Medium Zeitungen

Eine merkwürdige Verbindung

Zum Erfolg der britischen UKIP

Owen Jones beschreibt die Situation der britischen UK Independence Party, die seit geraumer Zeit das etablierte Parteiengefüge in Großbritannien durcheinanderwirbelt. Gründe für ihren Erfolg sieht er in der schwierigen sozialen und ökonomischen Lage des Landes. Während die Konservativen auf die Wahlergebnisse von UKIP mit einem deutlichen Rechtsruck reagierten, habe es die sozialdemokratische Labour Party versäumt, eine überzeugende Alternative zu formulieren.

Der Autor verweist auf die eigentümliche Tatsache, dass viele Wähler der UKIP zwar aus der Arbeiterschaft kommen, die Partei in ihrer Programmatik dagegen eine dezidiert unternehmerfreundliche Linie verfolgt, beispielsweise in der Sozial- und Steuerpolitik. Wichtigstes Merkmal ihrer Argumentation ist die Kombination aus Ausländerfeindlichkeit und Kritik an der Europäischen Union. Jones geht zwar nicht von einer baldigen Regierungsübernahme der UKIP aus, denn das britische Mehrheitswahlrecht bevorzugt die beiden etablierten Großparteien. Aber allein ihre Existenz könnte diese traditionellen Kräfte zu einem Kurswechsel nach rechts zwingen - erste Anzeichen dafür sieht Jones in entsprechenden Kampagnen der Konservativen.

Ende des Höhenflugs

Desertec steht vor der Abwicklung

Die Idee war ebenso ehrgeizig wie waghalsig: Mithilfe von Sonnenkraft und Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe sollten in Nordafrika gewaltige Anlagen für erneuerbare Energie aufgebaut werden. Der so gewonnene Strom hätte dann nicht nur die Länder des Maghreb, sondern auch Europa versorgen können. Doch daraus wird wohl nichts: Nachdem in den vergangenen Jahren bereits namhafte Konzerne wie Siemens, Bosch und Bilfinger aus dem Konsortium ausgestiegen sind, wird die Trägergesellschaft DII voraussichtlich Ende 2014 abgewickelt. Allenfalls als kleine Beratungsagentur könnte sie fortbestehen.

Es ist ein ganzes Bündel von Ursachen, die zum Scheitern des Projekts geführt haben. Zunächst sind Solaranlagen mittlerweile so preiswert, dass sich auch mit weniger Sonnenstunden in Mitteleuropa genug Strom generieren lässt, um die Anlagen rentabel zu betreiben. Hinzu kommen die hohen Verluste durch die erforderlichen Überlandleitungen. Des Weiteren vertrauen die nordafrikanischen Länder, vor allem Marokko, lieber auf eigene Projekte. Schließlich konnten sich die zahlreichen Teilhaber nicht über ein gemeinsames Konzept einigen.

In gewisser Hinsicht war es der schiere Gigantismus, der Dersertec zum Scheitern brachte: Er erforderte horrende Investitionen und damit eine große Zahl an Teilhabern mit ganz unterschiedlichen Interessen. Zugleich zeigt die Entwicklung der letzten Jahre auch, dass erneuerbare Energien gerade dann besonders effizient sind, wenn die Anlagen dezentral und damit nahe beim Verbraucher platziert werden.

Olympia - Fluch oder Segen?

Zu den deutschen Bewerbungen um die Sommerspiele

Aktuell bringen sich Hamburg und Berlin in Stellung für eine mögliche Kandidatur als Ausrichter der olympischen Sommerspiele 2024 oder 2028. Noch sind weder die konkreten Vorgaben des IOC noch die Details der Bewerbungen fix. Aber einige Eckdaten sind verfügbar und die Fronten der Befürworter wie Kritiker formieren sich bereits.

Nach dem krachenden Nein der Wähler in München und Umland bezüglich der Winterspiele 2022 ist klar, dass der Frage der Bürgerbeteiligung wie überhaupt der Akzeptanz durch die Bevölkerung eine wichtige Rolle zukommt. Auch die Bewerbung Berlins für die Spiele 2000 scheiterte nicht zuletzt am mangelnden Rückhalt. Tatsache ist, dass sich bereits wieder ein breiter Widerstand gegen die Spiele in Berlin zusammenfindet.

