Presseschau Südamerika

Korruption im Schatten des Glanzes

Zur Rolle der FIFA im Weltfußball

Jens Berger hat eine lesenswerte dreiteilige Artikelreihe zur Fußball-WM verfasst. Dabei geht es aber nicht, wie allerorten üblich, um vergangene oder aktuelle sportliche Großtaten, sondern um die Strukturen im Hintergrund des Spektakels. Berger zeigt nicht nur auf, wie tief verwurzelt die Korruption im Fußballweltverband sind, sondern er fragt auch nach den Gründen. Diese liegen teilweise Jahrzehnte zurück, als Sepp Blatters Vorgänger im Amt des FIFA-Präsidenten, Joao Havelange, die Kommerzialisierung des Fußballverbands begründete.

Neben den Problemen aktuell in Brasilien thematisiert die Reihe auch die fragwürdige WM-Vergabe an Katar, insbesondere auch die Rolle, die zahlungskräftige und -willige Mitglieder des katarischen Establishments dabei spielten. Insgesamt ein absolut lesenswerter Kontrapunkt zu vielen anderen journalistischen Arbeiten, die oft nur an der Oberfläche kratzen.

Schlechte Nachrichten

Die kritischen Stimmen an der Krisenberichterstattung im Westen werden lauter

Die Krisenberichterstattung von deutschen und amerikanischen Medien steht zunehmend in der Kritik. Stefan Korinth wirft auf dem Blog Novo Argumente den deutschen Medien die Produktion von »Einheitsbrei« im Konflikt in und um die Ukraine vor. Es mangele an kontroversen Meinungen, letztlich setze sich ein Narrativ durch:

Ein despotischer Diktator lässt sein friedlich protestierendes Volk von brutalen Milizen niederknüppeln. Die Menschen, die sich »Europa« zuwenden wollen, sind gezwungen, sich selbst zu verteidigen. Der korrupte Herrscher lässt schließlich auf sein Volk schießen und flieht bei Nacht und Nebel, als die Menschen trotz vieler Todesopfer nicht weichen.

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Am Ende des Kompromisses

Die Bildungsproteste in Chile stellen den Status quo in Frage
Proteste in Chile 2011
Proteste in Chile 2011 Bild von DGTX

Chile ist seit dem Putsch 1973 ein gespaltenes Land. Daran hat auch die Rückkehr zur Demokratie 1989 wenig geändert. Denn das Land ist durch soziale Ungleichheit geprägt, die besonders im Bildungssytem sichtbar wird. Die Kosten für den Universitätsbesuch tragen maßgeblich die Studenten und ihre Familien. So sind es die Schüler und Studenten, die das politische System mit ihren Protesten nun in Frage stellen. Aus den Bildungsprotesten hat sich eine politische Bewegung entwickelt, die sich mit den sozialen Realitäten in dem neoliberalem Musterland nicht abfinden möchte. Die politische Klasse reagiert mit Zugeständnissen und Repression. Die Bewegung erinnert sich an die soziale Bewegung vor dem Putsch und fordert eine umfassende gesellschaftliche Veränderung, die über Reformen hinausgeht. Peter B. Schumann hat im Deutschlandfunk die Bewegung porträtiert, schildert ihre Forderungen und das politische Klima in Chile.

Imperialer Habitus

Eine neue Strategie für Deutschland in der Welt
Imperialer Habitus
Bild von stevecadman

Vor wenigen Tagen beschloss das Bundeskabinett eine Neuausrichtung bzw. Ergänzung der deutschen Außenpolitik. Neben den traditionellen Verbündeten in EU und NATO sollen verstärkt politisch und ökonomisch wichtige Schwellenländer in allen Erdteilen zur Zusammenarbeit gewonnen werden. Dazu gehören beispielsweise Indien, Brasilien und Südafrika, möglicherweise auch Mexiko und Indonesien. Das erklärte Ziel der Bemühungen ist es, Deutschlands Macht und Einfluss weltweit zu stärken:

Durch diese Partnerschaften wollen wir den Spielraum, die Reichweite und das Wirkungsvermögen unserer gemeinsamen, globalen Gestaltungskraft in einer multipolaren Welt erhalten und ausbauen.

Die Kooperationen sollen sich auf eine breite Palette von Bereichen erstrecken. Es geht etwa um den Aufbau von Netzwerken in Kultur und Wissenschaft, um die lokalen Eliten an Deutschland zu binden. Aber auch militärische und polizeiliche Projekte werden angedacht, beispielsweise die Entsendung von Militärberatern oder Waffenlieferungen. Die Strategie als Ganze ist dabei durchaus langfristig angelegt und soll offenbar Deutschland unabhängiger von den USA machen, zugleich auch nationale Alleingänge ohne die bisherigen Partner ermöglichen.

