Presseschau Beitrag

Große Fragezeichen

Der scheidene hessische Ministerpräsident hinterläßt unaufgeklärte Affären

Als einer der fragwürdigsten Landesverbände in der deutschen Parteienlandschaft gilt die hessische CDU. Weniger wegen ihrer erzkonservativen Gesinnung als vielmehr aufgrund der zahlreichen Skandale ist die Partei des Roland Koch berüchtigt. Dazu zählt die bislang unaufgeklärte Schwarzgeld-Affäre, die ihre Fortsetzung in der Steuerfahnder-Affäre fand, ebenso wie das Absägen des renommierten Chefredakteurs des ZDF Nikolaus Brender. Immer wieder wurde das lockere Verhältnis zur Wahrheit als auch zu Wirtschaftsinteressen moniert. Dabei baut die Partei auf eine Art Corps-Geist, durch den wenig nach außen dringen kann.

Die Frankfurter Rundschau hat sich um die Aufklärung der Steuerfahnder-Affäre, in der zahlreiche unliebsame Beamte aufgrund ihres Fahndungseifers durch fingierte psychologische Gutachten kaltgestellt werden sollten, verdient gemacht. Pitt von Bebenburg blickt auf die Amtszeit Kochs zurück. Härter geht Wolf Wetzel mit dem hessichen Komplex ins Gericht, kritisiert insbesondere die Berichterstattung einiger Medien, die versuchen, die Steuerfahnder-Affäre herunterzuspielen. Er sieht vielmehr ein System der Korruption in Hessen, in dem Wirtschaft, Politik und Medien verstrickt sind:

Was die Steuerfahnder exemplarisch aufzudecken bereit waren, ist ein System, das jenseits von Parlamenten, Wählerwillen, Gesetz und Strafverfolgung agiert und regiert. Wie durch das Bullauge eines Kreuzfahrtschiffes konnten die Steuerfahnder der ›Bankengruppe‹ etwas sehen, was sich unterhalb der Wasseroberfläche bewegt: Ein kriminelles Kartell aus politischen Eliten und Großunternehmen, die mit Milliarden-Beträgen Macht ausüben und Einfluss kaufen, Öffentlichkeit generieren und Märkte erobern, Gesetze (ab-)schaffen und rechtsfreie Zonen errichten.