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Wieder heiter

schrieb Gast am 15.8.2012 0:18 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Nun, es handelte sich gar nicht um »Handydaten«, wie BamS berichtete (die bleiben ja auf dem Handy), sonden nur um Image-Dateien, also lediglich um deren Abbild wie ein Foto oder eine Kopie vom Kopierer. Dass dieses Abbild noch vorhanden und (entgegen der Rechtslage) nicht endgültig gelöscht waren, könnte mit den Fantasien jener Auslösendn Person zu tun haben, über die der Focus berichtete.
Der Zeitpunkt der Unzulässigkeit eine (weiteren) Speicherung ergibt sich aus dem Zweckwegfall: ist die technische Amtshilfe beendet, ist der Erhebungs- und Zwischenspeicherungszweck beendet und damit eine weitere (Zwischen-)Speicherung nicht mehr zulässig, weil es keine darüber hinausgehenden »eigenen Zwecke« der Bundespolizei gibt, für die die Dateien relevant und speicherungswürdig wären, sonden nur (Ermittlungs-)Zwecke des BKA und des Generalbundesanwalts.

Teils wolkig, teils klar

schrieb Joséphine Glenz am 14.8.2012 16:25 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Vielen Dank für diese kompetente Rechtsauslegung: Sie erkennen einen zwingende Rechtspflicht zur Löschung der Daten zu diesem Zeitpunkt, die das BKA jedoch in seiner Pressemitteilung vom Februar vermissen ließ.

Einige Presseberichte teilten ja im Februar die Auffassung kund, die Bundespolizei müsse die Daten bis zum Ende des Verfahrens vorhalten. Dies ist Ihrer Darstellung zufolge falsch, vielmehr müssen die Daten nach Abschluß der Rechtshilfe gelöscht werden.

Warum aber waren die Daten »nach der Löschung noch bei der Bundespolizei vorhanden« (Einstweilige Verfügung nach Bildblog), wenn die »Speicherung unzulässig ist« (Bundesdatenschutzgesetz)? Die Frage, zu welchem Zeitpunkt die Speicherung unzulässig ist bzw. wird, geht aber offenbar aus dem Bundespolizeigesetz nicht eindeutig hervor, sondern obliegt einem gewissen Interpretationsspielraum, explizit sofern die Nutzung der Daten »erforderlich ist«.

Den Beiträgen ist zu entnehmen, der Abteilungsleiter in Potsdam habe entweder böswillig oder in völliger Unkenntnis der Rechtlage sowie der Praxis gehandelt.

Ganz klar

schrieb Gast am 14.8.2012 0:08 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Das ist gar nicht so schwierig, wie es scheint.

Die Ermittlungen führt der Generalbundesanwalt, als seine Hilfsbeamten fungiert das BKA. Das BKA muss dafür alle Beweismittel erheben und darf sie auch speichern. Die Bundespolizei leistet dem BKA nur technische Amtshilfe (wie der Schlüsseldienst die Tür für den Gerichtsvollzieher oder die Polizei öffnet) und darf deshalb das, was sie für das BKA sichtbar macht, selbst nicht speichern und verwerten. Denn die Ermittlungen gegen Terroristen selbst gehören nicht zum durch Gesetz fetstgelegten Aufgabenkreis der Bundespolizei, sondern nur zu dem des BKA. Deshalb darf BKA speichern, Bundespolizei nicht.

Das Gesetz sagt das in § 29 Abs. 2 BPolG so: »Die Bundespolizei kann, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, personenbezogene Daten, die sie bei Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung über eine einer Straftat verdächtige Person erlangt hat, in Dateien speichern, verändern und nutzen, soweit dies zur Abwehr von Gefahren im Rahmen der der Bundespolizei obliegenden Aufgaben oder für Zwecke künftiger Strafverfahren wegen Straftaten im Sinne des § 12 Abs. 1 erforderlich ist«. Terrorermittlungen und Mordermittlungen gehören nicht dazu und sind auch keine eigenen Zwecke der Bundespolizei (sondern solche des BKA, für beide Polizeien gelten eigene Gesetze), eine Speicherung bei der Bundespolizei ist daher nicht statthaft. Deshalb greift § 35 Abs. 2 Satz 2 Bundesdatenschutzgesetz: »Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig ist.«

Und das ist seit Jahr und Tag so, weil es Recht und Gesetz ist. Das BKA hat das auch sehr eindeutig gesagt (http://www.bka.de/nn_233148/DE/Presse/Pressemitteilungen/Presse2012/120212__RichtigstellungVernichtungBeweismittel.html).

Das Gesetz sorgt so dafür, dass die Speicherung personenbezogener Daten (die ja in das Recht der informationellen Selbstbestimmung eingreift, das auch für einen straftatverdächtigen Menschen gilt) auf das notwenigste Maß beschränkt bleibt und nicht noch tausende andere Stellen, die selbst mit dem Strafverfahren nicht befasst sind, sondern nur technische Hilfe leiten, auch noch Daten zu Personen speichern. Man darf dabei nicht vergessen, dass es hier nicht um »NSU-Sonder-Gesetze« geht, sondern die Regeln für alle Fälle gelten, auch wenn einmal Unschuldige verfolgt werden sollten, die dann zügig ihre Daten löschen lassen wollen, statt selbst fahnden zu müssen, wo sie noch überall verspeichert sind.

