Recht im Krieg
Militärische Handlungen unterliegen einem speziellen rechtlichen Rahmen. Das betrifft beispielsweise die Legitimation eines Einsatzes durch den UN-Sicherheitsrat, im Fall Afghanistans also das ISAF-Mandat, aber auch die Art und Weise der Kriegsführung selbst. Hier ist nach wie vor die Genfer Konvention verbindlich.
Der Völkerrechtler Andreas Fischer-Lescano und der Bundeswehroffizier Jürgen Rose haben sich anhand des Bombardements von zwei Tanklastzügen in Kunduz die Frage nach dem Recht im Krieg gestellt. Beide konstatieren dabei das Problem, zivile Opfer durch juristische Maßnahmen kaum verhindern, ja, noch nicht einmal angemessen entschädigen zu können. Und das kann politisch durchaus so gewollt sein.
Frieden schaffen ohne Waffen?
Die Zahlen sind in der Tat beeindruckend: Seit dem Ende des Kalten Krieges sind in Deutschland die in- und ausländischen Truppen um 75 Prozent reduziert worden, ähnlich sieht es bei Panzern, Geschützen und Kampfflugzeugen aus. Europaweit wurde die Anzahl der Soldaten um 2,5 Millionen verringert.
Doch statt mehr Frieden hat die Beilegung des Ost-West-Gegensatzes erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder zu Kriegen in Europa geführt. Zum Teil sogar mit eben den Waffen, die gerade aus den NVA-Beständen »abgerüstet« worden waren. Gleichzeitig stiegen die Militärausgaben in der BRD pro Soldat seit 1990 um mehr als ein Drittel; in der NATO insgesamt wurden seit 2006 die Verteidigungshaushalte um jährlich etwa sieben Prozent erhöht. Weiterlesen … »
Verschleierung der Kriegsführung
Die Veröffentlichung geheimer Militäraufklärung durch Wikileaks hat auch die deutsche Kriegsführung in die öffentliche Debatte zurückgeholt; bereits durch die Kunduz-Affäre wurden die Praktiken der verdeckt agierenden Sondereinheit KSK bekannt. Schon vor der Veröffentlichung der Wikileaks-Protokolle hatte investigative Reportagen von Marc Thörner und Frontal21 gezeigt, wie die Bundeswehr in einer völkerrechtlichen Grauzone agiert: indem sie sie gezielte Tötungen amerikanischer Sondereinheiten jenseits der offiziellen Mandate logistisch unterstützt und die konspirative Sondereinheit Task Force 47 an Zugriffen durch eine Fahndungsliste beteiligt ist. Dabei versucht das Verteidigunsministerium offenbar – durch systematische Geheimhaltung und Verschleierung – Verantwortungs- und Befehlstrukturen dem Parlament und der Öffentlichkeit vorzuenthalten.
Momentaufnahmen eines Krieges
Wikileaks hat ca. 100.000 interne Dokumente des amerikanischen Militärs in Afghanistan aus den Jahren 2004 bis 2009 veröffentlicht. Erstmals arbeitete das Portal vor der Veröffentlichung mit Medienvertretern – der New York Times, dem Guardian und dem Spiegel – zusammen, um der umfangreichen Sammlung Herr zu werden und eine Auswertung zu ermöglichen. Kenner des Krieges werden von dem Material nicht überrascht sein – dennoch belegt es Zusammenhänge, die bisher lediglich als offene Geheimnisse galten und nicht verifiziert waren. Für eine breite Öffentlichkeit dagegen werden viele Fakten helfen, den Krieg besser zu verstehen. Weiterlesen … »
Nebelkrieger
Marc Thörner berichtet über die Praktiken der Bundeswehr in Afghanistan: Gezielte Tötungen von Talibanführern gehörten mittlerweile dazu, obwohl dies gegen das Mandat der Bundestages verstößt. Längst sei aus dem Aufbaumandat ein robuster Kriegseinsatz geworden. Amerikanische Soldaten der Operation Enduring Freedom (OEF) agieren im Gebiet der ISAF zur Aufstandsbekämpfung; zudem laufen Spezialkommandos, »von geheimen Schaltstellen im Pentagon angeordnet«, an den Mandaten von ISAF und OEF vorbei. Die Bundeswehr ist Teil des aus Irak übernommenen Konzepts der Aufstandsbekämpfung geworden. Dazu gehört die Zusammenarbeit mit lokalen Milizen und Warlords, die jedoch ihre eigenen Interessen pflegen. Weiterlesen … »
Aufstandsbekämpfung
Marc Thörner, der als freier Journalist für diverse öffentlich-rechtliche Sender arbeitet, gilt als kluger Analytiker und Kenner des Konflikts in Afghanistan. Im Interview mit der jungen Welt deutet er an, wie das Bundesverteidigungsministerium systematisch die Öffentlichkeit täuschte, um zu verschleiern, daß Sonderkommandos der Amerikaner im Einsatzbereich der Bundeswehr operieren: Grund sei, die anderen Parteien im Bundestag »gewogen zu halten«, um das Bild von Wiederaufbau auf der einen Seite und Kampfeinsatz auf der anderen aufrecht zu halten: Die Aussagen des Bundesverteidigungsministeriums entsprechen nicht immer der Wahrheit. Weiterlesen … »
Der seltsame Rücktritt
Für Irritationen und Empörung hat das Interview des Deutschlandfunk mit dem Bundespräsidenten Horst Köhler gesorgt. Dabei ist eine an wirtschaftlichen Interessen orientierte Außenpolitik der Bundesrepublik längst in zahlreichen militärischen Planungspapieren seit 1992 festgeschrieben worden, ohne daß diese — verfassungsrechtlich äußerst fragwürdige — Politik für viel Aufregung gesorgt hätte. Diesen Widerspruch zwischen öffentlicher Empörung und dem stillschweigenden Umbau der deutschen Außenpolitik arbeitet der Blog Fahrtenbuch anhand zahlreicher Dokumente heraus, darunter ein sicherheitspolitisches Planungspapier der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von 2008: Weiterlesen … »