Medium Rundfunk

Vielen Dank für die Blumen

Die Rosenproduktion in Kenia veranschaulicht die Globalisierung
Der Naivashasee wird bei der Rosenproduktion durch Abwässer belastet
Der Naivashasee wird bei der Rosenproduktion durch Abwässer belastet Bild von Joe Hall

Globalisierung bedeutet, daß die Waren- und Produktionsketten zunehmend über den ganzen Globus verteilt sind. Die Verbraucher können die Herstellungsbedingungen selten überprüfen. Daher bleibt die Globalisierung für viele ein eher schwammiger Begriff. Exemplarisch sichtbar wird diese Veränderung in einer Dokumentation von Michael Richter. Er folgt der Spur der Rosen, die in Kenia für den Weltmarkt angebaut werden und per Flugzeug über Holland in den europäischen Handel kommen. Traditionelle Rosenzüchter in der Elbmarsch geben mittlerweile ihr Geschäft auf, weil sie zu den Preisen nicht konkurrenzfähig sind. In Kenia kann das ganze Jahr über angebaut werden. Doch neben der Verlagerung der Produktion gibt es auch andere Kehrseiten: So zahlt die Rosenindustrie den Angestellten in einigen Betrieben wie dem Konzern Katuri einen Hungerlohn und läßt sie ungeschützt mit Pestiziden arbeiten. Abwässer werden ungeklärt in den Naivashasee geleitet, bis dessen Ökosystem umkippt. Weiterlesen … »

Kein Durchkommen

Die Polizei verstößt bei Kundgebungen gegen Pressefreiheit
Polizei beim Castor-Einsatz Ende 2011
Polizei beim Castor-Einsatz Ende 2011 Bild von cephir

Gewalt durch Polizeibeamte ist ein Thema, dem sich Medien in Deutschland erst in den vergangenen zwei Jahren verstärkt angenommen haben. Dazu beigetragen hat eine Kampagne von Amnesty International, welche die zahlreichen Fälle von unangemessenem Verhalten anprangerte. Dass Gewalt durch den Staat häufig auch Medienvertreter in Deutschland trifft, zeigt ein Beitrag von NDR Zapp über den Transport der Castor-Behälter nach Gorleben. Dabei ist direkte Gewalt nicht einmal der Kernkritikpunkt, sondern die Behinderung der Medienarbeit: Journalisten werden nicht durchgelassen, grob behandelt, Fotografen gar zum Löschen ihrer Fotos gezwungen. Bei dieser Einschränkung der Pressefreiheit wird auch ein autoritärer Geist vieler Beamter sichtbar.

Die zweite Rochade

Russlands Führung verliert an Zuspruch
Die russische Duma
Die russische Duma Bild von moacirpdsp

Ina Ruck und Georg Restle reisen durch Russland, um vor den Parlamentswahlen die Frage zu stellen: Wohin steuert Russland? Dabei versuchen sie jedoch gar nicht ernsthaft, diese Frage zu beantworten, sondern reißen lediglich die zahlreichen Probleme des Landes an: Die Umweltverschmutzung, die Korruption und die Konflikte im Kaukasus. Besser informiert Heike Rasche, ebenfalls bei der ARD, indem sie der Unzufriedenheit in der Bevölkerung über die gelenkte Demokratie die Resignation mangels glaubwürdiger Alternativen entgegenstellt. Dennoch hätte man in ihrer Reportage gern mehr über die Widersprüche im System Putin erfahren.

Eine solche Analyse findet sich im Eurasischen Magazin von Ulrich Heyden. Denn die neuerliche Rochade zwischen noch-Präsident Medwedew und noch-Premier Putin läßt die herrschende Partei »Einges Russland« nicht nur in der Bevölkerung enorm an Zuspruch verlieren, sondern auch bei Ministern der Regierung, die von Medwedews Opportunismus enttäuscht sind. Daß sich das »Magen-Grummeln« über die allzu offensichtliche Demokratieinszenierung nicht in offenem Protest ausdrückt, ist auf das verlorene Vertrauen in die Demokratie durch die Präsidentschaft Jelzins zurückzuführen. Die öffentliche Inszenierung Putins als starker Mann, ob als Sänger, Taucher oder Jäger orientiert sich an westlichen Vorbildern wie Berlusconi.

Neue Helden

In Afghanistan knüpft die Bundeswehr an vordemokratische Leitbilder an
In Afghanistan inszeniert sich die Bundeswehr als kämpfende Armee
In Afghanistan inszeniert sich die Bundeswehr als kämpfende Armee Bild von Bundeswehr