Hier scheint es auch nicht um einen mehr oder weniger mutigen Whistleblower wie Mr. Manning, sondern - wie der selbst an Whistleblowern interessierte Focus schrieb - um einen hochbezahlten Wichtigtuer mit blühender Fantasie zu gehen, der dazu womöglich auch noch selbst kriminell wurde. Auch sowas soll es ja geben.

Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information - aber auf echte, nicht auf frei erfundene, wie bei dem BamS-Artikel.
Daher mein Dank an BILDblog.de.

Unklar

schrieb Joséphine Glenz am 13.8.2012 18:30 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Bislang lässt sich aus den Medienberichten der Vorgang nicht rekonstruieren. Unklar bleibt, ob diese Löschung rechtmäßig und üblich war oder nicht. Ich habe das Urteil z.Z. nicht vorliegen, das darüber aufklären könnte.

Selbst wenn die BamS hier zurückrudern musste, bedeutet die einstweilige Verfügung nicht zwangsläufig, dass bei der Löschung, die es ja zweifelsfrei gab, alles mit rechten Dingen zuging. Andersherum kann der Abteilungsleiter natürlich auch falsch gelegen haben.

Für die Frage, ob die Löschung rechtmäßig war, ist unerheblich, ob die Daten an anderer Stelle vorliegen oder nicht. Im Zweifel ist die Rechtslage hier schwammig. In dem von der GDP erwähnten Paragraphen aus dem Bundespolizeigesetz heißt es:

Wird der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt, ist die Speicherung, Veränderung und Nutzung unzulässig, wenn sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, daß er die Tat nicht oder nicht rechtswidrig begangen hat.

In einem laufenden Ermittlungsverfahren wäre demnach die Löschung nicht zulässig. In dem anderen von der GDP angeführten Pararaphen aus dem Bundesdatenschutzgesetz steht:

Personenbezogene Daten sind zu löschen, wenn […] 3. sie für eigene Zwecke verarbeitet werden, sobald ihre Kenntnis für die Erfüllung des Zwecks der Speicherung nicht mehr erforderlich ist, […]

Was nun immer »für eigene Zwecke« bedeuten soll, scheint dies die Rechtfertigung der Löschung zu sein. Entscheidener ist jedoch die Frage, ob diese Löschung gängiger Praxis bei dieser Behörde entspricht, oder ob man sich hier mit schwammigen Paragraphen exkulpiert. Von der Rechtfertigung, die Daten müssten an einem Ort konzentriert werden (»Dislozierung«), steht in diesen Paragraphendschungel aber nichts. Nichtdestotrotz ist das Verhältnis von Datenschutz und Datenaufbereitung offenbar in der deutschen Gesetzgebung sehr uneinheitlich oder zuweilen gar widersprüchlich geregelt.

Freilich hat die BamS mit ihrer reißerischen Berichterstattung ein Eigentor geschossen, obwohl ich bei fraglichen Leaks im Zweifel für die Veröffentlichung plädieren würde – nur mit einer vorsichtigeren Darstellung der Fakten. Tatsächlich besteht in Deutschland eine zu geringe Wertschätzung des Whistleblowers. Die Veröffentlichung von Leaks ist zumeist mit Fehlern konfrontiert: Besser diese werden korrigiert denn die Information der Öffentlichkeit vorenthalten.

Bananenrepublik

schrieb Bio am 13.8.2012 10:41 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Die Gegendarstellung sagt allen Ernstes aus:

»Die Daten habe ich von meinem Arbeitsplatz in den Trash-Ordner verschoben, sie blieben also bei der Bundespolizei vorhanden. Ich habe sie nicht gelöscht.​«

Interessanterweise würde ein führender Kopf der Bundespolizei hinter der Lösch-Meldung stehen. Er hätte die Annahme gehabt, dass das BKA einen Informanten schützen würde. Focus: „Heinz-Dieter M., Abteilungsleiter im Potsdamer Präsidium, hatte gegenüber ranghohen Beamten des Ministeriums offiziell den Verdacht geäußert, das Bundeskriminalamt (BKA) könne einen Informanten ‚im Umfeld des Trios’ geführt haben (…)“

Eigentlich sollte man diesen mutigen »whistle-blower« dankbar sein, dass er an die Öffentlichkeit gegangen ist und die Löschung bei der Bundespolizei dadurch hoffentlich verhinderte. Stattdessen wird er wohl bald versetzt werden, wie der Chef der Thüringer Zielfahndung, der den ähnlichen Verdacht ja hegte.

Korrektur

schrieb Joséphine Glenz am 12.8.2012 20:26 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Vielen Dank für die Korrektur, diese konnte leider noch nicht in den Beitrag einfließen, da die Information ja jüngeren Datums als der Beitrag ist.

