Presseschau Beitrag

Perspektivlose Gewaltspirale

Der syrische Bürgerkrieg zeigt keine Friedensperspektive auf

Die Lage spitzt sich in Syrien seit Monaten dramatisch zu. So detonierten selbst in der Hauptstadt Damaskus Bomben, die von Unbekannten gelegt wurden. Auch der Hergang des jüngsten Massakers an der Zivilbevölkerung in dem Ort Houla, der nahe den Protesthochburgen Hama und Homs liegt, ist bislang ungeklärt. Dennoch haben mehrere europäische Staaten die syrischen Botschafter ausgewiesen. Im Gegensatz zu vorherigen Ereignissen, wie den Kämpfen in dem Stadtviertel Baba Amr, wird dieser Vorfall von der Beobachtermission der UNO geprüft, welche auf Basis einer Resolution Ende April entsandt wurde – doch bislang liegt kein Bericht vor. Russland warnt vor einer vorschnellen Beurteilung ohne eingehende Untersuchung und mahnt eine enge Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft zur Befriedung des Konfliktes an.

Ulrike Putz hat im Spiegel eine mögliche Version der Abläufe in der »Todesnacht« in Houla dargestellt: Demnach besaß die Freie Syrische Armee (FSA) hier einen Stützpunkt, weshalb der Ort seit geraumer Zeit von Regierungstruppen umstellt wurde. Nachdem Scharfschützen Kundgebungen wiederholt beschossen, hat die die FSA gleichzeitig an mehreren Stellen regierungstreue Stellungen angegriffen und sich daraufhin aus dem Ort zurückgezogen. Als Reaktion wurde Houla durch Granaten beschossen. Darüber hinaus haben regierungstreue Milizen direkt in dem Ort eine größere Zahl an Menschen getötet, die offenkundig Zivilisten waren. Unklar ist jedoch die Identität dieser Milizen, jedoch existieren Berichte, nach denen die Regierung informelle Milizen im Bürgerkrieg einsetzt.

Bislang läßt sich der Ablauf nicht zweifelsfrei rekonstruieren. Stimmt die dargestellte Version der Ereignisse, handeln sowohl die syrische Armee und die Milizen als auch die FSA aus Rachemotiven. Auch die Oppositionstruppen halten sich demnach nicht an einen Waffenstillstand, sondern nutzen zivile Orte als Rückzugsraum und Ausgangspunkt für ihre Angriffe. Doch auf der anderen Seite trägt die Regierung Verantwortung für Milizen, die unter Deckung des Militärs agieren. Ob solche Milizen tatsächlich für die Toten verantwortlich sind, kann eine Untersuchung der UN-Mission klären. Eine solch offensichtliche Menschenrechtsverletzung durch den Mord an Zivilisten dürfte zum gegenwärtigen Zeitpunkt eigentlich nicht im Interesse der syrischen Regierung sein, da sie den Befürwortern einer Intervention Auftrieb gibt. Dabei ist jedoch unklar, ob die Regierung ihre Milizen unter Kontrolle hat und welche Fraktion hier das Ruder in der Hand hält.

Die junge Welt berichtet über eine internationale Militärübung in Jordanien, die als Vorwand genutzt werden könnte, um in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen. Das Blatt beruft sich dabei auf einen Artikel in der Washington Post, nach dem sich die US-Regierung um einen Kontrollverlust der syrischen Regierung über ihre Chemiewaffen sorge.

Kommentare

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Gegenläufige Darstellung

Die FAZ bietet eine andere Darstellung der Ereignisse von Houla:

Folgender Tathergang lässt sich rekonstruieren: Nach dem Freitagsgebet am 25. Mai griffen mehr als 700 Bewaffnete unter Führung von Abdurrazzaq Tlass und Yahya Yusuf in drei Gruppen, die aus Rastan, Kafr Laha und Akraba kamen, drei Straßenkontrollen der Armee um Taldou an. Die zahlenmäßig überlegenen Rebellen und die (meist ebenfalls sunnitischen) Soldaten lieferten sich blutige Gefechte, bei denen zwei Dutzend Soldaten, überwiegend Wehrpflichtige, getötet wurden. Während und nach den Gefechten löschten Rebellen, von Einwohnern aus Taldou unterstützt, die Familien Sajjid und Abdarrazzaq aus. Diese hatten sich geweigert, sich der Opposition anzuschließen.