Welche Auswirkung hat der Einsatz in Afghanistan auf die Transformation der Bundeswehr? Diese Frage stellt Marc Thörner in einem Feature des Deutschlandfunks. Durch Interviews kristallisiert sich das Bild heraus, dass das Kundus-Bombardement von Tanklastzügen mit vielen zivilen Opfern keineswegs ein Unfall war. Denn der befehlshabende Oberst Georg Klein habe bewußt einen Feindkontakt erfunden und damit das Bombardement ermöglicht, um einem neuen Leitbild der Bundeswehr Vorschub zu leisten. Den Aufklärern muß die Anwesenheit von Zivilisten klar gewesen sein, das Vorgehen war somit gegen alle Einsatzregeln. Dieser Zusammenhang werde der Öffentlichkeit vorenthalten, da das Leitbild einer weltweit agierenden Kampftruppe entwickelt wird. Dementsprechend wird Oberst Klein in den Offiziersrängen teils als Held verehrt und nicht für sein Vorgehen verurteilt. Gleichfalls mit der Ehrung deutscher Offiziere, die bis in den Zweiten Weltkrieg paschtunische Stämme zum religiösen Aufstand anstacheln sollten, wird an eine imperiale Linie im deutschen Militär angeknüpft. Wer dagegen im Sinne des »Staatsbürgers in Uniform« Kritik äußert, wird abgestraft.

Gescheiterte Sozialdemokratie

Analysen zu den Wahlen in Spanien
Neuer und alter Regierungschef
Neuer und alter Regierungschef Bild von Julio César Cerletti García

Spanien hat gewählt, das Ergebnis ist eine überwältigende Niederlage der sozialdemokratischen PSOE. Dabei galt Rodríguez Zapatero bei seinem Amtsantritt vor sieben Jahren als Hoffnungsträger der europäsichen Sozialdemokratie. Andreas Baumer anaylsiert in den Blättern sein Scheitern: So ist Spanien nach dem Platzen des Bau-Booms mit 22% Arbeitslosigkeit eines der besonders von der Krise betroffenen Länder. Zapateros Sparpolitik auf Kosten des Sozialstaats hat die Wähler von der Partei entfremdet. Anstelle eines eigenen Ansatzes der Krisenbewältigung habe er sich äußerem Druck gebeugt:

Seit dem Frühjahr 2010 fungierte Zapatero quasi als Vollstrecker der Direktiven aus Berlin, Frankfurt und Brüssel oder plante in angstvoller Antizipation des nächsten Angriffs der Ratingagenturen weitere Sparpakete.

Die Krönung der Sparpolitik war eine Verfassungsänderung zur Schuldenbegrenzung. Darin zeige sich auch in Spanien, daß die europäische Sparpolitik die Konjunktur abwürge. Weiterlesen … »

Spargroschen für Brot-Spekulation

Auch Volksbanken und Sparkassen bieten Fonds mit Lebensmittel-Spekulationen an
Die Chicago Mercantile Exchange (CME) gilt als einer der wichtigsten Handelsorte für Lebensmittel weltweit
Die Chicago Mercantile Exchange (CME) gilt als einer der wichtigsten Handelsorte für Lebensmittel weltweit Bild von milletre

Spekulation mit Lebensmitteln treibt die Weltmarktpreise nach oben, derzeit stehen sie auf einem Allzeithoch. Diese Preise treiben auch den Hunger in der Welt an, insbersondere bei den Menschen, die einen Großteil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen.  Dahinter steckt nicht immer der böse Spekulant in Frankfurt, London oder New York. Denn auch Sparkassen und Volksbanken bieten Fonds an, die Lebensmittel beinhalten, recherchiert Report aus Müchnen. Die betroffenen Institute versuchen sich herauszureden.

Hier ist offenbar Aufklärung vonnöten. Der eigentliche Skandal dürften aber die unregulierten Märkte für Grundnahrungsmittel sein: Das Problem als eine Frage individueller Moral zu thematisieren, wird die Spekulation zwar nicht eindämmen, jedoch ein Bewutsein beim Verbraucher schärfen. Auf den Anteil der Banken am Hunger durch entsprechende Anlageangebote hat zuvor auch eine Kampagne von foodwatch aufmerksam machen wollen. Einen ebenso verschärfenden Einfluß hat die verfehlte Handelspolitik der Europäischen Union.

Schwarz-weiß in Farbe

Unterschwelliger Rassismus bei der Rollenbesetzung im Fernsehen
Schwarz-weiß in Farbe
Bild von brizzle born and bred

Bei der Mordserie an in erster Linie türkischen Gewerbetreibenden vermutete die Polizei lange Zeit einen mafiösen Hintergrund, und saß somit einem Klischee auf. Diese Form von Alltags-Rassismus durchzieht unsere Gesellschaft: Dies wird an dem Beitrag »Migrantin oder Dealer« von Zapp deutlich, der die Rollenbesetzung von Schwarzen im Fersehen thematisiert. Besonders krass zeigt sich ein koloniales Weltbild bei romantischen Spielfilmen, die das deutsche Fernsehen in Afrika dreht und in denen die Rolle vom weißen Herrscher und schwarzen Diener gespielt wird. So beklagen sich deutsche Schauspieler mit dunkler Hautfarbe über das schlechte Rollen-Angebot, das sie auf dem Markt erhalten. Selten seien das normale Rollen wie Lehrer oder Arzt. Die interviewten Schauspieler meinen allerdings, daß die deutsche Gesellschaft hier längst weiter sei als die Fernsehproduktion.

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