Presseschau Beitrag

Angst vor dem Monopol

Amazon macht auch Verlagen Konkurrenz

Der größte Buchhändler der Welt begann bereits 2009 damit, selbst Bücher herauszubringen. Auch gestützt auf seinen firmeneigenen E-Book-Reader Kindle soll dieses Geschäft offenbar deutlich ausgeweitet werden. Zuletzt gelang die Verpflichtung einiger bekannter Autoren, weitere sollen folgen. Für einige Autoren mag das durchaus verlockend sein; finanziell, aber auch, weil sie schon allein aus Kostengründen mehr inhaltliche Freiheiten haben als in einem klassischen Verlag. Das Lektorat fällt hier nämlich weniger gründlich aus.

Kommentar

Langfristig könnten aber sowohl die Leser wie auch die Mehrzahl der Autoren erhebliche Nachteile zu spüren bekommen. Ein Monopol gerade in diesem Kernbereich der Kultur kann nicht in ihrem Interesse liegen. Zumal dann – anders als bisher in vielen Verlagen üblich – ausschließlich Profitaussichten über eine Veröffentlichung entscheiden werden. Schon seit Jahren zeichnet sich ohnehin dank der großen Buchhandelsketten der Trend ab, wenige Bestseller ins Rampenlicht zu stellen. Das Nachsehen haben dann die vielen anderen, kaum bekannten Namen. Und, damit eng verbunden, natürlich die Leser. Denn gerade sie profitieren ja von der Vielfalt, wie sie noch immer im Verlagswesen besteht. Damit könnte es aber bald bergab gehen.

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Chance

Wieso sollte es denn zu einem Monopol kommen? Wegen des Kindle? Oder zu einem Anbietermonopol, in dem Sinne, dass Amazon den Markt an Autoren abgrast? Ich kann darin keine konkreten Gefahren erkennen. Eher eine Bereicherung für den Markt, da so insgesamt mehr Autoren eine Chance gegeben wird, insbesondere über Ebooks, und die Verbraucher haben eine größere Auswahl.

Demokratisierung!

Man sollte unterscheiden: Amazon als Verlag? Möööglicherweise existiert eine Monopolgefahr.

ABER:Bücher (vor allem E-Bücher) im Selbstverlag über Amazon (und andere Seiten) veröffentlichen zu können, ist eine unglaubliche Demokratisierung des Bücherhandels. Jeder kann sein Werk veröffentlichen. Bücher müssen nicht mehr gedruckt werden, die Umwelt wird nicht belastet, das Buch nimmt keinen Platz weg und kann im Grunde für alle Ewigkeiten im virtuellen Buchregal stehen. Was Erfolg hat, entscheidet der Kunde und der Kunde hat Standards. Schlecht lektorierte Bücher werden sich nicht durchsetzen. Nicht im Selbstverlag, nicht im Amazon-Verlag. Den Preis für schlampig editierte E-Bücher zahlen momentan die deutschen Verlage.

Und damit sind wir beim Kern des Problems: Die Verlage haben die digitale Revolution verschlafen. Sie sind nicht in der Lage umzustrukturieren, sich auf die neue Marktgegebenheiten anzupassen. Die Auflösung des traditionellen Buchhandels hat begonnen, aber ich hoffe ans seine Stelle wird ein demokratischeres System und ein nachhaltigeres System (E-Reader dürfen kein Wegwerfprodukt werden, dann bleibt das E-book eine unglaublich umweltfreundliche und nachhaltige Technologie)treten. Die Verlage haben Angst Geld zu verlieren, sie haben noch nicht genau herausgefunden, wie sie das Internet für sich nutzen können und deshalb versuchen sie zu konservieren, was längst nicht mehr der Realität entspricht.

 

Bild des Benutzers Axel Weipert

Vor- und Nachteile

Es ist zweifellos richtig, dass Ebooks potenziell eine Demokratisierung der Buchproduktion darstellen können. Aber unter Monopolbedingungen ist das eben nicht so ohne weiteres gegeben. Das fängt schon damit an, dass Amazon sich immer das Recht vorbehalten kann, bestimmte Bücher nicht zu veröffentlichen. Aus welchen Gründen auch immer, mögen sie politischer, wirtschaftlicher oder anderer Natur sein.

Und: Man muss sich doch auch mal die konkrete Praxis anschauen, wie es bei den großen Ketten (Hugendubel, Thalia, etc.) aussieht: Die promoten ganz massiv einige wenige umsatzträchtige Titel. Wenn ich etwas »alternatives« möchte, werde ich in deren Filialen kaum fündig. Warum sollte Amazon das anders machen? Auch im Netz gilt: gekauft wird, was Aufmerksamkeit bekommt.

Es ist natürlich auch richtig, dass viele Verlage die aktuellen Trends verschlafen haben. Ich fände es sicher wünschenswert, wenn die neuen technischen Möglichkeiten zum Wohl der Leser und Autoren genutzt würden. Aber man darf eben auch nicht die Gefahren unterschätzen: Vielfalt, die zwar vorhanden ist, aber nicht wahrgenommen wird, ist keine wirkliche Vielfalt.

