Presseschau Recht

»Schattenwirtschaft vor der Haustür«

Fehlt es in Deutschland an wirksamen Anti-Mafia-Gesetzen?

Die Mafia ist in Deutschland auf dem Vormarsch: Das sieht David Schraven auf dem Rechercheblog von DerWesten auf uns zu kommen. Diese Erkenntnis zieht er aus der Lektüre der zwei Bücher »Metastasen« und »Mafia-Export«. Deutschland fehle eine ausreichende Anti-Mafia-Gesetzgebung. Daher kommen die Kriminalämter der Geldwäsche selten auf die Spur. Selbst Mafiosi, über die dem BKA umfangreiche Dossiers vorliegen, führen ihre Geschäfte vor der Nase der Ermittler. Die Folge sei die »Ausbreitung der kriminellen Schattenwirtschaft, die direkt vor unserer Haustür beginnt«.

Tote Zeugen

Die Europäische Union scheitert am Aufbau eines Rechtsstaats im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo
Zigarettenschmuggel im Kosovo Bild von blandm

Kaum jemand würde den Kosovo als funktionierenden Rechtstaat bezeichnen. Die organisierte Kriminalität ist nach der Ausrufung der Unabhängigkeit 2008 nach wie vor ein wichtiger Wirtschaftszweig. Dazu zählt der Schmuggel von Drogen und Zigaretten in die EU. Die regierende Demokratische Partei (PDK) des Premierministers Hashim Thaçi wird immer wieder in Verbindung mit kriminellen Geschäften gebracht. Daneben werden Politiker der Partei, die die politische Nachfolgeorganisation der Rebellenarmee UÇK ist, Kriegsverbrechen vorgeworfen. Doch der ehemalige Premier Ramush Haradinaj musste bei einem Kriegsverbrecherprozess in Den Haag freigesprochen werden, weil von zehn Zeugen nur noch einer lebte. Ein geheimes Papier des Bundesnachrichtendienst sah ihn zudem in Drogen- und Waffengeschäfte verwickelt.

Daher weist eine Reportage von Frontal21 auf die wichtige Rolle des Zeugenschutzprogrammes der Europäischen Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX hin. Doch das Programm schützt und betreut seine Klienten nur mangelhaft. Ein Zeuge wurde in einem Park in Duisburg erhängt aufgefunden, nachdem er sich über das Programm beschwerte. Der ZDF-Bericht beklagt somit den mangelnden Willen der Schutzmächte, im Kosovo mit der Vergangenheit aufzuräumen und für rechtsstaatliche Verhältnisse zu sorgen.

Bei Anruf Mord

Zwei Dokus über die Kriminalisten des Mordes
Bei Anruf Mord
Bild von peterstephenblass

Ein buntes Bild zeichnet das deutsche Fernsehen gerne über die Arbeit von Ermittlern und Mordkommissionen. Die reale Arbeit am Tatort ist dagegen meist eher dröge, sie besteht aus dem peniblen Sammeln und Auswerten von Spuren. Ein Dokumentarfilm von Ernst August Zurborn hat den Ermittlern für Mord und Totschlag in Hamburg  in sehr zurückhaltender Form über die Schultern geschaut. NDR 45 min zeigt dagegen den Berufsalltag der Fallanalytiker. Die Profiler werden in der Regel erst bei sehr schwierigen Fällen hinzugezogen, bei denen die Kriminalisten nicht vorankommen. Hier gilt die Regel: Jeder Täter trifft ständig Entscheidungen, die viele Details über ihn verraten. Daraus lässt sich häufig ein Profil rekonstruieren. Beide Filme ergänzen ein Bild über die zumeist eher banalen Motive des Tötens – Agatha Christie wäre wohl wenig beeindruckt.

Bis zum jüngsten Tag

Unbegrenzte Internierung wird in den USA gesetzeskonform
Bis zum jüngsten Tag
Bild von Gino Reyes, The National Guard

Barack Obama ist mit dem Versprechen angetreten, Guantanamo zu schließen. Doch am letzten Tag des vergangenen Jahres unterschrieb er den National Defense Authorization Act, der die zeitlich unbegrenzte Internierung von Terrorverdächtigen durch das Militär erlaubt. Das zuvor angekündigte Veto hat er fallenlassen – Abgeordnete des Kongresses vertreten die Meinung, das Gesetz würde nur geltende Praxis juristisch umsetzen. Doch an der Verfassungskonformität bestehen massive Zweifel. Human Rights Watch kritisiert, die USA würden nun zu geltendem Recht erklären, was sie in anderen Staaten wie Ägypten als Ausnahmezustand beklagen. Chris McGreal gab bereits Mitte Dezember die massive Kritik an dem Gesetz wieder. Offen greift Jonathan Turley im Guardian sowohl den Präsidenten als auch die Medien an:

Das beinahe vollständige Versagen der großen Medien, über die Sache zu berichten, ist schockierend. Viele Journalisten haben der Obama-Regierung ihren Spin abgekauft, wie sie der Bush-Regierung ihren Spin über Folter abgekauft haben. Noch immer weigern sich manche Journalisten die Praxis des Waterboarding Folter zu nennen - trotz der vielen Klagen und obwohl Experten seit Jahrzehnten sagen, dass es sich dabei durchaus um Folter handelt.

