Presseschau Beitrag

Wunsch contra Realität

Zur Afghanistankonferenz

Jürgen Wagner analysiert die Lage in Afghanistan anläßlich der jüngsten internationalen Konferenz dazu in Bonn. Er kommt dabei zu dem Schluss, dass das von Politikern und Medien gezeichnete Bild sich keineswegs mit der Realität deckt. Das beginnt schon bei den bloßen Ergebnissen der Tagung. Von einem vollständigen Abzug der westlichen Truppen im Jahr 2014 könne keine Rede sein. Vielmehr werden mehrere zehntausend Soldaten auch danach noch dort bleiben - als Ausbilder, aber auch mit Kampfaufträgen.

Vor allem aber habe der zehnjährige Einsatz die Lage vor Ort nicht verbessert. In allen relevanten Bereichen sei kaum etwas erreicht worden, in vielen gebe es sogar dramatische Verschlechterungen. Weder sei Afghanistan heute demokratisch, noch wohlhabender oder friedlicher.

Demokratie, Wohlstand und Frieden sind der afghanischen Bevölkerung vom Westen versprochen worden, was sie bekam waren Diktatur, Armut und Krieg. Dennoch entblödete sich die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in ihrer Rede bei der Peterburg-Konferenz 2011 nicht, die „Erfolge“ von Krieg und Besatzung schönzureden: „In den zehn Jahren seit der ersten Bonner-Konferenz wurden erhebliche Anstrengungen und Investitionen unternommen, einschließlich wirklicher Opfer, aber viel ist erreicht worden, was Gesundheit, Bildung und die Schaffung von Institutionen anbelangt.“ Es ist schwer sich zu entscheiden, was empörender und schäbiger ist: Die Kaltschnäuzigkeit, mit der sich die Politik die Situation zurechtlügt oder die Tatsache, dass die Massenmedien ihnen diese – bewusste, Frau Ashton und alle anderen Politiker wissen, wie es um das Land bestellt ist - Realitätsverzerrungen weit gehend ungestraft und unkritisiert durchgehen lassen.