Der zentralasiatische Kreidekreis
Der Journalist Vicken Cheterian erklärt die Hintergründe der Unruhen in Kirgisien. Der korrupte Präsident Bakijew versuchte wie im kalten Krieg sowohl mit den Amerikanern als auch den Russen ins Geschäft zu kommen: Beide haben eine Militärpräsenz in der zentralasiatischen Republik. Bakijew brach jedoch eine Vereinbarung mit den Russen, welche für Wirtschaftshilfe die alleinige Präsenz verlangten – die Manas Air Base blieb ein wichtiger Umschlagplatz für amerikanisches Militär, der Vertrag wurde durch einen Trick verlängert. Die Amerikaner kauften vielmehr Treibstoff über Bakijews Sohn zu Weltmarktpreisen, die er vorher billig in Russland einkaufte. Die Russen erhöhten daraufhin den Exportzoll; die hohen Energiepreise waren ein wichtiger Auslöser für den Aufstand. Cheterian erörtert die Frage, ob der neuen Regierung nach zwei korrupten Präsidenten ein Neuanfang gelingt.
Taumeln am Abgrund
Der als Unterhosenbomber bekannt gewordene Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab hat dem Jemen einen kurzen Zeitraum der Aufmerksamkeit in den westlichen Medien geschenkt – da er mutmaßlich nahe der Hauptstadt Sana'a für den Anschlag ausgebildet wurde. Allerdings war die Berichterstattung von kurzer Dauer, und hat wenig zur Aufklärung beigetragen: weder zum radikalen politischen Islam noch zur Geschichte und der Probleme des Landes im Südwesten der arabischen Halbinsel. Insofern ist die Reportage des britischen Journalisten und Historikers Tariq Ali umso lesenswerter. Für den zunächst im London Review of Books, nun auf Deutsch in der Le Monde diplomatique erscheinenden Beitrag reiste er in den Jemen und befragte zahlreiche Politiker und Journalisten. Weiterlesen … »
An der Schwelle zum Bürgerkrieg
Der gesellschaftliche Konflikt in Thailand ist nun offen eskaliert, obwohl Beobachter mit einer Entspannung der Situation rechneten. Die Gespräche zwischen Regierung und Opposition sind jedoch vorerst gescheitert; bis jetzt sollen bei den aktuellen Kämpfen zwischen Militär und »Rothemden« 16 Menschen getötet und 140 verletzt worden seien, darunter drei Journalisten und ein leitender Offizier der Opposition. Diese vertritt die ärmere Bevölkerung, die sich nach dem Militärputsch 2006 um die Macht betrogen sieht. Daher fordert sie Neuwahlen – seit März starben jedoch an die 50 Menschen, eine Einigung wird mit jedem Toten unwahrscheinlicher. Mit dem Eingriff des Militärs ist der Machtkampf nun in die entscheidene Phase getreten.
Bürgerkriegsähnliche Zustände
Arm und instabil ist die zentralasiatische Präsidialrepublik Kirgisien. 2005 war Präsident Kurmanbek Bakijew durch eine Clanrevolte an die Macht gekommen, nun wurde er durch soziale Unruhen aus dem Amt gejagt. Er stand für Vetternwirtschaft und Korruption. Nach der Festnahme meherer führender Oppositioneller gerieten die Proteste zunächst in Talas, darauf in der Hauptstadt Bishkek außer Kontrolle. Die Polizei schoß in die Menge; dabei starben ungefähr einhundert Menschen, Gebäude wurden in Brand gesetzt, es kam zu Plünderungen. Die Opposition übernahm provisorisch die Macht. Sie besteht aus vielen vormaligen Regierungspolitikern. Der Westen sowie Rußland äußern sich zurückhaltend. In Kirgisien befindet sich ein Stützpunkt der NATO; die Region gilt auch aufgrund der Energievorkommen als strategisch wichtig. Das Neue Deutschland sah im Vorfeld der Proteste einen wachsenden Einfluß des radikalen politischen Islam.
Von Afghanistan nach Neukölln
Die taz kritisiert und kommentiert die militärische Forschung an den Berliner Universitäten sowie deren Abhängkeit von Drittmittelförderung. Neben dem Sonderforschungsbereich 700 an der FU, welcher zu »Räumen mit begrenzter Staatlichkeit« forscht, entwickeln Ingenieure der TU Drohnen, die auch zu militärischen Flügen genutzt werden. In Potsdam wird deutlich offener mit der Einbindung der Bundeswehr in den Lehr- und Forschungsbetrieb umgegangen. Ein Studiengang mit dem Namen Military Studies ist hier bereits etabliert.
Schachtelspiel des Aufstands
Seit fünf Jahren schwelt im Jemen in der Region Saada im Norden des Landes ein Aufstand von schiitischen Zaiditen, die sich in der Ausübung ihrer Glaubenrichtung von der Regierung bedroht fühlen. Derweil die Regierung versucht, den Aufstand mit ausländischem Einfluß und Terrorgruppen in Zusammenhang zu bringen, um sich internationale Unterstützung zu sichern. Der Autor Poerre Bernin versucht in der Le Monde diplomatique die verschachtelten Ebenen des Konfliktes von Religion, Stammenzugehörigkeit und diplomatischer Ränke ins Bild zu rücken.
Am Rande Europas
Anlässlich der Wahlen in Griechenland schreiben Kai Strittmacher und Alexandros Stefanidis in »Das organisierte Gebrechen« über die Probleme des Landes: Eine unproduktive Wirtschaft, niedrige Löhne, Klientelwirtschaft der Parteien und verbreitete Korruption. Grund genug auf drei weitere Hintergrundberichte aus der Zeit der Krawalle im Dezember zu verweisen.