Eng damit zusammenhängend ist die Frage der Kosten eines solchen Megaevents. Gut zwei Milliarden Euro veranschlagen beide Städte dafür. Allerdings gilt das nur für den Bau der Wettkampfstätten, die eigentliche Durchführung, Sicherheitsvorkehrungen, das olympische Dorf u. a. m. sind hier ausdrücklich noch nicht enthalten. Die Erfahrungen bisheriger Spiele zeigen jedoch, dass noch nie die ursprünglichen Budgets eingehalten werden konnten. Vielmehr haben sich die Kosten im Durchschnitt fast verdreifacht. Wobei sich der IOC dank seiner Verträge hier schadlos hält, die Gelder also von den Gastgebern aufgebracht werden müssen. Allerdings ist hoch umstritten, inwiefern diesen ausufernden Kosten positive Effekte gegenüberzustellen sind, beispielsweise im Tourismus. Viele dieser Auswirkungen sind schlicht nicht genau zu bestimmen - und damit auch kaum seriös zu diskutieren.

Ohne Strom

Zum Bürgerkrieg in der Ukraine

Ein in den Diskussionen zum Bürgerkrieg in der Ukraine etwas unterbelichtetes Thema ist bislang die ökonomische Lage. Dabei steht die Ukraine vor dem Kollaps. Einerseits ist das bedingt durch die Zerstörungen im Verlauf der Kämpfe, andererseits durch den maroden Staatshaushalt und die gestoppten Lieferungen aus Russland. Vor allem die Energieversorgung wird wohl auf Jahre hinaus schwierig bleiben.

Schottische Unabhängigkeit - wozu?

Ein Diskussionsbeitrag

Im September steht das Referendum über die schottische Unabhängigkeit an. Der Befürworter Neal Ascherson zählt eine Reihe von Gründen auf, die dafür sprechen. So glaubt er beispielsweise, soziale Errungenschaften in einem schottischen Staat besser schützen zu können. Außerdem argumentiert Ascherson, die Befürworter seien vielfach eher von Labour enttäuschte Wähler als wirkliche Unterstützer der nationalistischen SNP. Und schließlich wäre mit der Unabhängigkeit ein Verbleib in der EU sicherer - ein gerade in Zeiten der europäischen Krise vielleicht überraschendes Argument. Insgesamt ein sicher kontroverser, aber doch lohnender Text über ein in Deutschland wenig wahrgenommenes Phänomen.

Im Schatten von TTIP

Ein Freihandelsabkommen mit Afrika

Das aktuell verhandelte nordatlantische Freihandelsabkommen stößt auf großes Interesse und breite Kritik. Fast unbemerkt wurde parallel dazu von der EU ein Abkommen mit mehreren südafrikanischen Ländern ausgehandelt. Dabei geht es u. a. um die Marktöffnung für Agrarprodukte aus der EU. Allerdings sind die Details unbekannt, da die Europäische Kommission den Vertrag nicht veröffentlichen will - noch nicht. Das macht aber eine Bewertung oder gar Proteste fast unmöglich, wie Jost Maurin festhält. Brisant ist das Vertragswerk vor allem im Hinblick auf die subventionierten Agrarerzeugnisse, die nun den afrikanischen Markt überschwemmen und damit lokalen Produzenten ihre wirtschaftliche Grundlage entziehen könnten.

Arbeit auf Abruf

Die Flexibilisierung im Einzelhandel

Mit einer ganzen Palette von Arbeitszeitregelungen wälzen die Unternehmen seit Jahren Geschäftsrisiken auf ihre Angestellten ab: Bei hohen Umsätzen fällt mehr Arbeit und entsprechend mehr Lohn an. Sind die Läden aber - vorübergehend - leer, müssen die Arbeitnehmer unbezahlt zuhause bleiben. Streiks haben zwar jüngst dazu geführt, dass der Manteltarifvertrag wieder in Kraft gesetzt wurde, weitere Verschlechterungen also abgewehrt werden konnten. An den Arbeitszeitregelungen hat sich jedoch nichts geändert. Das geltende Arbeitsrecht sieht hier großen Spielraum für die Unternehmen vor. Klagen an den zuständigen Gerichten werden außerdem kaum angestrengt und noch seltener über Jahre hinweg aufrechterhalten. Das liegt nicht zuletzt an der abhängigen und unsicheren Lage der Betroffenen. Hier zeigt sich, dass Prekarisierung schon selbst zum Erhalt und Ausbau der Prekarisierung beiträgt.

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