Sicher werden in der Berichterstattung Fehler gemacht und leider ist es schwierig, alle Informationen zu überprüfen. Dennoch wäre es sinnvoll gewesen, wenn in dieser Sache früher eine schlüssige Gegendarstellung erfolgt wäre. Mir leuchtet trotz des Urteils auch noch immer nicht ein, warum die Daten gelöscht werden sollten. Auch bei der GDP-Meldung wird die Rechtslage nur gestreift.

Insgesamt sind in diesem Falle von Anfang an viele Meldungen veröffentlicht worden, die auf wackligen Beinen standen. Das liegt teils an der Fülle der Informationen, teils an der Komplexität der Thematik, teils schlicht an magelhafter Recherche.

"Außer Kontrolle"

schrieb Gast am 11.8.2012 23:43 in: Außer Kontrolle Ein kurzer Zwischenstand zur Serie des Versagens deutscher Sicherheitsbehörden

Sie schreiben und geben damit eine Meldung der BILD am Sonntag vom 12. Februar 2012 wider:
»Bereits im Februar wurde bekannt, wie das Bundeskriminalamt (BKA) die Auswertungsstelle der Bundespolizei anwies, Daten der Mobiltelefone eines NSU-Vertrauten in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zu löschen. Bis heute ist dieser Fall nicht aufgekärt.«
Die Sache ist inzwischen aufgeklärt - es handelte sich um eine echte »Ente« der Zeitung »BILD am Sonntag«, wie hier nachzulesen ist: »Der BKA-Nazi-Lösch-Skandal, der keiner war« auf http://www.bildblog.de/
Offenbar ist bei der NSU-Berichterstattung auch so manche Gazette »außer Kontrolle« geraten.

Sehr guter Kommentar

schrieb Bio am 25.7.2012 7:19 in: Ein Anruf genügt … Der ›dritte Mann‹ des NSU. Ein Gastbeitrag von Wolf Wetzel

Mir kommen die Mitglieder der NSU-Untersuchungs-Ausschüsse akten-fixiert vor, einfach bürokratisch. Sie nützen nicht die volle Macht ihrer Befugnisse: Ordnungsgeld, Haft, Strafe. Stattdessen hoffen die Abgeordneten offenbar, dass sie in einer Akte etwas von dem Staatsterrorismus lesen können, und es ihnen ein Verfassungsschützers beichtet.

Über Ihre gestellten Fragen nach den Hintergründen des Terrors, siehe …

Folgender Artikel spekuliert über mögliche Verbindungen zwischen den “Ceska-Morden” und dem kurzzeitig wegen Tatverdachts inhaftierten Verfassungsschützers sowie der Ermordung der Polizistin Kiesewetter.

http://friedensblick.de/1156/nsu-werkzeug-des-verfassungsschutz/

Zeitdetails

schrieb Gast am 21.7.2012 15:07 in: Eine Ballade voller Ungereimtheiten Neue Spuren deuten auf die Verwicklung der Geheimdienste in rechten Terror

Zschäpe kann durchaus aus den Medien vom Tod der beiden erfahren haben. Die Pressemitteilung der Polizei Gotha stammt von ca. 1430 Uhr. Radio-Nachrichten und Webseiten von Medien hatten entsprechende Meldungen garantiert bis 1500 - denn die Medien waren ja nach dem Überfall auf Habacht und zwei Leichen in einem Wohnmobil sind nun auch ohne die ganzen nachfolgenden Erkenntnisse etwas Dramatisches.
Der Surfverlauf spricht IMHO nicht für eine um ihre Freunde besorgte Zschäpe - dann wäre sie nicht so scheinbar sorglos zu »harmlosen« Seiten umgeschwenkt. War nicht immer mal die Rede von einer Bekannten, die die Katzen gehütet hatte? Da Zschäpe definitiv ca. 1500 in Zwickau war, müsste sie schon jemand mit dem Auto von Eisenach gefahren haben - falls sie, wie es einigen der Theorien sagen, dort gewesen sei (per Zug wäre es nicht möglich gewesen).
Selbst wenn es den 1211-Uhr-Anruf gegeben haben sollte, kann es eigentlich keine Todesnachricht gewesen sein, denn die Leichen fand ja erst die Feuerwehr, nachdem sie das »gegen 12 Uhr« von der Polizei entdeckte Wohnmobil gelöscht hatte. Das reicht nicht bis 1211 - IMHO.
Ansonsten - jede einzelne Ungereimtheit ist prinzipiell erkärbar, die Fülle eher nicht. Eine große strategisch vertuschende Hand würde aber professioneller vorgehen…

Verfassungsschutz / Gemeinnützig

schrieb Gast am 8.7.2012 17:52 in: Verfassungsschutz gegen Zivilgesellschaft Geheimdienst befindet über Gemeinnützigkeit

Hallo,
korrekt angewand besteht aber die Gefahr, dass Parteien den Status »Gemein (gegen andere) und Nützlich (zum eigenen Vorteil)« sehr schnell aberkannt wird - oder sind diese Strukturen ausgeklammert?!