Presseschau Unternehmen

Gesundschrumpfen bei den Waffenschmieden

Zur Lage und Zukunft der deutschen Rüstungsindustrie
Gesundschrumpfen bei den Waffenschmieden
Bild von Andrew-M-Whitman

Aktuell hat die größte deutsche Rüstungsfirma, EADS, einen massiven Stellenabbau angekündigt. Das wirft ein Schlaglicht auf den Zustand einer Branche, die nach den für sie goldenen Zeiten des Kalten Kriegs mit drastischen Ausgabenkürzungen bei westlichen Armeen kämpft. Sie selbst führt eine Reihe von Gründen an, warum sie auch ohne unmittelbare Bedrohungsszenarien noch immer staatliche Unterstützung verdient. Demnach sei sie wichtig für die Innovationskraft des Industriestandorts Deutschland, sie sichere tausende Arbeitsplätze und sei politisch-strategisch unverzichtbar.

Bei näherem Hinsehen relativiert sich freilich manches. Denn Rüstungsinnovationen sind häufig nicht zivil nutzbar, die Gelder wären also direkt in der zivilen Forschung effizienter angelegt. Und die unmittelbar in Waffenentwicklung und -bau angesiedelten Jobs belaufen sich lediglich auf ca. 17.000 Stellen, sind also volkswirtschaftlich betrachtet recht marginal. Zudem dürften viele der hochqualifizierten Kräfte verhältnismäßig leicht zivile Arbeitsplätze finden.

Die entscheidenden Fragen sind also nicht primär ökonomische, sondern hochgradig politische: Wollen wir als Land oder im Bündnis der NATO weiter out-of-area-Einsätze? Soll sich Deutschland bei Rüstungsgütern eine zumindest partielle Unabhängigkeit erhalten? Sind die Steuerzahler bereit, die dafür notwendigen Summen aufzubringen? Oder setzt man, entsprechend den Wünschen der Waffenlobby, verstärkt auf Exporte - auch in Konfliktländer? Nicht zuletzt angesichts der letzten Debakel um Rüstungsgroßprojekte wie die Drohne Euro-Hawk, den Transporter Airbus A 400 M und den Kampfhubschrauber Tiger wäre es angebracht, eine breite öffentliche Debatte über Militärfragen und speziell die heimische Rüstungsindustrie zu führen.

Ökologisch, sozial, demokratisch

Zum Volksentscheid über das Berliner Stromnetz
Ökologisch, sozial, demokratisch
Bild von Steys

Am 3. November können die Berliner darüber abstimmen, ob sie das kommunale Stromnetz wieder in die öffentliche Hand übernehmen wollen. Die Materie ist jedoch komplex, nicht zuletzt, weil die Betriebskonzession unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids in einem offenen Bieterverfahren ausgeschrieben werden muss. Die Initiatoren des »Berliner Energietischs« und die Oppositionsparteien Linke, Grüne und Piraten hoffen auf ein positives Votum der Wähler wie jüngst in Hamburg oder schon früher bezüglich der Wasserbetriebe in Berlin. Klar gegen den Gesetzentwurf des Volksentscheids haben sich die Wirtschaftsverbände, der Berliner Senat und auch die Gewerkschaften ausgesprochen. Sie argumentieren vor allem mit den hohen Kosten und dem Umstand, dass die Strompreise kaum sinken würden.

Es sprechen aber auch gewichtige Gründe für den Vorschlag. Denn die Initiatoren verweisen auf die stabilen Gewinne von etwa 80 Millionen Euro jährlich, die sich aus dem Betrieb des Netzes generieren lassen und so den Kauf selbst finanzieren könnten. Unter anderem soll auch ein Stadtwerk gegründet werden, um soziale Härten auszuschließen, etwa die jährlich rund 19.000 Fälle, in denen der bisherige Betreiber Vattenfall säumigen Kunden den Strom abschaltete. Des weiteren soll das geplante Stadtwerk vor allem ökologisch und dezentral produzierten Strom vertreiben. Besonders bemerkenswert ist der Vorschlag, dieses Stadtwerk demokratisch durch gewählte Bürgervertreter und Mitarbeiter kontrollieren zu lassen. Dieses wirtschaftsdemokratische Element könnte durchaus Vorbildcharakter bekommen. Wohl eher aus taktischen Gründen hat der Senat noch kurz vor der Abstimmung ebenfalls beschlossen, ein eigenes Stadtwerk gründen zu wollen. Dieses aber wird deutlich weniger anspruchsvoll in seinen Zielen sein.

