Presseschau Abkommen

Kalter Putsch

Zur Lage in Paraguay
Straßenverkäuferin in Concepción
Straßenverkäuferin in Concepción Bild von micmol

Vor knapp einem Jahr wurde der linke Präsident Paraguays, Fernando Lugo, in einem fragwürdigen Verfahren vom Parlament abgesetzt. Anlass war ein Gefecht zwischen Kleinbauern und Polizisten, bei dem 17 Menschen starben. Nun schickt sich die Rechte an, bei den Neuwahlen von Präsident und Volksvertretung einen großen Sieg einzufahren. Dann könnten die Colorados erneut an die Macht zurückkehren, die sie bis 2008 für über sechzig Jahre besaßen. Ihr bekanntester Akteur war der jahrzehntelang brutal regierende Alfredo Stroessner.

Paraguay ist noch immer eine zutiefst patriarchale und gespaltene Gesellschaft. Armut, wirtschaftliche Rückständigkeit und eine weit verbreitete Korruption grassieren im Land. Die zaghaften Reformversuche Lugos etwa im Bildungsbereich drohen nach der Wahl endgültig rückgängig gemacht zu werden. International gab es insbesondere in den lateinamerikanischen Staaten große Vorbehalte gegen den erzwungenen Rücktritt Lugos. Mittlerweile hat man sich aber im Ausland damit abgefunden und sucht nun den Schulterschluss mit den kommenden Machthabern.

Schatten der Vergangenheit

Frankreichs und Großbritanniens Politik gegenüber Syrien
Die Aufteilung des Nahen Ostens
Die Aufteilung des Nahen Ostens Bild von Ian Pitchford

Ähnlich wie Obama hat nun auch Frankreichs neuer Präsident Hollande offen von einem möglichen Militäreinsatz des Westens gesprochen. Dabei gehe es um humanitäre Erwägungen. Außerdem regte er die Bildung einer Gegenregierung an und versprach dieser Unterstützung.

In der Tagesberichterstattung ging dabei weitgehend unter, dass Frankreichs Einmischung in der Region keineswegs neu ist. Schon während des Ersten Weltkriegs bemühte sich das Land erfolgreich um Einflussnahme. Im Rahmen des Sykes-Picot-Abkommens sicherte man sich den Zugriff auf Syrien und den Libanon, während gleichzeitig Großbritannien der Irak, Jordanien und weitere Teile des Nahen Ostens zufallen sollten. Bis dahin war die Region vom Osmanischen Reich beherrscht worden, das nach seiner Niederlage die Kontrolle an die beiden Siegermächte übergeben musste. Besonders pikant an der diplomatischen Initiative war, dass die Briten zugleich den Arabern für ihre Waffenhilfe politische Unabhängigkeit versprachen. Nach den Kämpfen war davon dann freilich keine Rede mehr. Genausowenig, wie die Franzosen bereit waren, den Syrern Autonomierechte zu gewähren.

Diese Vorgeschichte sollte man berücksichtigen, wenn über Interventionen nachgedacht wird. Denn sie zeigt zweierlei: Einmal, dass es dabei immer auch um handfeste Eigeninteressen der fremden Mächte geht. Und zweitens, dass diese gern mit schönen Versprechen an die betroffene Bevölkerung bemäntelt werden. Schon die Kontrolle über Syrien wurde Frankreich seinerzeit übrigens offiziell als Mandatsgebiet des Völkerbundes übertragen – faktisch war das Land dann jahrzehntelang eine Kolonie.

Kampf ums Wissen

Proteste gegen ACTA-Abkommen verhindern Ratifizierung
Proteste gegen ACTA in Frankfurt/Main
Proteste gegen ACTA in Frankfurt/Main Bild von Stopped

Das Urheberrechtsabkommen ACTA stellt den Versuch der rechteverwertenden Industrie dar, ihre Interessen an geistigem Eigentum durch einen internationalen Staatsvertrag durchzusetzen. In diesem Vertragswerk sollen sehr unterschiedliche Fragen wie Generika von Arzneien, gefälschte Markenartikel, Patente auf Maschinen oder das Kopieren von Musikstücken im Internet international vereinheitlicht und die Position als Rechteinhaber legitimiert werden.

Das Konzept des geistigen Eigentums steht der freien Verwertung entgegen – das spiegelt eine veränderte Wirtschaftsform im digitalen Zeitalter wieder. Dabei steht dem Schutz der eigenen Patente und Rechte eine veränderte Gesellschaft entgegen, die bei der Aushandlung hinter verschlossenen Türen nicht eingebunden war. Den Lobbyisten auf der einen Seite ist entgangen, daß mit der Datenschutz-Bewegung eine einflußreiche Gegenlobby entstanden ist, die ihre Anliegen in die Öffentlichkeit trägt. Zugleich stellt die Entstehung des Abkommens die Intransparenz und Wirtschaftslastigkeit der Handelspolitik dar. Die Befürworter sehen in dem Abkommen die Fixierung von in der EU bereits geltenden Regeln, die Gegner ein Machtinstrument der Verwertungsindustrie. Einige Fragen zum Abkommen beantwortet die Welt. Frank Schiemichen fordert eine umfassende gesellschaftliche Debatte über die Verwertung geistigen Eigentums:

Die Diskussion um Acta zeigt, wie schwer wir uns tun, unter den Bedingungen der digitalen Umwälzungen neue Regeln zu finden. Für die meisten Menschen ist das, was im Netz passiert, unüberschaubar kompliziert. Aber es wird Auswirkungen darauf haben, wie wir alle in Zukunft wirtschaften, denken und leben.

