Herzen der Finsternis
Die berüchtigte Lord’s Resistance Army (LRA) hat ihre Ursprünge im Bürgerkrieg im ostafrikanischen Uganda der 80er Jahre. Seitdem führt die Rebellentruppe unter Joseph Kony Krieg auf eigene Rechnung gegen die Zivilbevölkerung. Der Ruf von Plünderern, Mördern und Vergewaltigern eilt ihr voraus. Dabei zieht sie durch die unwegsamen ländlichen Regionen im Dreiländereck von Uganda, Sudan und Kongo – sie profitiert von der Instabilität der Region. Lange Zeit soll sie von der sudanesischen Regierung Unterstützung erhalten haben, um im sudanesischen Bürgerkrieg gegen den Süden zu kämpfen. Dabei werden in Dörfern Kinder entführt, die gezwungen werden, sich der Truppe anzuschließen. Im Kongo soll sie während des Jahreswechsels 2009/2010 für mehrere Massaker mit hunderten Toten verantwortlich sein. Callum McRae hat für Al Jazeera eine beeindruckende Reportage erstellt, in der er den Spuren der LRA folgt.
Wessen Freiheit?
Rainer Hank nimmt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die öffentliche Diskussion über die aktuelle Schwäche der FDP zum Anlass, einen Exkurs über die Geschichte des Liberalismus in Deutschland zu führen. Denn dessen Niedergang habe Tradition. Der negative Freiheitsbegriff, die Freiheit von der Macht des Staates, habe in Deutschland schon immer einen schweren Stand gehabt. Der Autor nimmt sich eine Rede des Liberalen Friedrich Naumann Anno 1901 zum Zeugen, um an die Neigung zum oberflächlichen und »phrasenhaften« im Liberalismus zu erinnern: Neben der Abgrenzung von positiver und negativer Freiheit darf »das marktwirtschaftliche Bekenntnis nicht mit einer per se wirtschaftsfreundlichen Grundhaltung verwechselt werden«. So hätte die FDP den gigantischen Steuergeldern, die den Banken zufloßen, widersprechen müssen. Gleichwohl läßt der Autor eine analytische Trennung von Wirtschaftsliberalismus und bürgerlichen Freiheitsrechten vermissen.
Brandbeschleuniger
Der Bundesinnenminister warnte im November eindrücklich vor der Gefahr von Terroranschlägen in Deutschland. Quellenlage und Seriösität der Warnungen blieben unbekannt, ein Anschlag blieb bislang aus. Doch seit dem Sommer hat es bereits 6 Brandanschläge gegeben – auf Moscheen in Berlin. Bisher entstand nur Sachschaden, Menschen wurden nicht verletzt. Das Online-Portal Migazin, das sich die bessere Kommunikation zwischen Migranten und Ureinwohnern in Deutschland auf die Fahnen geschrieben hat, berichtete über die Anschlagsserie: Die Frage steht im Raum, ob die aktuelle Debatte über Migration eine eskalierende Rolle spielt. Auf der anderen Seite erstaunt das geringe Medienecho im Vergleich zur Migrationsdebatte sowie den Terrorwarnungen. Kritisiert wird, daß islamfeindliche Gewalt bislang in der Kriminalstatistik nicht ausreichend erfaßt wird. Eine Studie der Uni Münster stellte eine hohe Islamfeindlichkeit im europäischen Vergleich in Deutschland fest.
Staat am Abgrund
Bereits 2002 begann in der Elfenbeinküste ein Bürgerkrieg zwischen dem muslimischen Norden und dem christlichen Süden. Ähnlich wie bei den immer wieder aufflammenden Konflikten in Nigeria ist die Religionszugehörigkeit nur die Oberfläche des Konflikts: Der Norden ist geprägt von Einwanderung aus den benachbarten nördlichen Staaten wie Mali und Burkina Faso in den Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs. Den Einwanderern wird die Gleichberechtigung als Staatsbürger verwehrt. Eigentlich waren die Präsidentschaftswahlen als Teil der Befriedung des Landes gedacht, doch der laut internationalen Wahlbeobachtern unterlegene Präsident Laurent Gbagbo erkennt den Wahlsieg von Alassane Ouattara nicht an. Ouattara dagegen kommt aus dem Norden, seine Mutter ist aus Burkina Faso eingewandert. Gbagbo hat als Vertreter des Südens einfach einen Teil der Wahlergebnisse nicht anerkannt und sich zum neuen Präsidenten eingesetzt. Nun eskaliert die Gewalt; daher wird über die Verlängerung des zum Jahresende auslaufende Mandats der UN-Soldaten diskutiert. Weiterlesen … »
Effizienz über alles!
In einem Gastkommentar auf le bohémien plädiert Florian Sander, Mitglied des Rates der Stadt Bielefeld (FDP), für die Freiheit des Bildungsbereichs von Wirtschaftlichkeit als oberstem Grundsatz. Demnach profitiere die Gesellschaft durchaus von der Ungezwungenheit der Wissenschaft, auch nicht wirtschaftlich verwertbares zu erforschen, denn nur wissenschaftlicher Freiraum ermöglicht gute wissenschaftliche Arbeit. Die Unterwerfung des Hochschulwesens unter ständige finanzielle Zwänge und Effizienz führe außerdem zu kollektiver Verdummung und schlechter, weil eingeengter, Wissenschaft.
Der politische Preis
Nachdem im vergangenen Jahr mit Barack Obama ein Präsident eines Landes mit dem Friedensnobelpreis geehrt wurde, das zugleich mehrere Kriege führt, geht der Preis dieses Jahr an den chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo, der für seine Charta 08 eine langjährige Haftstrafe wegen Aufrufs zum Umsturz absitzen muß. Über diese Wahl gibt es geteilte Meinungen: Für Martin Winter steht in der taz der Einsatz für Menschenrechte, Pressefreiheit und Demokratie im Vordergrund. Auch wenn es in der Opposition nicht nur Zustimmung für die Thesen des Preisträgers gebe, kritisieren selbst chinesische Offizielle hinter vorgehaltener Hand die Haftstrafe.
Weiterlesen … »
Radikalisierung in der Krise
Erstaunlich genau deckt sich der Befund der Studie Deutsche Zustände des Bielefelder Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung zu Vorurteilen mit den Ergebnissen einer Untersuchung vom Oktober zu Rechtsextremismus: Nahmen die rechtspopulistischen, sexistischen und homophoben Einstellungen langfristig eher ab, ist im Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr ein signifikanter Anstieg der Islamfeindlichkeit zu erkennen. Besonders ausgeprägt sei die Zunahme rechtspopulistischer Einstellungen sowie eine Entsolidarisierung im Bürgertum. Die wachsende Islamfeindlichkeit hatte bereits eine Studie der Uni Münster gezeigt: Sie sei in Deutschland stärker ausgeprägt als in anderen europäischen Ländern. Weiterlesen … »