Ein neuer Anlauf

Hat der Sozialismus eine Zukunft?
Ein neuer Anlauf
Bild von Jose Téllez

Heinz Dieterich ist ein radikaler Kritiker und so etwas wie ein Vordenker des »Sozialismus des 21. Jahrhunderts«. Bekannt wurde er vor allem durch seine Beratungstätigkeit für Hugo Chávez und andere linke Regierungen Südamerikas. Mittlerweile überwiegt bei ihm die Enttäuschung über diese seiner Meinung nach gescheiterten Aufbrüche. Aber zugleich hält er an seiner Vorstellung des Sozialismus fest:

Ein wirtschaftlich-gesellschaftliches System, das auf demokratischer Planung und partizipativer Demokratie beruht und das als Bewertungsmaßstab nicht Marktpreise benutzt, sondern die Arbeitswerte.

Denn das aktuelle System habe versagt:

Ich glaube, dass das bisherige System – bestimmt von Parlamentarismus, Nationalstaat und Marktwirtschaft, dessen Konstruktion aus dem 18. Jahrhundert stammt – heute nicht mehr fähig ist, sich den neuen Erfordernissen der Menschheit anzupassen. Nun muss die Evolution ein neues Weltordnungssystem erzeugen.

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Eine Provinz steht auf

In Peru kämpfen Bewohner gegen eine Mine
Tagebergbau in Yanacocha
Tagebergbau in Yanacocha Bild von Participatory Learning

Vor kurzem erst ist Ollanta Humala zum Präsidenten Perus gewählt worden. Unter anderem wegen seines Versprechens, die Bedürfnisse der Bevölkerung mehr zu respektieren. In der Provinz Cajamarca haben sich die Bewohner mit großangelegten Aktionen gegen die Ausweitung des Goldbergbaus gewendet, weil dadurch das Wasser verschmutzt und ihre Lebensgrundlagen gefährdet werden. Besonders die eingesetzte Chemie, mit der das Gold vom Gestein getrennt wird, ist extrem umweltschädlich. Mit einem Generalstreik und Demonstrationen versuchen sie, sich Gehör zu verschaffen.

Die Regierung beharrt aber auf dem Projekt, das nur kurzzeitig ausgesetzt werde. Denn es gehe um die Entwicklung des Landes, argumentiert sie. Die Menschen vor Ort sehen das freilich anders, denn auch in der Vergangenheit profitierten sie kaum vom Abbau der Ressourcen, obwohl die Goldmine Yanacocha die zweitgrößte der Welt ist. Es handelt sich damit um einen für Lateinamerika typischen Konflikt zwischen den sozialen Bewegungen einerseits und Rohstoffunternehmen andererseits. Die Regierung wiederum steht vor dem Problem, entweder ihre Wähler zu verprellen oder die Investoren. Der Ausgang des Streits ist noch offen.

»Tanz zwischen sozialen Bewegungen und staatlicher Organisation«

Südamerika am Scheideweg
Protestierende Bergarbeiter in La Paz, Bolivien
Protestierende Bergarbeiter in La Paz, Bolivien Bild von Szymon Kochanski

Seit gut zehn Jahren haben in einer Reihe von südamerikanischen Ländern neue linke Regierungen die alten, neoliberal orientierten ersetzt. Doch trotz einiger beachtlicher Erfolge in der Armutsbekämpfung und der staatlichen Sozialpolitik ist ein grundlegender Strukturwandel bisher ausgeblieben. Das hat vielfältige Ursachen. Zunächst sind die politischen Eliten – ob neu oder alt – an der Erhaltung ihrer Posten und Privilegien interessiert. Eine bürokratische Schicht entfernt sich so immer weiter von den Bewegungen von unten. Das gilt für Ecuador, Venezuela und Bolivien. In anderen Ländern wie Brasilien oder Argentinien war ein radikaler Wandel sowieso nie der Anspruch der Regierungen. Ihnen geht es um einen sozial gezähmten Kapitalismus. Ein grundlegendes Problem ist jedoch überall die enorme Macht transnationaler Konzerne, vor allem im Bergbau und Agrarsektor. Flankiert wird das von einer weiter bestehenden Abhängigkeit von den Finanzmärkten und ihren Krediten und Investitionen. Noch ist also keineswegs ausgemacht, ob die sozialen Bewegungen ihren Einfluss erhalten und vielleicht sogar ausbauen können. Weiterlesen … »

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