Das Recht des Stärkeren

Die europäische Handelspolitik widerspricht entwicklungspolitischen Zielen
Landwirtschaft in Ghana
Landwirtschaft in Ghana Bild von oneVillage Initiative

Einige Analysen wollen die Europäische Union gern als friedliches Imperium verstehen. Denn der Staatenbund verfügt über kein eigenes Militär, sondern übt seine Macht über Handelspolitik aus. Doch diese dient häufig Einzelinteressen wie denen der Agrarindustrie. So zwingt die Union afrikanische Staaten zu niedrigen Zöllen. Diese Agrarpolitik überschwemmt diese Länder mit billigen, weil subventionierten Produkten aus Europa, so daß die heimische Produktion leidet oder eingeht. Freihandel ist somit auch das Recht des Stärkeren. Armin Paasch, Referent für Welthandel und Ernährung beim katholischen Hilfwerk Misereor kritisiert insbesondere das Partnerschaftabkommen EPA, das die Streichung von Einfuhrzöllen bei der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas vorsieht. Bislang ist die Ratifizierung am Widerstand in den meisten Staaten gescheitert. Auch von Seiten der UNO wird die europäische Handelspolitik kritisiert.

Forciert wird die Handelspolitik der EU-Kommission von dem EU-Handelskommissar. Dieser vertritt in erster Linie die Interessen einiger Unternehmen und widerspricht entwicklungspolitischen Zielen. So bleiben die europäischen Staaten nicht nur hinter ihren Zielen in der Entwicklungpolitik und bei der Bekämpfung des weltweiten Hungers zurück. Die Handelspolitik torpediert diese Ziele vielmehr noch.

Klammheimlich

Wie die EU Rohstoffe sichern will

Wenig Aufmerksamkeit hat die 2008 gestartete Initiative der EU zur Sicherstellung der Rohstoffzufuhr gefunden. Im Kern geht es darum, europäischen Unternehmen gleiche Marktbedingungen wie den jeweils einheimischen Firmen zu sichern. Das hört sich zunächst lediglich nach einer »gerechten« Liberalisierung an.

Doch durch den erleichterten Export wird den Entwicklungsländern insbesondere Afrikas der Aufbau einer eigenen Industrie zur Weiterverarbeitung praktisch unmöglich gemacht. So hat z.B. Kenia die Zölle auf Tierhäute auf 40 Prozent erhöht und so die landeseigenen Gerbereien gefördert. Ironie der Geschichte ist dabei, dass praktisch alle Industriennationen zu Beginn ihrer Entwicklung auf Protektionismus gesetzt haben; jüngstes Beispiel ist Südkorea.

Mythos des Friedenswillens

Der Locarno-Vertrag 1925

Wenn Politiker – vornehmlich in Sonntagsreden – auf die Geschichte der europäischen Einigung zu sprechen kommen, wird immer auch gerne auf den Vertrag von Locarno verwiesen, der seinen beiden Architekten Aristide Briand und Gustav Stresemann den Friedensnobelpreis einbrachte.

Doch Zweifel scheinen angebracht, ob dieses als große Geste der Verständigung und des Friedenswillens gefeierte Vertragswerk tatsächlich diesen Ansprüchen genügt. Denn einerseits wurden zwar rechtliche Sicherungen gegen eine militärische Aggression in Westeuropa aufgestellt. Das galt aber eben nicht für die ebenfalls umstrittenen Grenzen zwischen Deutschland sowie Polen und der Tschechoslowakei. Weiterlesen … »

Taube im Falkenturm

Obama kann sich nicht gegen Pentagon und Republikaner durchsetzen
Abschuß einer Tomahawk-Rakete von der USS Ohio <br/>Foto von Mateus
Abschuß einer Tomahawk-Rakete von der USS Ohio Foto von Mateus

Russland und die USA haben den Vertrag zur Begrenzung strategischer Atomwaffen START erneuert. Dieser sieht eine weitere Begrenzung der Atomsprengköpfe und Trägersysteme vor. Doch die Befürworter einer deutlichen Verkleinerung der Atomwaffenarsenale sind enttäuscht; allzu offensichtlich ist das Zugeständnis an die republikanischen Senatoren. Weit kritischer betrachtet Selig S. Harrison das Vetragswerk in der Le Monde diplomatique. Denn die Vertreter einer  Atommacht mit Erstschlagsoption und atomarer Vergeltung auch bei chemischen und biologischen Angriffen besetzten weiter die Schlüsselpositionen im Pentagon. Weiterlesen … »

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