Kratzen an der Oberfläche

Zur Kritik der Banker
Was steckt unter der Oberfläche?
Was steckt unter der Oberfläche? Bild von Wolf-Ulf Wulfrolf

Simon Johnson ist Chefökonom des IWF und damit einer der einflussreichsten Wirtschaftswissenschaftler überhaupt. In der FTD vertritt er die Meinung, Bankmanager sollten nicht nur hohe Gehälter und Boni einstreichen, sondern im Falle des Scheiterns auch zur Verantwortung gezogen werden - sprich: für die Schäden mithaften. Das sei momentan aber nicht so. Ungeachtet der großen Summen, die Staaten in den Finanzsektor gepumpt haben, sind derartige Regelungen bisher nicht in Kraft getreten. Und das trotz der fatalen Folgen für Millionen »normale« Bürger.

Kommentar

Sicherlich hat Johnson in diesem Punkt recht. Nur: Die Vergütung der Manager ist allenfalls ein sekundäres Problem. Sicher, sie heizt die Spekulation an, schafft falsche Anreize für überhöhte Risiken. Aber der Kern der Finanzkrise liegt woanders: In der extrem ungleichen Einkommens- und Vermögensverteilung. Sie liefert überhaupt erst die Gelder, um Spekulationsblasen entstehen zu lassen, schwächt die Nachfrage nach Konsumgütern und schließt viele Menschen von der sozialen Teilhabe aus. Eine strenge staatliche Regulierung der Vergütungspraxis wäre also wünschenswert, kann aber nur ein Mosaiksteinchen innerhalb eines umfassenderen Umbaus der Wirtschaft sein.

Die Spitze des Eisbergs

Die Affäre Wulff als kleiner Anteil einer korrupten Republik
Carsten Maschneyer möchte gern im Rampenlicht stehen, hier neben Veronica Ferres
Carsten Maschneyer möchte gern im Rampenlicht stehen, hier neben Veronica Ferres Bild von Hubert Burda Media

Mit einem gewissen Erstaunen nimmt die Republik zur Kenntnis, wie sich ihr Präsident eine ganze Reihe von kleinen Gefälligkeiten reichen ließ: Die Gemüter streiten sich, ob dahinter Ungeschicklichkeit oder System steckt. Doch der Eindruck einer korrupten Elite entsteht insbesondere durch die verdeckte Wahlkampffinanzierung des Versicherungsunternehmers Carsten Maschmeyer1, welche er nicht nur Christian Wulff, sondern bereits Gerhard Schröders zukommen ließ. Denn Machmeyer gilt als das Zentrum der Hannover-Connection, einem Netzwerk, in dem sich Politiker diverser Coleur, Finanzdienstleister, das Management eines Autoherstellers und gar Unterweltgrößen die Hand reichen. Die »politische Korruption« der Schröder-Regierung arbeitete Christoph Lüttgert bereits im Januar in seinem polemisch-investigativem Stil heraus: Die Grenze zwischen politischen und wirtschaftlichen Interessen ist in dieser Reportage nicht zu erkennen. Die Akteure der Drehtürpolitik geben sich ganz ungeniert, indem sich beispielsweise das vormalige Kabinettsmitglied Walter Riester für Voträge bezahlen läßt oder der Regierungsberater Bert Rürup direkt ins Geschäft einsteigt.

Aufruhr in der Steppe

Haben die Unruhen in Kasachstan eine internationale Dimension?
Öltransport in Kasachstan
Öltransport in Kasachstan Bild von Duccio Aiazzi

In der ölreichen Region im Südwesten Kasachstans kam es zu schweren Unruhen, bei denen 15 Menschen starben. Seit Monaten protestieren Ölarbeiter für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen; Gewerkschafter sowie deren Angehörige wurden ermordet. Schwerpunkt der Proteste ist das nahe dem Kaspischen Meer gelegene Djanaosen. Die Regierung in Astana will die Lage vor den Parlamentswahlen beruhigen, scheint aber hin- und hergerissen zwischen Repression durch Nachrichtensperre sowie Truppen und Gesten der Schlichtung. Dabei bleibt vieles im Unklaren: Laut Chistian Esch in der Berliner Zeitung richten sich die Proteste auch gegen chinesischen Einfluss – eine wichtige Ölfirma in der Region ist ein kasachisch-chinesisches Joint-Venture. Ulrich Heyden gibt dagegen auf Telepolis Stimmen wieder, nach denen Oligarchen im Exil sowie »Kräfte im Westen« den Widerstand in der Region unterstützen: Ob der Protest der Ölarbeiter eine internationale Dimension hat, bleibt allerdings genauso unklar wie der genaue Ablauf der Ereignisse.

Kasachstan war bislang im instabilen und rohstoffreichen Zentralasien, in dem verschiedene Mächte um Einfluß ringen, ein eher stabiles Land. Der Staat erfuhr durch die OSZE-Präsidentschaft trotz einer Ein-Partei-Diktatur internationale Anerkennung.

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