man nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Millionen kritischer Bürger auswandern. Ohne diese kritische Opposition prägen die bizinesmen, Geschäftsleute und die Silowiki, Sicherheitseliten, das Wertegefüge des Landes; eine Elite, die durch Materialismus und Korruption geprägt sei: Weiterlesen … »

Der Extremismus der Mitte

Rechtsradikale Einstellungen nehmen nach der Weltwirtschaftskrise in Deutschland zu

Erschreckend und zugleich wenig überraschend sind Studien über Fremdenfeindlichkeit und Ressentiments seit Theodor Adornos »Studien zum autoritären Charakter«. Seitdem hat Deutschland sich verändert, jedoch zeigt auch die Studie Die Mitte in der Krise. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland, daß ein Viertel der deutschen Bevölkerung ausländerfeindliche Einstellungen hat; der Anteil der Befürworter einer Diktatur sank von 2002 bis 2008 von 7,7% auf 3,7%, stieg 2010 allerdings wieder auf 5,1%. In Bezug auf die meisten reaktionären Einstellungen sind seit der letzten Erhebung die Werte gestiegen: Die Autoren der von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie folgern daraus, daß die Weltwirtschaftskrise zu einer Verunsicherung geführt habe. Weiterlesen … »

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