 

Demokratisierung

Man darf hier eines nicht durcheinander schmeißen:

Ich sprach vom Selbstverlag. Amazon is nichts weiteres als eine Plattform (und nicht die EInzige), wo Autoren ihre eigenen Bücher verkaufen können. Amazon kassiert dafür Prozente, dem Autor bleibt aber bedeutend mehr als bei einem Vertrag mit einem Verlagshaus. Für die Werbung ist der einzelne Autor als Selbstverleger, wie analog auch, selbstverantwortlich.

»Auch im Netz gilt. gekauft wird, was Aufmerksamkeit bekommt.« An diesem Satz ist viel Wahres dran, aber im Netz wird eben KEINE Vorauswahl getroffen, was das Potential haben KÖNNTE, Aufmerksamkeit zu bekommen. Jeder kann erst einmal veröffentlichen, was er will. Warum? Weil es Amazon nichts (oder zumindest so verschwindend wenig, dass man es als nichts bezeichnen kann) kostet. Kein Druck, kein Versand, keine Lagergebühren und im Gegensatz zum traditionellen Buchhandel kann das Buch für immer und ewig »in der Auslage« liegen.

Außerdem muss man bedenken, dass Aufmerksamkeit im Netz eine völlig neue Bedeutung bekommt, fernab der traditionellen Werbung. Die »Mund-zu-Mund-Propaganda« durch Blogs & soziale Netzwerke kann lawinenartig ganze Phänomene und Hypes auslösen.

Hat damit der Nachwuchsautor die gleichen Chancen wie Ken Follett, einen Hit zu landen? Nein, aber er hat immerhin eine Chance, sein Werk einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Es gibt genug Erfolgstorys, die belegen, dass es klappen kann, sein Werk im Selbstverlag im Internet zu vertreiben. Warum? Weil es im Internet für den Einzelnen sehr viel einfacher ist, seine Zielgruppe (egal, wie speziell) zu erreichen und das Produkt ist eben nur einen Hyperlink entfernt, kann mit wenigen Mausklicks erworben werden und wird in Sekunden geliefert.

Werden die Verlage damit überflüssig? Nein, absolut nicht. Ihr Arbeitsfeld verschiebt sich. Nicht jeder Autor will die Mühen des Selbstverlages auf sich nehmen, sich selber Lektoren suchen, ihre Werke editieren, sich um Coverdesigner kümmern etc. etc. und das alles auf eigene Kosten. Und ich glaube auch Amazon, kann nicht von heute auf morgen diese Aufgaben übernehmen.
Es ist das eben »nur« Aufgabenfeld der Verlage, das sich verschiebt.

Wenn Amazon allerdings vom Online-Marktplatz zum Verleger oder auch Produzenten (Amazon versucht momentan in Zusammenarbeit mit Warner Brothers Filme zu prdouzieren, was viel problematischer ist da sie im Endeffekt nichts anderes versuchen als das Talent & Poetential junger Filmschaffenden im Internet mit minimalem fianziellen Aufwand auszubeuten) aufsteigt, ergibt sich natürlich ein Problem, durch die geballte Wirtschaftsmacht, die hinter Amazon steht. Das muss man kritisch im Auge behalten, keine Frage.
Momentan aber sehe ich in den Entwicklungen nur Vorteile für (Nachwuchs-)Autoren & Kunden (vor allem durch das Internet und zweitrangig erst durch Amazon, das eben nur eine Plattform bietet) und damit eine Demokratisierung.

Amazon mag den traditionnellen Buchhandel als bequemer Internetversand stark geschwächt haben, aber ich sehe momentan noch nicht die Bedrohung für die Verlage. Die Probleme der Verlage sind hausgemacht. Da braucht es kein Amazon…

 

Bild des Benutzers Axel Weipert

Ja, aber

Sicher ist doch vor allem eines: Der Buchmarkt steht aktuell vor einem großen Umbruch – und kaum einer kann sicher sagen, wie er in fünf oder zehn Jahren strukturiert sein wird. Amazon ist da sicher nur ein Faktor, möglicherweise gar nicht der wichtigste. Aber jede technische Innovation birgt eben Chancen und Risiken. Mehr wollte ich auch gar nicht sagen.

Man sollte die Möglichkeiten von unbekannten Autoren im Netz aber auch nicht überschätzen: Es gibt zwar neue »Aufmerksamkeitskanäle«, die man früher nicht hatte; Stichwort social media etc. Aber über den Publikumserfolg entscheiden letztlich immer noch die eingesetzten Marketingetats, der Name des Verlags, und – damit eng verbunden – auch die Aufmerksamkeit der (Rezensions-) Medien. Das bedeutet dann auch, dass Marktmacht noch immer ein zentraler Faktor ist. Im schlimmsten Fall könnte das auch heißen: Gerade wenn die Zahl der Neuerscheinungen durch das Internet deutlich zunimmt, werden diese »Filter« um so wichtiger. Das ist schon eine reale Gefahr, denke ich.

Aber mal eine andere Sache: Wir freuen uns immer über neue Autoren – gerne auch zu diesem wichtigen Thema! Bei Interesse einfach eine Mail schicken: http://​dasdossier.​de/​kontakt