Presseschau Beitrag

Erinnerungen der unangenehmsten Art

Deutschland und Frankreich forcieren Abschiebungen von Roma und anderen Minderheiten

»Erinnerungen der unangenehmsten Art”, so äußerste sich der rumänische Außenminister Teodor Baconschi bezugnehmend auf die bevorstehende Abschiebung von 700 Roma aus Frankreich nach Rumänien. In Deutschland sind derweil 12.000 Roma und Vertreter_innen anderer Minderheiten von Abschiebungen in den Kosovo bedroht.

Am heutige Donnerstag begann in Frankreich die Abschiebung von insgesamt ca. 700 Roma, die bis Monatsende das Land verlassen haben sollen. In Lyon und Paris wurden die ersten 93 Personen unter Polizeibegleitung ausgewiesen. Die französische Regierung spricht von einer “freiwilligen” Ausreise, bei dem jedem ausreisewilligen Erwachsenen 300€ und jedem Kind 100€ gezahlt werden.

Diese Aktion steht in Frankreich im Zusammenhang mit einer verstärkten Fokussierung auf die fahrende Bevölkerung, sogenannte «gens de voyage», die auf ca. 400.000 Personen geschätzt wird.
Nach dem Tod eines jungen Roma, der bei einer Polizeikontrolle erschossen wurde, kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen in dessen Heimatviertel. Daraufhin verkündete Sarkozy  medienwirksam die Auflösung und Räumung von ca. 300 der geschätzten 600 “illegalen” Siedlungen der fahrenden Bevölkerung. Zudem soll eine stärkere Überwachung und Registrierung der “gens de voyage” erfolgen. Bemängelt wird von Seiten der “Fahrenden”, dass oftmals gar keine Möglichkeit zum legalen Verweilen gegeben ist, da von den Gemeinden zu wenig Plätze bereitgehalten werden. 
Seit 2000 sind Gemeinden über 5000 Einwohner verpflichtet, ausreichend Plätze anzubieten. Zudem wird kritisiert, dass durch die verwendete Rhetorik eine ohnehin sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppe systematisch stigmatisiert und kriminalisiert wird.

In Deutschland wird derzeit laut über eine verstärkte Abschiebung der hier lebenden Roma-Familien nachgedacht. Insgesamt seien von einer solchen Aktion 12.000 Menschen betroffen. Zwar forderte Innenminister Thomas de Maizière die Bundesländer auf, in dieser Frage Zurückhaltung zu üben, doch scheint dies in der Praxis nicht umgesetzt zu werden. Seit April ist ein Abkommen zwischen Deutschland und Kosovo in Kraft, das Abschiebungen regelt. Dass diese auch umgesetzt werden, wurde bereits im Vorfeld deutlich, als erste Bundesländer begannen, »Rückführungen« zu organisieren. Die Rücknahmeregelung sieht vor, dass bis zu 2500 “ehemalige Bewohner” jedes Jahr in den Kosovo abgeschoben werden können. Eine Unicef-Studie belegt derweil, dass fast die Hälfte ca. 5000 der von Abschiebung bedrohten Kinder sind. Das durchschnittliche Alter liegt bei 14 Jahren und 2/3 dieser Kinder sind in Deutschland geboren. Zurückliegende Abschiebungen haben gezeigt, dass 75% der abgeschobenen Kinder nach ihrer Ankunft die Schule nicht mehr weiter besuchten. Einen kleinen Einblick in das Leben im Kosovo bietet ein kurzer Beitrag der Deutschen Welle über das Roma Lager in Mitrovica.