Presseschau

Rückfall in alte Muster?

Konflikt zwischen Regierung und Militär in Pakistan spitzt sich zu
Gute Beziehungen? Besuch des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Volker Wieker, in Pakistan Anfang 2011
Gute Beziehungen? Besuch des Generalinspekteurs der Bundeswehr, General Volker Wieker, in Pakistan Anfang 2011 Bild von Bundeswehr

Die Armee ist traditionell der eigentliche Machthaber Pakistans. Sobald die Politik sich grundlegende Entscheidungen anmaßt und den Einfluß des Militärs beschneiden will, ist der nächste Putsch nicht fern. Auf diesen Punkt sieht die Nachrichtenseite German-Foreign-Policy den Staat zwischen Afghanistan und Indien zusteuern. Der Premier Jusuf Raza Gilani entließ den Militärvertreter im Verteidigungsministerium. Statt einem gewaltsamen Umsturz bevorzugen die Generäle den Übergang zu einer ihnen genehmen Regierung. Im Hintergrund kämpft der Westen mit China um Einfluß in dem Land. Die USA wollen Deutschland in einer Vermittlerposition als Vertreter der Europäischen Union.

Wirtschaftsweise ratlos

Die Krise und die Wirtschaftswissenschaften

In einer dreiteiligen Interviewreihe setzt sich die Sendung »Essay und Diskurs« des Deutschlandradios mit der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise und der Lage der Wirtschaftswissenschaften auseinander. Dabei werden sowohl die Selbstwahrnehmung der Disziplin durch viele ihrer Vertreter als auch die vorherrschende Schule der neoklassischen Ökonomik kritisch hinterfragt.

So kritisieren Martin Wolf, Chefkommentator der »Financial Times« und Mitglied des »Institute for New Economic Thinking« (»Institut für neues ökonomisches Denken«) und André Orléans, französischer Ökonom und Mitverfasser des »Manifeste d´économiste atterrés« (»Manifest der bestürzten Ökonomen«), dass die Wirtschaftswissenschaften sich zur Zeit eher als Natur- denn als Sozialwissenschaft verstünden. Daher seien sie blind für die Wechselwirkungen zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, behandelten ihre Forschungsergebnisse häufig fälschlicherweise wie naturwissenschaftliche Fakten und erhöben den unerreichbaren Anspruch, die Zukunft des Wirtschaftsgeschehens vorherzusagen. In diesem Zusammenhang kritisiert Wolf vor allem den vielzitierten homo oeconomicus, der ständig rational seine Profitmöglichkeiten kalkuliert und sich an diesen orientiert, als »unerträgliche Abstraktion«. Weiterlesen … »

Die Regierung, die wir verdienen

Juli Zeh und die Postdemokratie

Juli Zeh mahnt zur Vorsicht, wenn vielerorts die Rede davon ist, die Demokratie sei schon verloren. Wichtige Dinge in der Politik laufen falsch, deswegen ist aber unsere Demokratie als solche nicht zerstört. Der Glaube, komplett unregulierte Märkte würden nicht nur für die unmittelbaren Marktteilnehmer, sondern auch für die Gemeinschaft als ganzes die beste Lösung sein, hat sich inzwischen als falsch erwiesen. Juli Zeh erinnert aber daran, dass die Politik, die in den vergangenen Jahrzehnten diesem Irrglauben gefolgt ist, nicht losgelöst agierte von dem, was die Gesellschaft wollte, oder von der Sorge um die Gesellschaft. Dem neoliberalen Irrglauben saß auch die große Mehrheit außerhalb der Politik auf. Von einem Versagen der Demokratie, also dass das Land politisch so gestaltet worden sei, wie von einer Mehrheit der Wähler nicht gewünscht, könne demzufolge keine Rede sein. Demokratie ist nicht, wenn gemacht wird, was gut ist, sondern, wenn gemacht wird, was die Mehrheit will. Das heißt, wenn am Ende Dinge schief gehen, ist es deshalb nicht automatisch ein Versagen der Demokratie. Wer unzufrieden mit der Politik ist, erinnert sie, soll nicht nur meckern, sondern aktiv werden. Demokratie lebt von Teilnahme, also Aktivismus, und nicht nur Teilhabe, also betroffen zu sein von politischen Entwicklungen.

