Presseschau

Ein trockener Konflikt

Die Ursachen der Eskalation in Mali sind nebulös
Tuareg in Mali
Tuareg in Mali Bild von BBC World Service

Der westafrikanische Staat Mali grenzt an sechs Staaten und erstreckt sich von Algerien im Norden bis an die Elfenbeinküste im Süden. Während die Hauptstadt im Süden am legendären Niger-Fluß in der Feuchtsavanne liegt, geht im Norden Trockensavanne in Wüste über. Dementsprechend lebt die Bevölkerung im Süden überwiegen seßhaft und im Norden nomadisch.

So vielfältig die Lebensweisen in dem Land sind, die sich ähnlich wie in den benachbarten Staaten an der Vegetation orientieren, so unterschiedlich ist die Darstellung des schwelenden Konflikts: So sollen Tuareg, die als Söldner für Gaddafi aus Libyen zurückkehrten, zunächst in Konflikt mit Al-Qaida-Gruppen und darauf mit der Regierung gekommen sein. Die Tuareg-Rebellengruppe MNLA bezichtigt die Regierung des Genozids. Diese wiederum beschuldigt dagegen die Befreiungsbewegung für Azawad (MNLA) und die maghrebinische Al-Qaida (AQME) eines gezielten Massakers an Regierungssoldaten. Was nun genau geschehen ist, wird man aus dem unwegsamen Land, in dem eine Nachricht schon mal Wochen braucht, kaum erfahren. Klar ist nur: Die Konflikteskalation nähert sich einem Bürgerkrieg, das benachbarte Burkina Faso soll vermitteln. Die Region ist nicht nur von zahlreichen inneren Konflikten, sondern auch von starker Dürre betroffen. Ob der Klimawandel den Konflikt anheizt ist unklar; Aufstände der Tuareg gab es bereits in vergangenen Jahrzehnten.

Händel um den Handel

EU-Indien-Abkommen bleibt weiter in Verhandlungen stecken
Händel um den Handel
Bild von Axel Weipert

Seit 2007 verhandeln die EU und Asiens drittgrößte Volkswirtschaft um ein Freihandelsabkommen. Doch noch immer sind viele Fragen offen, auch die aktuelle Gesprächsrunde brachte keinen Durchbruch. In Europa drängen vor allem die großen Konzerne und Lobbyverbände auf einen raschen Abschluss. Sie versprechen sich viel von dem gewaltigen Wachstumsmarkt Indien mit seinen 1,2 Milliarden Menschen. Dort gibt es jedoch – zu Recht – erhebliche Vorbehalte. Die Bauern fürchten Importe subventionierter europäischer Lebensmittel ebenso wie kleine Ladenbesitzer die Konkurrenz von Supermarktketten. Und wenn Autos nur importiert statt vor Ort gebaut werden, dürfte sich der erhoffte Technologietransfer in Grenzen halten. Die Befürchtungen haben zu umfangreichen Protesten in Indien geführt. Auch deswegen wurde das Abkommen vorerst blockiert. Schon vor einiger Zeit kam eine Studie der NGO Weed zu einem eindeutigen Fazit:

Insgesamt zeigt sich, dass das EU-Indien-Freihandelsabkommen gravierende Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit und die Existenzgrundlagen der indischen Bevölkerung haben wird und gleichzeitig den politischen Handlungsspielraum für zukünftige Regierungen erheblich einschränkt.

Gerechtigkeit nicht erwünscht

Die Bundesregierung spielt im Ringen um mehr Gerechtigkeit in der Textilindustrie keine rühmliche Rolle
Aktivisten vor einer Lidl-Filiale in Wien
Aktivisten vor einer Lidl-Filiale in Wien Bild von Clean Clothes Campaign

Dass die globale Textilienproduktion unter sozialen wie ökologischen Gesichtspunkten moralisch kaum vertretbar ist, belegen mittlerweile zahlreiche Berichte und Studien.

Auch bei der Europäischen Union (EU) scheint das Bewusstsein für das Problem zu wachsen. So arbeitet die EU-Kommission aktuell an einer neuen Handelsrichtlinie, die Unternehmen dazu verpflichten soll, ihre Produktions- und Handelsketten offenzulegen. Es soll in Zukunft überprüft werden können, ob die Unternehmen, die von ihnen eingegangenen, aber oft nicht befolgten Verhaltenskodizes befolgen. Weiterlesen … »

Die brave Generation

Ergebnis einer Langzeitstudie
Die brave Generation
Bild von Dean McCoy

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lässt in regelmäßigen Abständen Jugendliche nach ihrem Drogenkonsum befragen. Der aktuellen Studie zufolge zeichnet sich vor allem für die Generation der Teenager ein neuer Trend ab:

Zusammenfassend zeichnen sich seit 2001 bzw. 2004 bei den 12 bis 17-jährigen Jugendlichen substanzübergreifend, d.h. für Alkohol, Tabak und Cannabis, Konsumrückgänge ab. Bei den jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis 25 Jahren fällt die Bilanz uneinheitlich aus.

