Presseschau Agenda Setting

Basisbewegung von oben

Tea-Party-Bewegung ist vor allem Projekt einzelner Multimilliardäre

Die Tea-Party-Bewegung in den Vereinigten Staaten hat auch in der deutschen Presse Bekanntheit erlangt – meist als übliche halb ernst gemeinte Zurschaustellung amerikanischer Einfalt. Dabei ist diese Bewegung sowohl Instrument eines erbitterten Machtkampfs innerhalb der Republikanischen Partei als auch ein handfestes Phänomen der politischen Landschaft: Bewegungen die vorgeblich 'von unten' kommen, also von ganz gewöhnlichen Menschen aus der Bevölkerung angetrieben und organisiert werden, tatsächlich aber von Großindustriellen gegründet, aufgebaut und finanziert werden, also 'von oben' kommen. Dieses Prinzip gibt es grundsätzlich auch in Deutschland. Zum Beispiel die vor einigen Jahren an jeder Werbewand präsente Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Der Begriff ”Initiative” suggeriert dabei zusammen mit Bildern von 'ganz normalen Leuten', die Kampagne wäre ganz natürlich in der Basis entstanden, direkt in der Bevölkerung. Aber dahinter steht die Metall- und Elektroindustrie, deren Verbände die INSM von Anfang an aufgebaut haben. Weiterlesen … »

Nichts neues – mal wieder

Amerikanische Regierung übertreibt Bedeutung der nun veröffentlichten Diplomatenberichte

Die Diskussion um Sinn oder Unsinn der neuesten WikiLeaks Veröffentlichung diplomatischer Berichte beschäftigt die Gemüter. Regierende behaupten, die Veröffentlichung gefährde die nationale Sicherheit und bringe Mitarbeiter vor Ort in Gefahr. Simon Jenkins vom britischen Guardian kontert, es sei Aufgabe der Regierung – nicht der Presse – Staatsgeheimnisse zu wahren. Die Regierung habe seit Monaten von dem Verlust der Daten gewusst und genügend Zeit gehabt, sich darauf vorzubereiten. Zumal, wenn diese Berichte in der Tat so sensibel wären, warum sind sie dann nicht als streng geheim eingestuft worden und über drei Millionen Staatsbediensteten zugänglich? Wären die Daten so brisant, wie die Regierung behauptet, hätten sie ganz offensichtlich besser geschützt werden müssen. Weiterlesen … »

Wer demonstriert warum?

Zu den Protesten gegen Stuttgart 21

Eine Befragung von Teilnehmern der Demonstration vom 18. Oktober gegen Stuttgart 21 gibt Aufschluss über die Ansichten und Motive der Beteiligten. So zeigt sich, dass einer kleineren Gruppe von stark Engagierten eine große Zahl von moderaten und wenig politikerfahrenen Protestlern gegenübersteht.

Die meisten verorten sich selbst eher im linken Spektrum, ohne deshalb radikal zu sein; dafür spricht auch die überwältigende Zustimmung zu den Grünen von über 70%. Viele sehen nicht nur das Projekt Stuttgart 21 kritisch, sondern sind auch mit der Vorgehensweise der verantwortlichen Politiker bzw. der Bürgerferne allgemein unzufrieden. Hinzu kommt eine überwiegende Wahrnehmung der Medien als parteiisch und wenig informativ. Weiterlesen … »

Weg vom Hofstaat

Politischer Journalismus in der Berliner Republik

Kampangnenjournalismus statt kritische Berichterstattung: Die allzu große Nähe vieler Medien zur Politik und zur Macht erfährt wachsende Kritik. Viele Journalisten schauen lieber nicht genau hin, um sich ihre guten Kontakte in der Berliner Republik nicht zu verbauen. So fehlt es nicht nur an Distanz zur Macht, sondern auch an ausreichender Analyse, welche über die »Aneinanderreihung von kurzfristigen Beobachtungen« hinausgeht. David Goeßmann hat sich im Deutschlandfunk für eine Bestandsaufnahme des politischen Journalismus in der Medienrepublik umgetan. Dazu hat er Journalisten und Medienwissenschaftler befragt.

Seltsame Selbstmorde

Von Pressefreiheit ist in Weißrussland keine Rede

Mitte Dezember sind Präsidentschaftswahlen in Weißrussland; an der Freiheit der Wahlen gibt es Zweifel, einige Beobachter sehen in dem Präsident Alexander Lukaschenko den letzen Diktator in Europa. Birgit Gärtner erstellte auf Telepolis ein Porträt der politischen Lage des Landes, welches keinen Zweifel an der autoritären Staatsführung läßt. Interessant ist, wie die Herrschaft über das Monopol des Pressvertriebs gesichert wird; ebenso, daß das Land dem Westen auch deshalb ein Dorn im Auge ist, weil es sich lange der Privatisierungspolitik widersetzt hat.

Aufgrund der staatlichen Medienvorherrschaft sind in dem Land die Netzmedien besonderns wichtig als Oase unabhängiger Berichterstattung. Entsprechend groß war das internationale Medienecho, als einer der Initiatoren der Netzplattform Charta97 aus dem Leben schied. Laut Staatsanwaltschaft steht ein Selbstmord fest, die Zweifel daran sind jedoch überwältigend. NDR Zapp ist nach Minsk gefahren, um den Fall zu dokumentieren.

»Die Nische in der Nische ist der Tod«

Lieder in Endlosschleife sollen den Radiosender Sputnik attraktiver machen.

Das Jugendradio des MDR »Sputnik« wurde durch eine »Programmoptimierung« im Sommer 2010 für neue Zielgruppen geöffnet, so die offiziellen Verlautbarungen des Sendermangaments. Die taz bewertet dies dagegen als die schrittweise Abwicklung eines der letzten öffentlich-rechtlichen Nischenprogramme für jugendliche Hörer. Weiterlesen … »

Gegen die Wand

Ein Echo auf die Medienkampagne gegen Griechenland
Wer ist faul im Staate Griechenland? <br/>Foto von Klearchos Kapoutsis
Wer ist faul im Staate Griechenland? Foto von Klearchos Kapoutsis

Alexandros Stefanidis schrieb im Januar einen Beitrag im SZ-Magazin über  Griechenland, in dem er die hausgemachten Probleme erläuterte. Doch auf die Medienkampagne gegen das Land in Deutschland war er nicht gefasst. Angeführt von der Bild-Zeitung, aber auch von der seriösen Presse wie der FAZ getragen, wurden die Griechen als faule Schmarotzer diffamiert. Dabei wurde mit falschen Fakten gearbeitet. Stefanidis beschreibt nun das entsetzte Echo in Griechenland auf die Kampagne, wo sich viele an die deutsche Besatzung erinnert fühlen. Dabei sei die Auswirkung der Sparmaßnahmen nicht dargestellt worden: »Ein ganzes Land wird per Verordnung auf Hartz IV gesetzt.« Er zitiert den ehemaligen Chefredakteur der Bild am Sonntag, Michael Spreng:

In einer seit dem Kampf des Springer-Verlages gegen die Ostverträge beispiellosen Kampagne machte BILD Front gegen Bundesregierung und Parlament und versuchte, die Leser gegen die Griechen in einer Form aufzuwiegeln, die an Volksverhetzung grenzte.

Weiterlesen … »
Inhalt abgleichen