Presseschau Krieg

»Curveball«

Wie ein windiger Informant zum Irakkrieg beitrug

Vor zehn Jahren begann der Angriff einer US-geführten Koalition auf den Irak. Eine wichtige Begründung dafür lieferte ein in Deutschland lebender Exiliraker, der in Geheimdienstkreisen als »Curveball« bekannt war. Ein Curveball ist im Baseball ein extrem schwierig geworfener Ball - und genauso schwierig war der Umgang mit dem Informanten, da es keinerlei Bestätigungen für seine Schilderungen gab. Tatsächlich gab es weder die mobilen Chemiewaffenlabore, noch die Waffenfabrik, in der er gearbeitet haben wollte. Schon im Vorfeld des Irakkrieges warnten sowohl der BND als auch US-Geheimdienstler vor dem Informanten, den sie als sehr unzuverlässig einschätzten. Aber seine Berichte schafften es bis in die berüchtigte Präsentation des Außenministers Powell vor dem UN-Sicherheitsrat. Weil sie die fadenscheinige Begründung für einen gewollten Krieg lieferten.

Frieden durch Abschreckung?

Zu den Atomwaffen im Kalten Krieg - und danach
Atomwaffentest
Atomwaffentest Bild von vaXzine

Der Historiker Eckart Conze - einer breiteren Öffentlichkeit durch seine Mitwirkung an »Das Amt« bekannt geworden - analysiert die Rolle der Atomwaffen im Kalten Krieg. Das häufig formulierte Argument, gerade die extreme Vernichtungskapazität dieser Bomben habe den Frieden gesichert, stellt er dabei in Frage. Denn das setze voraus, dass alle Beteiligten rational handeln, also die Folgen ihrer Entscheidungen abwägen würden. Das sei zwar damals so gewesen, ist aber keineswegs selbstverständlich. Gerade heute, in einer zunehmend unübersichtlicher werdenden Welt, könne davon immer weniger ausgegangen werden.  Hinzu komme, dass der Kalte Krieg immer ein äußerst prekärer Frieden war: Die zahlreichen, schweren Krisen zeigten das. Hinzu komme noch die enorme wirtschaftliche Belastung durch die massive Aufrüstung. Bemerkenswert ist auch die Tatsache, dass es mehrfach gerade auch in der BRD starke Friedensbewegungen gab, die sich mit ihren Anliegen aber nicht durchsetzen konnten.

Kommentar

Sicher hat Conze Recht mit seiner Betonung, dass der Kalte Krieg, gerade im Rückblick, stabiler scheine, als er war. Und ja: Die Kosten der Rüstung allein richteten schon extreme Schäden an, ohne dass die Bomben überhaupt eingesetzt wurden. Das bedeutet aber zugleich, dass irgendwer von dieser Aufrüstung auch enorm profitierte: Sei es die westliche Industrie oder das sowjetische Pendant eines bürokratischen Apparats. Vor allem aber sieht Conze heute die Gefahr vor allem in Regimes wie Iran oder in einem möglichen Nuklearterrorismus begründet. Das wäre noch zu hinterfragen. Denn Fakt ist: Der bis heute einzige Einsatz von Atomwaffen im Krieg wurde von der Regierung eines demokratischen westlichen Landes angeordnet. Und umgekehrt: Warum geht er davon aus, dass die Regierung in Teheran nicht rational handelt? Man muss die Ziele dieses Regimes ja nicht teilen oder verteidigen - aber es wäre kaum seit über 30 Jahren an der Macht, wenn es sich irrational verhalten hätte. Vielmehr zeigen viele Fälle aus der jüngeren Vergangenheit ja gerade, dass es rational agiert. Und dazu gehört unter Umständen auch der Wille, Atomwaffen zu besitzen. Im Übrigen war bis dato noch keine Terrorgruppe in der Lage, sich Atomwaffen zu beschaffen oder gar einzusetzen. 

Die syrische Tragödie

Der Bürgerkrieg hat viele Ebenen, doch keine Partei setzt auf Verhandlungen

Der Bürgerkrieg in Syrien steigert sich zu einer Orgie der Gewalt, die sich fortlaufend zuspitzt. In dieser Propagandaschlacht haben nicht alle Medien ein gutes Bild vermittelt, umso mehr lohnt die Erwähnung der Ausnahmen. Eine ausgewogene Berichterstattung findet sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. So berichtete Rainer Hermann im Juni, wie die Rebellen zum damaligen Zeitpunkt im Zentrum des Landes ein Viereck unter ihrer Kontrolle hielten – mittlerweile haben sie ihren Radius von dort erweitert. Der Korrespondent zweifelte aufgrund von Augenzeugenberichten die Darstellung an, nach der Regierungstruppen in dieser Region für das Massaker von Houla verantwortlich seien. Vielmehr entstand der Eindruck, dass Teile der Rebellen in dieser Region gewalttätig gegen Minderheiten und unbewaffnete Sympathisanten der Regierung vorgehen. Unter den Aufständischen sollen sich auch radikale Salafisten mit Nähe zu Al-Qaida befinden. Weiterlesen … »

Gespaltene Abspaltung

Im de facto unabhängigen Norden Malis eskaliert der Konflikt
Die Stadt Gao wurde mittlerweile von den Islamisten der AQIM eingenommen
Die Stadt Gao wurde mittlerweile von den Islamisten der AQIM eingenommen Bild von ju-yaovi