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Rechter Hickhack

Frankreich vor der Präsidentschaftswahl
Neuer Hausherr gesucht: Palais de l’Elysée
Neuer Hausherr gesucht: Palais de l’Elysée Bild von EisenPhotoVideo

Der amtierende Präsident Frankreichs rückt im Wahlkampf deutlich nach rechts. Zwar hat Sarkozy seine erneute Kadidatur für die Wahl im April noch immer nicht offiziell verkündet, aber das ist wohl eher eine Formalität. Schon jetzt versucht er mit antiliberalen Forderungen zu punkten, indem er sich gegen die Homo-Ehe positioniert. Außerdem soll die Abschiebung illegaler Immigranten erleichtert und der Druck auf Arbeitslose erhöht werden. Der Grund dieses Kurses dürfte nicht zuletzt in den schwachen Umfragewerten zu suchen sein, zumal die Kandidatin der rechten Front National, Marine Le Pen, nur knapp hinter ihm liegt und sich wiederum weniger radikal als einst ihr Vater gibt. Vorne liegt seit längerem der Sozialist Hollande. Er will Steuererhöhungen für Reiche, mehr Geld für Bildung, die starke Abhängigkeit von der Atomkraft deutlich verringern und zahlreiche Meiler abschalten.

Widerspruch im Widerstand

Den Gegensätzen in der russischen Oppositionsbewegung wird bislang aus dem Weg gegangen
Demonstration am 4. Februar in Moskau
Demonstration am 4. Februar in Moskau Bild von Antony Dovgal

Die russische Oppositionsbewegung hat mit ihren Protesten in den vergangenen Monaten erstmals seit vielen Jahren Akzente gesetzt und politischen Einfluß geltend gemacht. Diesem Schritt in die politische Öffentlichkeit folgt die Frage nach den Akteuren: Wer organisiert die Proteste? Einen Einblick gewährt eine Reportage von Ute Weinmann in der Jungle World. Demnach waren Aktivisten der »Linksfront«-Bewegung entscheidend für die Anmeldung der Demonstrationen. Doch mittlerweile sind Liberale und Rechte in das Bündnis eingetreten. Denn die Idee vollständiger Offenheit hat sich bislang in dem Bündnis durchgesetzt. Da die Liberalen besser organisiert sind, indem sie beispielsweise als Erste ein Programm vorlegen konnten, gewinnen sie an Einfluß. Doch es regt sich Widerspruch an dem Offenheitsprinzip, da äußerst rechte Gruppen mit am Tisch sitzen – und Rußland hat ein gravierendes Problem mit Nationalismus.

Die weitere Entwicklung der Oppositionsbewegung bleibt somit offen: Weder haben alle Parteien ihre Ziele deutlich benannt, noch ist klar, welche Vorstellungen sich in dem Bündnis durchsetzen werden. Neben den genannten Akteuren sitzen auch Bürgerinitiativen und diverse andere Gruppierungen mit am Tisch.

»Projektionsfläche für alles, was schiefgeht«

Der Terror in Nigeria zeugt von inneren Zerwürfnissen
Trauer um die Opfer des Anschlags auf die UNO 2011
Trauer um die Opfer des Anschlags auf die UNO 2011 Bild von UN Nigeria

In den vergangenen Jahren erschütterte die islamistische Gruppierung Boko Haram das westafrikanische Nigeria mit zahlreichen Anschlägen. Diese richten sich gegen die Polizei und gegen Kirchen, aber auch gegen die UNO. Besonders im vergangenen und in diesem Jahr ist eine wachsende Zahl an Opfern zu beklagen. Die Gruppe agiert sehr geheim und ist daher schwer zu fassen. Thomas Scheen hat sich für die Frankfurter Allgemeine Zeitung vor Ort umgesehen. Der Hintergrund der Gruppe ist umstritten: Die Einen sehen die muslimischen Eliten im Norden hinter dem Terror, die mit der Machtverteilung im Land unzufrieden sind. Die Anderen meinen, die Eliten im Süden wollen die Abspaltung des Nordens betreiben, um die Erdölschätze allein für sich nutzen zu können. Wieder Andere sehen das Netzwerk Al-Qaida hinter der Gruppe. Dagegen spricht die verbreitete Einschätzung, es handele sich nicht um einen religiösen, sondern um einen Machtkonflikt. Wie auch immer – die widersprechenden Sichtweisen zeugen von einem gespaltenen Staat, der von inneren Konflikten zerrissen ist:

»Boko Haram ist zu einer Projektionsfläche geworden für alles, was schiefgeht in diesem Land«, erklärt Sule Bello, der an der Universität von Kano Geschichte lehrt. »Jeder hat eine Meinung zu Boko Haram: die Leute im Süden, die den Norden beschuldigen; die Leute im Norden, die den Süden verantwortlich machen; die Christen, die auf die radikalen Muslime schimpfen und die Muslime, die den Christen koloniale Tendenzen unterstellen.«

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