Presseschau

Werdet endlich vernünftig!

Robert Pfaller über die unvernünftige Vernunft einer Verzichtsgesellschaft

Robert Pfaller, Professor für Philosophie an der Universität für angewandte Kunst Wien, kritisiert in seinem kürzlich erschienenen Buch »Wofür es sich zu Leben lohnt« die aktive Abschaffung von Genussressourcen und einen damit sich anbahnenden Kulturverfall. Gesundheitsfanatiker propagieren eine asketische Lebensweise. An Stelle von Fleisch, Alkohol, Nikotin und Fett treten Surrogate, die zwar gesünder sein sollen, uns aber nicht befriedigen. Weiterlesen … »

Dokumentation des Leidens

Der UNO-Bericht zu Folterungen in afghanischen Gefängnissen
Gefängnis in Kandahar
Gefängnis in Kandahar Bild von The Rachel Maddow Show

Im Auftrag des Sicherheitsrats haben UNO-Mitarbeiter seit Oktober 2010 knapp 400 Häftlinge in afghanischen Gefängnissen befragt – ohne die Anwesenheit von Wärtern und in ihrer jeweiligen Muttersprache. Dabei kamen Betroffene aus zahlreichen Provinzen zu Wort, aus insgesamt 47 Anstalten der Nationalpolizei, des Geheimdienstes und anderer Behörden. Fast alle der zufällig ausgewählten Inhaftierten werden beschuldigt, in unterschiedlicher Form an Aufständen gegen die Regierung teilgenommen zu haben, einige »gewöhnlicher« Delikte; ein nicht geringer Teil weiß überhaupt nicht, warum er verhaftet wurde. Die Ergebnisse sind insgesamt erschreckend: Fast die Hälfte von ihnen wurde gefoltert. Weiterlesen … »

Der nächste Skandal?

Neues Datenschutzgesetz beschneidet Rechte der Arbeitnehmer

Ob Deutsche Bahn, Telekom oder Lidl - seit 2008 ereigneten sich in Deutschland zahlreiche Datenschutzskandale. So wurden etwa die Telefonverbindungen von Arbeitnehmervertretern überwacht (Telekom), Mitarbeiter mit Videokameras ausgespäht (Lidl) oder ohne äußeren Anlass massenhaft Kontodaten von Angestellten erhoben (Deusche Bahn). Auf diese und andere Vorfälle reagierte die Politik, indem sie versprach, ein neues Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer zu verabschieden, das einen fairen Interessensausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern schaffe. Weiterlesen … »

Holpriger Übergang

Eine Reportage aus Libyen

Gaddafi ist immer noch untergetaucht, und seine Anhänger sind noch keineswegs besiegt. Die Sicherheitslage in Tripolis und anderen Städten ist weiter instabil. Nicolas Pelham hat sich vor Ort umgesehen, schildert den Kampf gegen den Diktator – aber auch den Kampf danach.

Alle Beteiligten versuchen nun, ihren Anteil am Sieg möglichst gewinnbringend in Posten und Privilegien umzumünzen. Das gilt für die Exilanten, für die Überläufer, für die Berber, die Soldaten aus dem Osten und die Aufständischen in Tripolis gleichermaßen. Es ist noch keineswegs entschieden, wer hier das Rennen macht – das gegenseitige Mißtrauen aber wächst in dem Maße, wie der gemeinsame Feind an Bedeutung verliert. Auch die ausländischen Mächte bemühen sich um entsprechende Honorierung ihrer Unterstützung.

Krisenmanagement

Die Folgen der Erdbebenkatastrophe in Japan
Ishinomaki im September
Ishinomaki im September Bild von j808armada

Sieben Monat sind seit dem verheerenden Erdbeben in Japan vergangen. Die Trümmer sind weitgehend weggeräumt, zu denen auch die Atompolitik der deutschen Bundesregierung zählt. Während die Medien sich im Frühjahr mit Meldungen überschlugen, muß der Leser mittlerweile gezielt suchen, wenn er den Stand der Entwicklung erfahren will. Auch wenn Tepco, der Betreiber des Kraftwerkskomplexes Fukushima I, einige Erfolgsmeldungen bei der Stabilisierung vermelden kann, sind diese mit Vorsicht zu genießen: Denn ein Einblick in die geschmolzenen Kerne der drei Unglücksreaktoren ist bislang nicht möglich. Der nukleare Niederschlag hielt sich nicht an die ausgerufenen 20 sowie 30 Kilometer-Sperrkreise, sondern betrifft insbesondere eine 10 km breite und 80 km lange Schneise Richtung Nordwest. Der Bericht von Hans Schuh in der Zeit gibt den aktuellen Zustand treffend wieder. Weiterlesen … »

Vorwahl in der Wahlmonarchie

Frankreichs Sozialisten wollen ihren Präsidentschaftskandidaten durch ein neues Verfahren bestimmen
Wer wird Kandidat? Martine Aubry, François Hollande
Wer wird Kandidat? Martine Aubry, François Hollande Bild von Martine Aubry

Der für seinen brüsken Stil bekannte französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy ist mittlerweile derart unbeliebt, daß die Sozialisten hoffen, ihn bei den kommenden Wahlen aus dem Élysée-Palast zu spülen: Unklar ist bislang noch, wer der zweite sozialistische Präsident nach François Mitterrand werden soll. Dafür wird nun nach amerikanischen Vorbild eine Vorwahl (»Les Primaires«) abgehalten. Ursula Welter stellt im Deutschlandfunk das Verfahren und die Kandidaten vor. Nach dem peinlichen Skandal um Dominique Strauß-Kahn gilt Francois Hollande, der geschiedene Ehemann der vormaligen Präsidentschaftkandidatin Ségolène Royal, als Favorit. Seine schärfste Konkurrentin ist Martine Aubry, welche eher dem linken Lager zugerechnet wird. Wichtige Themen sind die Schuldenpolitik und die Jugendarbeitslosigkeit. Die Mehrheit der Kandidaten lehnt eine Schuldenbremse nach deutschen Vorbild ab und setzt auf eine aktivere Wirtschaftspolitik.

Staatliches Nachladen

Der mutmaßliche Bundestrojaner gibt den Kritikern der Online-Überwachung Auftrieb

Dem Chaos Computer Club (CCC) dürfte einer der größten Scoops seiner Geschichte gelungen sein: Die Offenlegung des Codes des sogenannten Bundestrojaners. Dieser soll weniger der Online-Durchsuchung als vielmehr dem Abfangen verschlüsselter Kommunikation wie beispielsweise über Skype dienen. Frank Rieger vom CCC stellt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die schwierige Rekonstruktion des Programms verständlich dar. Die Hacker kritisieren die schlampige Programmierung, die vermutlich von einem Fachunternehmen angeboten wird. Dadurch könnten Dritte auf die staatlich gehackten Rechner zugreifen, zudem sei die Beweissicherheit fraglich. Schlimmer jedoch wiegt eine verborgene Hintertür, welche das Nachladen anderer Programmbestandteile ermöglicht. Dadurch könnte der Trojaner als Mittel der Telekommunikationsüberwachung zu einer Komplettüberwachung der Zielpersonen umgebaut werden.

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