Leben im Elend

Roma kommen aus Südosteuropa nach Deutschland – und landen in der Prostitution
Siedlung in Bulgarien
Siedlung in Bulgarien Bild von Michi

Roma haben in Südosteuropa einen schweren Stand – viele verloren nach Ende des Kommunismus ihre Arbeit und leben am gesellschaftlichen Rand. Daher kommen viele in der Hoffnung auf Arbeit in den Westen. Aber auch in Deutschland dürfen sie nur als Selbstständige arbeiten. Edeltraud Remmel und Esat Mogul zeigen in einer Dokumentation, wie viele Frauen daher in die Prostitution rutschen und auch in Deutschland – hier in Dortmund – in völligem Elend leben. Weder in Bulgarien noch in Deutschland bestehen ausreichende Ansätze, diese Minderheit zu integrieren und Perspektiven aufzuzeigen. Insofern sehen die Autoren darin ein europäisches Problem. In Bulgarien geraten die Roma in ihrer Siedlung gar unter Druck durch Anschläge von Rechtsradikalen.

Bombe im Keller?

Die Beweislage für ein iranisches Atombombenprogramm ist dünn

Bastelt der Iran an der Atombombe? Dafür gibt es keine ausreichenden Belege, meint der Altmeister des investigativen Journalismus Seymour Hersh. Zwar schließt auch Hersh nicht aus, daß der Iran über eine »versteckte unterirdische Atomwaffenfabrik« verfügt. Aber das Material der internationalen Atomenergiebehörde biete darüber keine neuen Informationen. Im Gegenteil bestehen keine Anzeichen, der Iran habe Uran für den Bombenbau abgezweigt. Hersh zitiert einen ehemaligen leitenden Beamten des US-Außenministeriums:

Diejenigen, die aus dem IAEA-Bericht die Berechtigung für einen Angriff auf den Iran abzuleiten versuchen, wollen ihn absichtlich missverstehen.

Hersh sieht hinter dem schärferen Ton der IAEA weniger neue sustantielle Informationen als vielmehr den neuen Chef, Yukiya Amano, an der Spitze, welcher die Linie der USA unterstützt. Um diese Aussage zu belegen, zitiert er die von Wikileaks veröffentlichten US-Depeschen:

[…] bei allen strategischen Entscheidungen – und zwar sowohl bei wichtigen Personalentscheidungen als auch im Hinblick auf das angebliche Atomwaffenprogramm des Irans – stehe er aber fest an der Seite der USA.

Bei Anruf Mord

Zwei Dokus über die Kriminalisten des Mordes
Bei Anruf Mord
Bild von peterstephenblass

Ein buntes Bild zeichnet das deutsche Fernsehen gerne über die Arbeit von Ermittlern und Mordkommissionen. Die reale Arbeit am Tatort ist dagegen meist eher dröge, sie besteht aus dem peniblen Sammeln und Auswerten von Spuren. Ein Dokumentarfilm von Ernst August Zurborn hat den Ermittlern für Mord und Totschlag in Hamburg  in sehr zurückhaltender Form über die Schultern geschaut. NDR 45 min zeigt dagegen den Berufsalltag der Fallanalytiker. Die Profiler werden in der Regel erst bei sehr schwierigen Fällen hinzugezogen, bei denen die Kriminalisten nicht vorankommen. Hier gilt die Regel: Jeder Täter trifft ständig Entscheidungen, die viele Details über ihn verraten. Daraus lässt sich häufig ein Profil rekonstruieren. Beide Filme ergänzen ein Bild über die zumeist eher banalen Motive des Tötens – Agatha Christie wäre wohl wenig beeindruckt.

Die letzten Mohikaner

Gibt es eigentlich noch Neoliberale?
Einer der letzten seines Volks: Mohikaner
Einer der letzten seines Volks: Mohikaner Bild von Kecko

Alexander Dill sieht gewisse Parallelen zwischen hartgesottenen Marktfundamentalisten und den Taliban, weshalb er erstere auch zu Markttaliban erklärt. Sie fabulieren trotz Finanzcrash, Spekulationsblasen und dergleichen noch immer von den Heilkräften des Marktes. Ja, mehr noch: Linke aller Couleur, also von Wagenknecht bis Merkel und Rösler hätten mit ihrer fatalen Politik die aktuelle Krise erst ermöglicht. Und diese Politik bestehe darin, den Markt systematisch zurückzudrängen.

Schließlich glauben ja die meisten Linken noch immer, das verpönte staatliche Papiergeld werde von sich maßlos bereichernden Kapitalisten unter Missbrauch ihrer Freiheit in der Marktwirtschaft auf ihren Konten steuerfrei gehamstert und vermehrt. Nein, sagen die Markttaliban, die Welt ist ganz anders.

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