Im Norden Malis ist eine unabhängige Region entstanden, deren Status völlig ungeklärt ist. So wurde der Kampf der Tuareg um Unabhängigkeit durch heimkehrende Söldner aus Libyen und einer Waffenflut auf dem Schwarzmarkt erst befeuert. Daneben werden weite Regionen durch mehrere islamische Gruppen wie der Al-Qaida beherrscht. Diese Fraktionen bekämpfen sich zeitweise und ringen um die Macht in der dünn besiedelten Trockensavannen- und Wüstenregion. Bislang mangelte es an Reporten darüber. Olivier Joulie und Laurent Hamida sind zwei Wochen als eingebettete Journalisten gemeinsam mit Soldaten der »Nationalen Bewegung für die Befreiung des Azawad« (MNLA) durch die Region gereist und haben daraus einen Film für Arte gedreht. Ihr Blick, so bekennen sie im anschließenden Interview, ist durch diese Berichterstattung gefiltert. Doch ohne Schutz ist der Aufenthalt zu gefährlich. Die Abneigung der Tuareg-Kämpfer gegen die Islamisten der AQIM ist dabei ständig spürbar. Der Kampf für Unabhängigkeit wird mit Vertreibungen und Verbrechen der Malischen Armee begründet. Diese neue Freiheit wird jedoch durch die Kämpfe im Inneren in Frage gestellt.

Perspektivlose Gewaltspirale

Der syrische Bürgerkrieg zeigt keine Friedensperspektive auf

Die Lage spitzt sich in Syrien seit Monaten dramatisch zu. So detonierten selbst in der Hauptstadt Damaskus Bomben, die von Unbekannten gelegt wurden. Auch der Hergang des jüngsten Massakers an der Zivilbevölkerung in dem Ort Houla, der nahe den Protesthochburgen Hama und Homs liegt, ist bislang ungeklärt. Dennoch haben mehrere europäische Staaten die syrischen Botschafter ausgewiesen. Im Gegensatz zu vorherigen Ereignissen, wie den Kämpfen in dem Stadtviertel Baba Amr, wird dieser Vorfall von der Beobachtermission der UNO geprüft, welche auf Basis einer Resolution Ende April entsandt wurde – doch bislang liegt kein Bericht vor. Russland warnt vor einer vorschnellen Beurteilung ohne eingehende Untersuchung und mahnt eine enge Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft zur Befriedung des Konfliktes an. Weiterlesen … »

Am Rande der Weltöffentlichkeit

Ein Bildungsprojekt in Ostkongo sendet mit einer Radiostation für eine friedliche Entwicklung
Schöne Landschaft, schreckliche Verhältnisse: Kivu im Ostkongo
Schöne Landschaft, schreckliche Verhältnisse: Kivu im Ostkongo Bild von Julien Harneis

Nach wie vor schwelt im Osten des Kongo der Bürgerkrieg: Immer wieder kommt es zu Übergriffen, Scharmützeln, Morden und Vergewaltigungen. Die UNO-Truppen »sind ausschließlich damit beschäftigt, sich selbst zu schützen«. Dieses Bild zeichnet eine Reportage von Philipp Maußhardt in dem Autorenportal Magda. Doch neben der deprimierenden Lage kämpfen die Aktivisten der Bildungsorganisation Cereba für Frieden. Durch einen Radiosender erreichen sie eine Bevölkerung, in der die Analphabten in der Mehrheit sind, in einer Region, in der keine Zeitungen existieren. Mit einfachen Mitteln sendet Radio Ushikira über gewaltfreies Zusammenleben, drohende Gefahren und unterhält die Hörer: Ein Hoffnungsschimmer in einem endlos erscheinenden Konflikt, den die Welt vergessen hat.

Putsch und Rebellion

Chaotische Situation auf beiden Seiten des Bürgerkriegs in Mali
Timbuktu: In der Hand von Islamisten?
Timbuktu: In der Hand von Islamisten? Bild von Emilio Labrador

Seit Freitag existiert ein neuer Staat – dies sehen zumindest die Rebellen im eroberten Norden Malis so, indem sie diesen zum eigenständigen Staat Azawad ausriefen. Dabei ist wenig über die Rebellen bekannt, kein Staat beabsichtigt bislang die Anerkennung Azawads. Auf beiden Seiten des Konflikts herrscht Chaos: Während das Militär im Süden gegen die Regierung putschte, besteht im Norden eine merkwürdige Allianz aus Tuareg-Milizen der MNLA und Salafisten der Aqim. Bei den Tuareg soll es sich um aus Libyen geflohene Milizen handeln, die unter Gaddafi dienten und vertrieben wurden. Diese haben sich darauf mit salafistischen Gruppen, die in der Sahara operieren, auf einen gemeinsamen Aufstand geeinigt. Insofern hat dieser Konflikt eine internationale Dimension. Im Süden putschte das Militär im Zuge des Aufstandes gegen die Regierung. Nun wurde die Rückkehr zur Demokratie nach heftigem internationalen Druck vereinbart.

Dominic Johnson erinnert in der taz an die Geschichte der Spannung zwischen Norden und Süden, zurückgehend auf die Zeit der Befreiung vom französischen Kolonialismus. Thomas Scheen schreibt in der FAZ über die Salafisten der Aqim, die aus einer algerischen Gruppe hervorgingen. Demnach bestand bis Ende 2011 ein Duldungsabkommen mit der Regierung in Mali, die an den Erpressungen aus Entführungen mitverdiente. Die Gruppe finanzierte sich auch durch Schmuggel und Drogenhandel. Der Westen befürchtet durch einen neuen Staat einen Rückzugsraum für die Al Qaida. Über die reellen Verhältnisse in Mali herrscht jedoch bislang Unklarheit.

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