Der große Bankraub

Eine Dokumentation entlarvt das Märchen von der Bankenrettung
Verschiebebahnhof: Die Konzernzentrale der spanischen Bankia
Verschiebebahnhof: Die Konzernzentrale der spanischen Bankia Bild von Popicinio

Nach offizieller Lesart mussten Banken und Staaten in der Eurokrise durch Fonds »gerettet« werden, um einer »Ansteckung« entgegenzuwirken. Doch wer profitiert eigentlich von diesen gigantischen Summen? Dieser Frage geht der Wirtschaftsjournalist Harald Schumann in einer Arte-Dokumentation nach. Staaten wie Irland oder Spanien stützen mit Milliarden der Europäischen Zentralbank heimische Banken, die sich in einer Immobilienblase hoffnungslos verspekuliert haben. Weder die Banken noch ihre Geldgeber in Zentraleuropa haben ausreichend die Kreditwürdigkeit ihrer Investitionen geprüft. Doch nicht die Investoren müssen ihre riskanten Einlagen abschreiben. Vielmehr wird dem europäischen Steuerzahler das Risko übertragen, während Spanien, Irland, Griechenland und Portugal die Schulden über Jahrzehnte zurückzahlen sollen. Am Ende tragen deren Bürger durch Haushaltskürzungen die Kosten. Denn das Geld, das die EZB an diese Staaten auszahlte, floß an die Pleitebanken, damit diese die Investoren der zumeist zentraleuropäischen Banken auszahlen. Der Öffentlichkeit wurde jedoch die Mär der Rettung insolventer Staaten verkauft. Weiterlesen … »

Wie kritisch sind Journalisten?

Eine Untersuchung zu Elitenetzwerken

Uwe Krüger hat eine umfangreiche Studie vorgelegt, in der er die Verbindungen von einflussreichen Journalisten zu politischen Netzwerken untersucht. Jeweils eine Person der Leitmedien FAZ, Die Zeit, Die Welt und Süddeutsche Zeitung werden dabei untersucht, exemplarisch mit Blick auf die Außen- und Sicherheitspolitik. Dabei wird deutlich, wie eng diese Journalisten mit anderen Eliten verzahnt sind. Und mehr noch: Es zeigt klar, wie weit sich die Sichtweisen und Argumentationen beider Gruppen decken. Dem Idealbild von kritischer, distanzierter Darstellung genügt das kaum, wie der Autor festhält:

Ihr Bild von Bedrohungen und Konflikten war ebenso eindimensional und nicht reflexiv wie das in den offiziellen Doktrinen. Stellenweise verwendeten v.a. Kornelius und Joffe Propagandatechniken, wobei offenbleiben muss, ob sie dies bewusst oder unbewusst taten. Die Argumentation der vier Journalisten ist zusammenfassend als unkritisch bis persuasiv zu qualifizieren; Gegenargumente zum offiziellen Diskurs wurden kaum diskutiert.

Süßer die Kasse nie klingelt

Steinbrück, ein Mann der großen Zahlen
Reden ist Gold: Peer Steinbrück
Reden ist Gold: Peer Steinbrück Bild von VoThoGrafie

Seit einigen Tagen ist es nun entschieden: Peer Steinbrück wird Kanzlerkandidat der SPD. Kurz vor der Entscheidung hat er sich noch mit einem Aufsatz ins Gespräch gebracht, der eine gewisse Regulierung der Finanzbranche vorsieht. Und jüngst forderte er mehr soziale Gerechtigkeit ein. Leider geht in den Medien dadurch bisweilen unter, dass Steinbrück als Finanzminister in hohem Maße für die Entfesselung der Finanzmärkte gesorgt hat.

Nun ist er noch wegen einer anderen, aber damit verbundenen Angelegenheit ins Gerede gekommen: Allein in der laufenden Legislaturperiode hat er 73 Vorträge gehalten, für die er jeweils mindestens 7.000 Euro kassierte, möglicherweise auch weitaus mehr. Viele davon fanden bei Banken und Finanzdienstleistern statt und wurden auch von diesen Privatinstituten bezahlt. Das werfe natürlich die Frage nach Steinbrücks Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit auf, meint Tom Strohschneider.

Ausbeutung inclusive

Die versteckten Kosten des Pauschaltourismus
Hotelanlage bei Antalya
Hotelanlage bei Antalya Bild von Dirk-Jan Kraan

Für wenig Geld bieten Hotels an der türkischen Riviera all-inclusive-Urlaub an: Für einige hundert Euro erhält der Gast Flug, Unterkunft sowie Getränke und Essen rund um die Uhr. Diese Angebote können jedoch nur auf Kosten der Arbeitsbedingungen erstellt werden. Daher arbeiten viele zum Hungerlohn und hausen in miesen Verhältnissen. Die Hotelbetreiber versuchen durch Einschüchterung die Gewerkschaft Oleyis herauszuhalten. Doch auch die lokale Wirtschaft leidet unter dem Pauschaltourismus, denn die Gäste verlassen ihre Hotelanlage kaum noch. Johannes Höflich und Jo Angerer zeigen für WDR die story die Schattenseiten des billigen Urlaubs.

Ignorierte Kampflust

Warum retten sich die Schlecker-Frauen eigentlich nicht selbst?

Nicht erst seit die Schlecker-Pleite endgültig besiegelt ist, war allerorten von Mitleid für die Beschäftigten die Rede. Besonders wegen der Tatsache, dass sie mit ihrer geringen Qualifikation nur schlechte Aussichten auf einen neuen Job hätten. Dabei wurde jedoch »übersehen«, dass gerade sie in jahrelangen Kämpfen um Betriebsräte bewiesen haben, dass sie ihr Schicksal durchaus selbst in die Hand nehmen können. Und auch nach der Insolvenz noch traten sie mit Ideen hervor, wie ihre Jobs gerettet werden könnten. Die Mehrzahl der Medien hat das aber ignoriert, wie Peter Nowak kritisiert. Stattdessen wird als vermeintlicher Retter lieber Peter Hartz präsentiert.

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